Kingpins kehrt trotz Herausforderungen in der Lieferkette optimistisch zurück
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Die Denim-Messe Kingpins fand vergangene Woche zum ersten Mal seit dem Beginn der Pandemie wieder als physische Veranstaltung in Amsterdam statt. Am 20. und 21. April standen in der niederländischen Metropole alle Zeichen auf Denim und das Event wurde zum ersten Mal in SugarCity am Stadtrand von Amsterdam abgehalten.
Mehr als 80 ausstellende Unternehmen nahmen an der Messe teil, die an einem sonnigen Mittwoch mit optimistischer Stimmung eröffnet wurde. Die Unternehmen waren sich einig, dass die digitale Version der Messe, die während der Pandemie eingerichtet wurde, unter den gegebenen Umständen zwar praktisch war, aber bei weitem nicht die Intimität und die physischen Aspekte der traditionellen Messe ersetzen konnte.
„Es ist zwei Jahre her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben und ich glaube, alle sind froh, wieder dabei zu sein“, sagte Helen Latham, Senior Strategic Account Manager bei The Lycra Company. „Es gibt eine Menge aufgestauter Vorfreude - es ist einfach großartig, sich wieder in natura zu sehen und nicht über einen Bildschirm.“
Lycra verzeichnete eine „non-stop“ gut besuchte Messe, traf Kund:innen und präsentierte seine zwei wichtigsten neuen Innovationen: Die Lycra Adaptiv Faser, die aus einem zum Patent angemeldeten Polymer besteht, das die Anpassung von Jeans an verschiedene Körperformen ermöglicht, und Lycra Dual Comfort, eine nachhaltige Innovation für Konfektions- und Webware.
Neuer Standort
Der neue, vergrößerte Standort der Messe bot 40 Prozent mehr Platz als der frühere Veranstaltungsort in der Westergasfabriek. Im Gegensatz zum vorherigen Standort erstreckte sich die ausgedehnte Fabrik über mehrere Etagen und bot mit ihrem robusten industriellen Interieur eine passende Kulisse für die Denim-Messe. Während der Konsens darin bestand, dass die Vergrößerung des Veranstaltungsortes eine positive Sache war, fanden einige, dass die komplexere Form und die zusätzlichen Etagen den Besucherfluss zu den Ständen erschwerten. Es lässt sich jedoch mit Sicherheit sagen, dass jede Veränderung des Standorts Vor- und Nachteile mit sich bringt.
Eine wichtige Neuerung war eine eigene Abteilung für Nachhaltigkeit unter dem Banner ‚Transformers‘. Die Messe hatte ‚Transformers‘ 2014 als einen Summit ins Leben gerufen, bei dem die positive Veränderungen in der Denim-Industrie besprochen wurden. 2020 wurde daraus eine gemeinnützige Stiftung, die sich darauf konzentriert, Veränderungen in Schlüsselbereichen der Lieferkette aktiv anzugehen und zu fördern.
In diesem Bereich der Nachhaltigkeit war das indische Unternehmen Arvind besonders hervorzuheben: Es stellte eine Reihe nachhaltiger Produkte vor, mit besonderem Augenmerk auf wassersparende Initiativen wie sein ‚Quantum Indigo‘, ein Schaumfärbeverfahren, das den Wasserverbrauch um 95 Prozent reduziert.
„Es ist großartig, diese spezielle Abteilung für Nachhaltigkeit auf der Kingpins zu sehen“, sagte Matthew Abbott, ein Designberater bei Arvind. „Es wird immer schwieriger zu erkennen, wie nachhaltig ein Unternehmen wirklich ist, wenn es sich auf seine eigenen Behauptungen stützt. Deshalb ist es gut, dass es einen Bereich wie diesen gibt, in dem die Geschäftspraktiken und Produkte überprüft werden.“
Nachhaltigkeit steht im Mittelpunkt
Der neue ‚Transformers‘-Bereich kommt gerade rechtzeitig, denn die Nachfrage nach Nachhaltigkeit steigt weiter. Verschiedene Ausstellende auf der Kingpins gaben an, dass dies eines der am meisten gewünschten Merkmale ist, an dem die Kundschaft bei der Suche nach Produkten interessiert sei.
Die Messe hatte auch eine neue nachhaltige Installation am Eingang des Veranstaltungsortes mit dem Titel ‚Most Sustainable Product‘ eingeführt, bei der verschiedene Produkte der Ausstellenden kuratiert und zu einer Auswahl von hybriden Outfits zusammengestellt wurden.
„Dies ist ein sehr aufregender neuer Bereich für uns, in dem die Kund:innen hinter all diese nachhaltigen Behauptungen und Marketingstrategien blicken können, um zu erfahren, welche Produkte wirklich am nachhaltigsten sind“, so Emily Olah, die amtierende Geschäftsführerin der Transformers Foundation und Geschäftsführerin von Kingpins.
Sie fügte hinzu, dass sie in darauf Zukunft hoffe, den Bereich weiter ausbauen und verschiedene Merkmale wie Verzierungen, Taschen oder Etikettierung einbeziehen zu könenn, um einen „kompletten Überblick“ über ein nachhaltiges Outfit zu erhalten.
Sorgen um die Lieferkette
Trotz der insgesamt positiven Stimmung auf der Kingpins fand die Messe zu einem Zeitpunkt statt, der für die Denim- und Bekleidungsindustrie von großer Unsicherheit geprägt ist. Die Lieferketten wurden in den letzten Jahren durch die Pandemie und in jüngster Zeit durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine in noch nie dagewesener Weise gestört. Es überrascht nicht, dass viele Unternehmen auf der Kingpins-Messe äußerten, dass die Lieferkette angesichts der steigenden Inflation und der Preise für Energie, Baumwolle und andere Rohstoffe für sie ein Hauptanliegen sei.
„Wir haben eine Menge Probleme mit den hohen Preisen, das ist also die Triebfeder, die wir am meisten spüren. Seit langer Zeit sprechen wir über Nachhaltigkeit und wir waren in der Lage, dafür ein gutes Niveau zu erreichen“, sagte Frank Strathmann, ein Verkaufsleiter des Bekleidungsherstellers DenimAuthority. „Aber alles wird durch die hohen Produktionspreise wieder ein wenig zunichte gemacht. [Die Unternehmen] fangen an, nach Lösungen zu suchen, um Geld zu sparen, und das macht all die Bemühungen zunichte, die wir vorher angestoßen haben.“
DenimAuthority hat jedoch einige positive Entwicklungen in seiner Lieferkette festgestellt. Strathmann sagte, dass das Unternehmen in letzter Zeit Anfragen von Marken erhalten habe, die früher im Fernen Osten produzierten und jetzt nach Orten suchen, die näher an Europa liegen.
Das in China ansässige Unternehmen Freedom Denim hatte ebenfalls mit Schwierigkeiten zu kämpfen. „Wie viele andere Unternehmen, sind auch wir von der Pandemie betroffen und haben es nicht geschafft, unsere gesamte aktuelle Kollektion hierher zu bringen, wie wir es gerne getan hätten, also zeigen wir auch einige unserer älteren Sachen“, sagte eine Vertretung aus dem Salesteam des Unternehmens. „Aber wir sitzen alle im selben Boot - wir müssen lernen, damit zu arbeiten und damit umzugehen, wenn es soweit ist.“
The Lycra Company spürt ebenfalls die Auswirkungen der weit verbreiteten Probleme in der Lieferkette. „Derzeit sind unsere Produkte ausverkauft. Die Prozesse sind in Bewegung und es ist schwer, mitzuhalten“, sagte Helen Latham und bezog sich dabei auf die wieder anziehende Nachfrage nach Jeansstoffen, nachdem die Wirtschaft wieder in Gang gekommen ist. „Eine starke Nachfrage ist natürlich ein Luxus-Problem“, sagte sie, fügte aber hinzu, dass das Unternehmen jetzt „die ersten Anzeichen“ dafür sehe, „dass die Verbraucher weniger in die Geschäfte gehen“, da die Inflation steige.
Die allgemeine Bilanz der Veranstaltung fiel von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich aus: Viele Ausstellende freuten sich über eine hohe Anzahl von Aufträgen und eine konstante Zahl an Besucher:innen, während andere sagten, dass sie vor allem Networking betrieben und auf die Osterfeiertage als Grund hinwiesen, warum es vielleicht ruhiger zuging, als sie gehofft hatten. Aber die allgemeine Stimmung war zweifellos positiv. Die Teilnehmenden waren froh, sich nach zwei langen und schwierigen Jahren wieder persönlich zu sehen, mit dem Ende der Pandemie in Sicht.
Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