The Green Store & Building Challenge von LVMH x Paris Good Fashion: Verpflichtung zu ‘grünerem’ Einzelhandel
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In einem Kontext, in dem Umweltbewusstsein immer mehr an Bedeutung gewinnt, haben sich der Modekonzern LVMH und
Paris Good Fashion
Die jüngste Zusammenarbeit zielt darauf ab, das Bewusstsein zu schärfen und die Hauptakteur:innen des Sektors - von Markenmanager:innen bis zu Ladenbesitzer:innen - zu mobilisieren, um die ökologischen Auswirkungen des Mode-Einzelhandels deutlich zu verringern. In einem exklusiven Interview mit Nicolas Martin, Manager für nachhaltige Ladengestaltung bei LVMH, untersucht FashionUnited die Ziele, die mit dieser Initiative auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Modebranche erreicht werden sollen.
LVMH und Paris Good Fashion Leitfaden für Läden
Die Idee der Green Store & Building Challenge stamme zum Teil von den Stores Awards, die LVMH seit 2016 alle zwei Jahre organisiert, erzählt Martin. Nach dem Erfolg dieser Veranstaltungen schlug der Konzern vor, diesen Ansatz auf das Paris Good Fashion-Netzwerk auszuweiten, und so entstand die Green Store & Building Challenge.
Vor dem Start der Challenge haben LVMH und Paris Good Fashion gemeinsam einen umfassenden Leitfaden entwickelt, der die wichtigsten Aktionspunkte aufzeigt und verschiedene Empfehlungen enthält, um Geschäfte auf dem Weg zur Nachhaltigkeit zu unterstützen. „Wir haben uns auf unsere Erfahrungen und unseren internen Rahmen gestützt, der aus 60 Nachhaltigkeitskriterien besteht. Um möglichst viele Partner:innen einzubeziehen, haben wir den Leitfaden in Abstimmung mit uns begleitenden Drittpersonen vereinfacht“, so Martin.
„Nachhaltigkeit ist nicht länger eine Wahl, sondern eine Verpflichtung. Was sich ändert, ist die Geschwindigkeit, mit der diese Praktiken übernommen werden. Und hier ist der menschliche Faktor wichtig. Deshalb haben ‘Store Challenges’ ihren rechtmäßigen Platz im Arsenal der Transformationswerkzeuge.“
Einblick zum Stand der Nachhaltigkeit im Einzelhandel von Nicolas Martin
Nach dem aktuellen Stand der Nachhaltigkeit im französischen und weltweiten Einzelhandel befragt, betont Martin, dass es schwierig sei, ein vollständiges Bild dieses sich ständig weiterentwickelnden Sektors zu zeichnen. Er nennt jedoch zwei positive Aspekte, die ihn optimistisch stimmen: die Verschärfung der Vorschriften, insbesondere durch Initiativen wie RE2020 zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden, und die europäische Taxonomie, die eine Klassifizierung von Wirtschaftstätigkeiten mit positiven Auswirkungen auf die Umwelt vorsieht und Investitionen in nachhaltige Projekte lenken soll. Er weist auch auf die wachsende Wachsamkeit der jüngeren Generationen in Bezug auf die Bedeutung der Nachhaltigkeit hin. „Nachhaltigkeit ist nicht länger eine Wahl, sondern eine Verpflichtung. Was sich ändert, ist die Geschwindigkeit, mit der diese Praktiken übernommen werden. Und hier ist der menschliche Faktor wichtig. Deshalb haben die ‘Store Challenges’ ihren rechtmäßigen Platz im Arsenal der Transformationswerkzeuge“, erklärt er.
Bei den von LVMH als vorrangig für Geschäfte eingestuften Verbesserungsmaßnahmen stechen drei Punkte hervor: das Ausschalten der Beleuchtung nach 22 Uhr — eine Praxis, die seit über einem Jahr in den Geschäften angewandt wird; das Schließen der Türen, ein kultureller Wandel, der auf die Senkung des Energieverbrauchs abzielt; und die Messung der installierten Beleuchtungsleistung, die die Bedeutung der Energieeffizienz auch bei der Verwendung von Technologien wie LEDs unterstreicht. Trotz dieser Fortschritte räumt Martin ein, dass es noch viel zu tun gebe, um die Nachhaltigkeit in Geschäften zu verbessern. Er unterstreicht die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes und der Einbeziehung aller Interessengruppen des Sektors, um die Einzelhandelslandschaft wirklich in Richtung zu mehr Nachhaltigkeit zu verändern.
LVMH: Wie nachhaltige Geschäfte Kosten senken und das Kundenerlebnis verbessern
In der Praxis bietet die Umsetzung der Empfehlungen von LVMH in verschiedenen Geschäften zwei greifbare Vorteile. Erstens können die Betriebskosten der Boutiquen gesenkt werden, was sich positiv auf ihre Rentabilität auswirkt. Darüber hinaus „bietet ein nachhaltiges Geschäft ein angenehmeres Arbeits- und Einkaufsumfeld für unsere Mitarbeiter:innen und Kund:innen, mit besserer Luft- und Lichtqualität, was den Erfolg der Verkaufsfläche steigert“, erklärt Martin. Außerdem seien die zusätzlichen Kosten im Allgemeinen minimal.
Was für die Umwelt vorteilhaft ist, erweist sich zudem oft auch als kosteneffizient: Die Wiederverwendung von Möbeln und ein sparsamer Ansatz bei der Auswahl von Materialien oder der Beleuchtung trage beispielsweise zur Kostensenkung bei. Dieser gesunde Menschenverstand, so Martin, und die Effizienz würden durch die höher bewerteten Projekte, die auch weniger energieintensiv seien, gut veranschaulicht. Die einzigen zusätzlichen Kosten, die LVMHs Sustainable Store Manager für akzeptabel hält, ist die zusätzliche Zeit, die die Teams und Partner:innen benötigen, um aufmerksamer und sorgfältiger mit den Material- und Energieressourcen umzugehen.
Interne Leistungsindikatoren von LVMH: Vereinfachung der bestehenden Standards und Labels
Ist es das Ziel von LVMH, einen solchen Preis zu kennzeichnen und zu zertifizieren? Martin weist darauf hin, dass es weltweit bereits eine beträchtliche Anzahl von Labels gäbe, von denen acht zu einem internen Rahmen bei LVMH zusammengefasst wurden. Der Konzern stützt sich dabei auf Standards wie LEED ID + C (Leadership in Energy and Environmental Design) für Innenarchitektur und Bauwesen (ID+C), ein amerikanisches Programm zur Zertifizierung umweltfreundlicher Gebäude, das weltweit eingesetzt wird. Ebenso Energy Performance Diagnostic (DPE), ein französisches Zertifikat, das Auskunft über die Energie- und Klimaleistung eines Hauses oder Gebäudes gibt. „Diese Labels und Zertifizierungen sind in der Tat nur Mittel zum Zweck. Das eigentliche Ziel ist die Veränderung, das Handeln, die kontinuierliche Verbesserung. Doch je komplexer eine Norm ist, desto weniger wissen wir, was zu tun ist. Es mangelt oft an Pädagogik bei Nicht-Expert:innen im Bauwesen. Aber es ist möglich“, so Martin.
LVMH ist bestrebt, bestehende Labels und Standards einem breiten Publikum zugänglich zu machen. „Bei der Paris Store Challenge geht es wirklich darum, ‘nur’ zwölf einfache wesentliche Leistungsindikatoren (KPIs) zu beleuchten, mit denen sich das Energieprofil einer Boutique und ihre indirekten Auswirkungen auf die biologische Vielfalt leicht verbessern lassen. Ich würde mich freuen, wenn wir sie am Eingang der Boutiquen aushängen könnten, nur fünf technische Informationen, ähnlich wie wir einen ‘Nutriscore’ aushängen. All dies ist mit unserem öffentlichen Leitfaden auf einer Mini-Website verknüpft, der die Bedeutung dieser Parameter erklärt. Es geht nur um Aufklärung“, erklärt er.
Mehr als grüne Verträge: Nachhaltigkeitsnuancen in Modeboutiquen
Auf die Frage nach einer möglichen Ausweitung der Empfehlungen auf andere Bereiche wie erneuerbare Energien und Wasserwirtschaft, hebt Martin eine wichtige Unterscheidung hervor: Von den zwölf Kriterien beziehe sich keines direkt auf erneuerbare Energien in Boutiquen. Dies sei jedoch das Ergebnis einer gut durchdachten Strategie: Energieeffizienz habe Vorrang vor dem einfachen Abschluss von Ökostromverträgen. Martin zufolge liegt die wahre Nachhaltigkeit in der Reduzierung des Verbrauchs, eine viel anspruchsvollere Aufgabe als der einfache Wechsel des Energieversorgers.
„Sie haben recht, unter den zwölf Kriterien gibt es keines, das sich auf erneuerbare Energien in Boutiquen bezieht. Wissen Sie, warum? Weil wir dazu neigen zu vergessen, dass Effizienz genauso wichtig ist wie der Wechsel zu einem ‘grünen’ Stromvertrag. Um wirklich nachhaltig zu sein, ist es wichtig, vor allem den Verbrauch zu reduzieren, was viel schwieriger ist als ein Wechsel des Vertrags.” Was die Auswirkungen des Wasserverbrachs in Boutiquen angeht, wird dieser als vernachlässigbar angesehen und daher nicht als vorrangiger Bereich für Verbesserungen identifiziert.
Was die nächsten Schritte angeht, so kündigt Martin an, dass LVMH die Partnerschaften nicht auf die derzeit sieben strategischen Vermietenden beschränken wolle. Der Konzern will vielmehr seine Zusammenarbeit im Bereich Ökodesign ausweiten und betont die Bedeutung des kollektiven Fortschritts in diesem sich ständig weiterentwickelnden Sektor. Mit zehn Teilnehmenden in diesem Jahr und vier verliehenen Preisen hofft Paris Good Fashion, die Zahl der Teilnehmenden für die Ausgabe 2024 verdreifachen zu können.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.uk. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.