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„Ties that Bind“: Modebiennale von State of Fashion bringt Modegeschichten aus aller Welt zusammen

Von Susan Zijp

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Kultur

Die Arbeit des Amsterdamer Modedesigners Karim Adduchi. Bild: FashionUnited

Die internationale Modeplattform State of Fashion hat den Startschuss für die Modebiennale „Ties that Bind“ im niederländischen Arnheim gegeben. Der Titel deutet auf einen Zweck hin: zu verbinden. Die Chefkuratorinnen Louis Bennetts und Rachel Dedman betonen, dass diese Ausgabe eine besondere Zutat für eine echte Moderevolution enthält. Nämlich: die Zusammenarbeit mit Denker:innen und Macher:innen aus der ganzen Welt, insbesondere aus dem globalen Süden. Durch diesen Schwerpunkt unterscheidet sich die Biennale in Arnheim von den bisherigen Veranstaltungen.

Zum ersten Mal seit dem Start der Biennale im Jahr 2018 wurde in Zusammenarbeit mit Kurator:innen aus den Partnerstädten Nairobi (Kenias), Bengaluru (Indien) und São Paulo (Brasiliens) eine Brücke zu Städten außerhalb Europas geschlagen.

Aber es gibt auch Platz für lokale Talente. So werden mehrere Entwürfe von Studierenden der Arnheimer Kunstschule Artez sowie die Arbeiten erfolgreicher Absolvent:innen wie Bas Kosters zu sehen sein. Kurzum, alle, die sich mit Arnheim verbunden fühlen, können ihren Beitrag zur Biennale leisten. Das Programm ist vielfältig, sowohl was den geistigen Rahmen als auch die Menschen betrifft. Und genau darin liegt seine verbindende Kraft.

Die verbindende Atmosphäre wird noch dadurch verstärkt, dass die Biennale an vier Orten in Arnheim stattfindet, nämlich im Rembrandt-Theater, der Stadtbibliothek Rozet, der Kunstgalerie Plaatsmaken und dem Museum Arnheim. FashionUnited gehörte zu den ersten, die eine Führung durch das große Kunstevent in der niederländischen Stadt erhielten.

State of Fashions „Ties that Bind“ in Arnheim gibt Hoffnung

Mode ist ein abhängiges System: Kleidung steht nie isoliert da, sondern ist immer mit einem Modesystem verbunden, das aus Elementen besteht, die ständig in Bewegung sind; man denke an Menschen, Politik, Tiere und Natur. Deshalb ist die Suche nach Zusammenhängen so wichtig, betont die State of Fashion-Direktorin Iris Ruisch.

Durch Storytelling werden Ideen gesucht, um das Modesystem gerechter zu machen. Denn das ist es im Moment nicht, glaubt State of Fashion. Während zum Beispiel in Amerika und Europa Mode vor allem ein Ausdruck von Glamour ist, kämpfen Menschen in anderen Teilen der Welt mit den Folgen einer gierigen Konsumgesellschaft. Ganz zu schweigen von der Rolle der Kleidung in Zeiten des Krieges. In Zeiten der Not nimmt die Mode plötzlich eine andere Rolle ein. „Die Geschichten der Biennale geben Hoffnung“, betont Ruisch.

Kunstinstallation „Kleidungsaffe“ hält Verbraucher:innen Spiegel vor

Eine große Kunstinstallation, die die Konsumgesellschaft in Frage stellt, ist im Museum Arnheim zu sehen. Die Performance-Künstlerin Lisette Ros hängt stundenlang an einem „Baum“ aus Kleidern. Das Werk trägt den Namen „Kleidungsaffe“ und wurde von der Künstlerin Melati Suryodarmo entworfen. Die Skulptur veranschaulicht, wie unverhältnismäßig viele Kleidungsstücke ein Mensch besitzen kann. Gleichzeitig zeigt die Umarmung den Wunsch, mit Hilfe von Kleidung irgendwo dazuzugehören. Ermöglicht wurde das Kunstwerk durch die Einwohner:innen von Arnheim und die Arnheimer Kleiderkammer 2switch, die Kleidungsstücke spendeten.

Die Kunstinstallation „Kleidungsaffe“ im Museum Arnheim. Bild: FashionUnited

Der politische Charakter von Kleidung und Textilien

Die Bedeutung von Kleidung und Textilien ist nicht festgelegt, sondern ändert sich. Auch die Kleidung ändert sich, sobald man Grenzen überschreitet. Der fluktuierende Charakter von Mode, Kleidung und Textilien wird während der Biennale mehrfach hervorgehoben. Für einige ist Kleidung ein Mittel, um sich von der Masse abzuheben, für andere ist sie ein Schutz bei gefährlicher Arbeit.

