Jugend, Subkultur und Provokation: Antwerpener Modemuseum würdigt Willy Vanderperre
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Das Antwerpener Modemuseum zeigt eine Übersicht über mehr als 30 Jahre der Arbeit von Willy Vanderperre. FashionUnited konnte den Fotografen bereits zu einer Sneak Peek begleiten.
Drei Jahrzehnte lang fotografierte Vanderperre unter anderem für Editorials in Publikationen wie AnOther Magazine, Dust, i-D, Perfect, Vogue und W Magazine sowie für Kampagnen von Modehäusern wie Jil Sander, Calvin Klein, Dior und Prada. Einige seiner Arbeiten bilden eine persönliche Erzählung, in der der Fotograf die Öffentlichkeit durch seine Leidenschaften und Obsessionen führt. Mit seinen engen Kollaborateuren, dem Stylisten Olivier Rizzo und dem Designer Raf Simons teilt er die Faszination für Jugend und Subkultur. Ihre langjährige Zusammenarbeit und ihr gegenseitiges Vertrauen – einzigartig in der Modewelt – sind Teil dieser Geschichte. Zum ersten Mal organisiert das MoMu nun eine Fotoausstellung seines bisherigen Schaffens.
‘Never change a winning team’
Es handelt sich weder um eine klassische Retrospektive – Vanderperre ist weit davon entfernt, sich von der Fotografie zu verabschieden – noch um eine chronologische Darstellung oder eine klassische Museumsausstellung. Die Ausstellung wird mit einem Bild aus 2010 eröffnet, das im Zeichensaal der Antwerpener Akademie der Schönen Künste aufgenommen wurde, wo Vanderperre 1989 Olivier Rizzo kennenlernte. Darauf folgt eine Wand mit Porträts aus einer Serie von Zines, die er zusammen mit Rizzo als Hommage an ihre Models erstellt hat. Sie zeigen sie ungeschminkt, natürlich und rein.
Dann kommt das Foto, mit dem alles begann: ein Kampagnenbild für Raf Simons von 1991, gestylt von Rizzo, mit einer gemalten Micky Maus auf dem Gesicht des Models durch den Visagisten Peter Philips. Das Bild entstand spontan und wurde offiziell nie veröffentlicht; das Internet gab es noch nicht. Dennoch verselbstständigte es sich und verschaffte den Dreien ein internationales Publikum.
„Warum arbeite ich immer wieder mit Raf und Olivier zusammen und wähle aus demselben Pool von Models?“, fragte Vanderperre. „Weil wir uns gegenseitig bis aufs Äußerste provozieren. Wir sind es uns gegenseitig schuldig, uns neu zu erfinden und uns zu übertreffen. Um ein besseres Bild zu machen als das Beste, das wir bisher gemacht haben“, folgte die Erklärung.
Der Text wird unter den Bildern fortgesetzt.
Caravaggio und Depeche Mode
Nicht nur Micky Maus, auch Schneewittchen taucht auf, ebenso wie das immer wiederkehrende Americana-Thema, eine Hommage an Hustler- oder Hitchcock-Bilder, mit denen Vanderperre seine Arbeit mit Blitzlicht begann. Bilder, die Caravaggio mit der Performance-Kunst vereinen oder von seiner Obsession für Horror und Halloween zeugen. Aber auch Bilder von jungen Menschen in seinem oft fotografierten Antwerpener Stadtpark in der Nähe seines Hauses. Durch die Anordnung bestimmter Fotos erhalten sie in dieser Ausstellung eine neue Bedeutung. Selbst die Kontroverse um Raf Simons’ Riot-Kollektion (HW01-02) wird angesprochen: Die Parade verschleierter rebellischer Jugendlicher wurde durch die Anschläge vom 11. September plötzlich ganz anders wahrgenommen.
Der Raum mit den Prominentenporträts beginnt mit Dave Gahan, Vanderperres ultimativem Idol, was die Musik anbelangt. Er fügt hinzu, dass das Hören von Depeche Mode Teil des Rituals bei jedem Shooting ist, um das Team zu beruhigen und in den Arbeitsmodus zu versetzen. Die Prominenten, die Vanderperre fotografiert, müssen ihn inspirieren können. Durch ihr Äußeres oder ihre Persönlichkeit, genau wie seine Models, die er auf ein Podest stellt: „Man muss gemeinsam ein schönes Bild machen. Das geht am besten mit jemandem, für den man viel empfindet oder der einen fasziniert. Sie müssen mich in irgendeiner Weise anregen.“
Soundscapes und Merchandising
Den kommerziellen Arbeiten für Modehäuser wurde in der Ausstellung ein eigener Raum gewidmet, der visuell als eine Art 'Times Square' konzipiert ist, mit einem Video voller Kampagnenbilder, das von einem Voice-over mit Zitaten des Fotografen begleitet wird. Zwischen all dem Fotomaterial gibt es auch Platz für Merchandising wie ein T-Shirt vom Club 55 in Kuurne – dem Vergnügungsort des jungen Vanderperre – oder Postkarten und Buttons mit Abzügen seiner Arbeiten. Aber auch Kunstwerke, die mit seinem Werk verbunden sind, wie von dem Renaissance-Künstler Lucas Cranach, der etwas über Kadenz lehrt, bis zu einem Selbstporträt des Mixed-Media-Artisten Ashley Bickertons. Letzteres besteht aus Logos, die der Künstler als eine neue Form der Selbstdarstellung und Identität in einer Konsumgesellschaft betrachtet.
Die Handschrift des Fotografen ist in der Einrichtung und der Art und Weise, wie die Werke ausgestellt werden, deutlich zu erkennen: die Atmosphäre der Achtzigerjahre mit Neonlicht, die Gestaltung der Räume und Wände, das Spiel mit den Formaten der Abzüge. Aber auch das Programm am Rande spiegelt Vanderperre wider. Neben Filmvorführungen und nächtlichen Performances von der Band Amenra und dem Komponisten Wim Mertens stand auch ein Rave auf seiner Wunschliste – daher auch der Titel der Ausstellung: 'Prints, films, a rave and more...'. Es wurde ein Fanzine erstellt und es wird exklusive Merch-Artikel geben – auch hier eine Anspielung auf Popkultur und Konsumverhalten. Der Erlös aus diesen Sammlerstücken geht an die LGBTQ+-Organisation Çavaria und an die Jugendprojekte des Museums.
Die Ausstellung 'Willy Vanderperre prints, films, a rave and more...' läuft vom 27. Mai bis zum 4. August im MoMu Antwerpen. Der gleichnamige Bildband erschien im Verlag Lannoo.
Dieser übersetzte Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl