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Luxusmodehandel: "Kund:innen wollen heute die Protagonist:innen des Einkaufserlebnisses sein"

Von Anne-Sophie Castro

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Einzelhandel |Interview

Bild: Training Luxury

Als Experte für Einzelhandel in der Mode- und Luxusgüterbranche verfügt Renato Mosca über eine langjährige Erfahrung. Der gebürtige Italiener hat über dreißig Jahre im Ausland verbracht und schulte in dieser Zeit mehr als 15.000 Mitarbeiter:innen führender Modeunternehmen. In den letzten fünfzehn Jahren widmete sich der Einzelhandelsexperte verstärkt den Themen Ausbildung, Coaching und Headhunting. Mit der Gründung seines Beratungsunternehmens Training Luxury wollte er Fachleute aus der Mode- und Luxusbranche unterstützen, die eine ganz spezielle fachliche Unterstützung benötigen, die sich von der des Massenmarktes unterscheidet.

Wie ist der aktuelle Stand des Modeeinzelhandels und welche Rolle spielt das stationäre Geschäft?

Ich denke, dass sich der Modeeinzelhandel seit der Pandemie radikal verändert hat. Digitale Interaktionen sind heute viel wichtiger als zuvor.

Die Kund:innen brauchen mehr Motivation, um in ein Geschäft zu gehen. Sie erwarten nicht mehr, dass sie Produktinformationen erhalten, wenn sie in ein Geschäft gehen, da sie diese Informationen online erhalten können. Was sie wollen, ist eine persönliche Erfahrung und Beratung über Trends und Stil. Sie erwarten, dass die Verkäufer:innen sie durch den Kaufprozess führen und ihren Geschmack wirklich verstehen.

Die neuen Generationen haben andere Vorstellungen und Werte als die Unternehmen, richtig?

Es ist klar, dass die neuen Generationen, die mit digitaler Technologie aufgewachsen sind, die traditionellen Codes der Marken verändert haben. Die Kund:innen wollen heute die Protagonist:innen des Einkaufserlebnisses sein. Man spricht vom Engagement der Kundschaft.

Der Kauf von Mode- und Luxusprodukten wird als ein Ereignis erlebt. Ich war vor einigen Wochen in Paris und die Leute machten Selfies, nachdem sie die Boutiquen von Dior, Hermès oder Cartier verließen. Diese Fotos werden schließlich in sozialen Netzwerken veröffentlicht, wo die Kund:innen die „Held:innen“ der Geschichte sind und ihre „Superkräfte“ durch die Kreationen, die sie kaufen, erhalten. Das ist modernes Storytelling. Es gab eine Zeit, in der das Produkt qualitativ hochwertig sein musste. Heute muss es Instagram-fähig sein. Das Modebusiness muss der Rahmen für eine Geschichte sein, in der die Kund:innen unvergessliche Erfahrungen machen. Je schneller also die Mentalität der Modegeschäfte von einem produktzentrierten Ansatz zu einem kundenzentrierten Ansatz wechselt, desto besser.

Wie würden Sie die Rolle der Verkaufsfachkraft heute definieren?

Verkäufer:innen müssen heute zwei sehr wichtige Funktionen übernehmen. Die erste ist das, was ich als GPS des Kaufs bezeichne: zusätzlich zu den grundlegenden Fragen, die Ihnen jede Website beim Kauf eines Produkts beantworten könnte, müssen sie die Kundschaft einbeziehen, eine Verbindung zum Modeprodukt und zu der Marke herstellen.

Zweitens müssen sie eine Vertrauensbeziehung mit den Kund:innen aufbauen. Die Tatsache, dass während der Pandemie die meisten Umsätze von treuen und lokalen Kund:innen getätigt wurden, zwang die Modemarken dazu, mehr an den Beziehungen und dem Management der Kund:innenbindung zu arbeiten. Dies bedeutet natürlich, dass die spezifischen Fähigkeiten, die erforderlich sind, sich von denjenigen unterscheiden, die in der Vergangenheit die Rolle einer Verkaufsfachkraft ausmachten.

Bild: Pexels (Alexandra María)

Wie rekrutiert und hält man heute neue Talente?

Die Pandemie hat auch die Rolle, die Menschen in Unternehmen spielen, verändert, insbesondere bei den neuen Generationen. Viele Menschen können bis heute zumindest einige Tage pro Woche im Homeoffice arbeiten.

Letztlich wirkt sich dies auch auf Personen aus, die sich eher zu einer Arbeit in der Modebranche oder im Einzelhandel mit Luxusgütern hingezogen fühlten.

Heute wird es aufgrund der Menge an technischen und zwischenmenschlichen Fähigkeiten, die Mode- und Einzelhandelsunternehmen suchen, sehr schwierig, Talente anzuziehen. Darüber hinaus sind die neuen Generationen weniger geduldig und wollen ihre Positionen und Gehälter viel schneller verbessern als frühere Generationen. Das macht es schwierig, Talente zu halten.

Viele Unternehmen arbeiten immer noch mit Parametern aus der Vergangenheit. Heute ist es nicht nur ein höheres Gehalt, das Bewerber:innen anzieht oder die Möglichkeit, in einem trendigen und modischen Unternehmen zu arbeiten. Es ist wichtig zu verstehen, wie viel das Unternehmen in die Ausbildung und Betreuung dieser neuen Talente investiert, damit sie sich innerhalb der Organisation weiterentwickeln können und die Betreuung erhalten, die sie erwarten.

Bei Training Luxury arbeiten wir eng mit Modekonzernen zusammen, um spezifischere Programme zu entwickeln, die die Bedürfnisse der Mode- oder Luxusbranche berücksichtigen. Neben dem Anwerben von Talenten durch eine intensive „Verführungsarbeit“ ist es entscheidend, ihnen das Projekt zu verkaufen. Aus diesem Grund arbeiten wir mit Mode- und Luxusunternehmen an Onboarding-Programmen für neue Talente und an Programmen zur Unterstützung der Führungskräfte, die die neuen Talente managen sollen. Wir entwerfen Leistungsmanagementprogramme, individuelle Feedbackprogramme sowie Programme für emotionale Intelligenz und Coaching, die zur Entwicklung von Menschen beitragen und gleichzeitig die Managementfähigkeiten der neuen Führungskräfte in den Geschäften stärken können.

Heute haben einige Modegeschäfte Teams von 300 bis 400 Mitarbeitenden, die wirklich komplexe Geschäftseinheiten mit Regeln und Prozessen sind. Es ist offensichtlich, dass Management- und Führungsqualitäten zu einem wesentlichen Element werden, um ein so großes Unternehmen mit einer so großen Anzahl von Arbeitskräften zu führen.

Um dies zu erreichen, geben wir den Marken konkrete Werkzeuge an die Hand, die ihnen helfen können, ihre täglichen Probleme zu lösen, indem sie einen kreativeren Ansatz mit einer stärkeren unternehmerischen Mentalität unterstützen.

Dieser Artikel wurde auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ

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Renato Mosca
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