Die Designer Batuhan Demir und Ülkühan Akgül haben Mode entworfen, die von Interviews mit Einwander:innen inspiriert ist und stellen die Stücke in der Stadtbibliothek Rozet in Arnheim aus. Sie erzählen, wie das gleiche Kleidungsstück, etwa ein Rock (Panche oder Dhoti genannt), in Indien von Männern getragen wird, aber sobald man die Grenze überschreitet, wird ein solcher Rock als weiblich bezeichnet. Als Einwander:innen berücksichtigt man die politische Landschaft, einschließlich der Kleiderordnung des Landes, in das man reist. Aus diesem Grund ist Kleidung auch ein politisches Thema, wie uns die Designer in den Interviews erzählen.

Die Designer Batuhan Demir und Ülkühan Akgül sprechen über ihre Interviews mit Einwanderer:innen, die in der Bibliothek Rozet zu hören sind. Bild: FashionUnited

Bei Kleidung geht es um Politik, meint Mei Sze Tsang. Der Designer aus Hongkong setzt sich für sichere Arbeitsbedingungen für Arbeitende ein. Ihm fiel auf, dass die Kleidung von Stahlarbeiter:innen, die bei großer Hitze arbeiten, nicht für die Arbeitsbedingungen geeignet ist, denen viele von ihnen ausgesetzt sind. Also entwarf er schützende Arbeitskleidung, die der Hitze trotzen. Seine Jacke ist im Rembrandt-Theater zu sehen und hat ein Loch, das groß genug ist, um einen Mini-Ventilator hineinzustecken. Außerdem verwendet er leichte Stoffe. Das ist wichtig, wenn die Hitze auf bis zu 54 Grad ansteigen kann.

Arbeitskleidung von Designer Mei Sze Tsang in Zusammenarbeit mit Tms.site. Bild: FashionUnited

Die Arbeit mit Kleidung und Stoffen kann therapeutisch sein. Im Rembrandt-Theater lautet das Thema „Der Stoffschutz“. Was sofort auffällt, sind zwei hängende große Stoffe, die wie Zelte aussehen, aber Löcher haben. Im Hintergrund ist eine Tonaufnahme zu hören: Es scheinen Kinderstimmen zu sein, die Wiegenlieder singen. Wenn man unter den Decken spazieren geht, ist es, als ob man unter einem Himmel voller Sterne spazieren gehe, erzählt Kuratorin Dedman.

Mounira Al Solh verwendet Stoffe, die in Syrien, Libanon und Palästina als Bettdecken bekannt sind. Bild: FashionUnited
Die Arbeit im Raum „The Fabric Shelter“ ist von einer Kindheitserinnerung der libanesischen Designerin Mounira Al Solh inspiriert, die während des libanesischen Bürgerkriegs (von 1975 bis 1990) aufwuchs. Wenn sie zum Beispiel durch den Lärm von Schüssen nicht schlafen konnte, so erzählt Kuratorin Dedman, erlaubte ihr ihre Mutter, Löcher in ihre Pyjamas zu machen und sie dann selbst wieder zuzunähen. Das war eine Ablenkung vom Krieg, in dem sie sich befand.

„Ties that Bind“ motiviert die weltweite Suche nach Lösungen

Bennetts und Dedman schließen den Rundgang durch die Biennale in Arnheim mit einem Aufruf zum Handeln. Die Kurator:innen betonen, dass „Ties that Bind“ eine globale Suche nach Lösungen für Probleme sei, die niemand allein lösen könne. Diejenigen, die etwas verändern wollen, müssen nicht selbst nach Lösungen suchen. Das kann man gemeinsam tun, mit Denker:innen und Macher:innen innerhalb und außerhalb von Arnheim. Wer die Biennale besucht, sollte sich motiviert fühlen, mehr über die Rolle der Kleidung und die vielfältigen Realitäten zu erfahren, in denen sich Menschen aus aller Welt täglich bewegen.
Vor dem Bahnhof Arnheims steht auf einem großen Schild „State of Fashion Biennale 2024" und das Thema „Ties that Bind“. Bild: FashionUnited / Susan Zijp

„Ties that Bind“ von State of Fashion findet noch bis zum 30. Juni 2024 in Arnheim statt.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.nl. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.

Ausstellung
Museum Arnhem
State of Fashion