Die Bikini-Mathematikerin
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Der Ausgangspunkt eines Bikinis sind vier kleine Dreiecke. Nicht viel Spielraum, könnte man meinen, um daraus immer wieder etwas Neues zu kreieren. Betrachtet man das ganze einfach mal als Rechenaufgabe, nimmt Material, Farbe, Muster und Zuschnitt der einzelnen Teile, ergeben sich doch jede Menge Variationen - vorausgesetzt man weiß sie zu nutzen. Die Designerin Julia Menthel ist auf jeden Fall eine sehr begabte Bikini-Mathematikerin. Seit 2002 versorgt sie von Berlin aus Modeläden in London, Kopenhagen und Tokio mit ihren Bikinis, Badeanzügen und Badehosen unter dem Namen Juby Berlin.
Um ihr eigenes Label zu gründen, schien Berlin der ideale Ort - "Hier brauchst du nicht mehrere Nebenjobs, um dich über Wasser zu halten, sondern nur einen." Julia Menthel hat 12 Jahre im Ausland gelebt - sie studierte in New York am Fashion Institute of Technology Modedesign, arbeitete dort erst für die Designerin Anne Klein, später freiberuflich. Um ihren Master zu machen, ging sie an die Londoner Modeschule St. Martins, bevor sie 2002 nach Berlin zog.
Ganz pragmatisch hat sich Julia Menthel dazu entschlossen, sich auf Bademode zu konzentrieren. "Ich wollte nicht noch eines dieser kleinen Modelabels sein, davon gibt es schon genug." Aber brauchbare Bademode fand sie bei ihren Recherchen selten. Deshalb entwirft sie jetzt unkomplizierte Hosen und Oberteile, die auch schön unter einem T-Shirt oder Hemd aussehen, in sonnigen, aber nicht aufdringlichen Farben und Mustern jenseits von Airbrush inspirierten Wellenmustern in Alarmtönen, die die gebürtige Berlinerin in den hiesigen Bademodenabteilungen entdeckte. Beim Oberteil liegt die Raffinesse meist in der Mitte: Die beiden Dreiecke werden mal zusammengeknotet, mit einer kleinen Metallschnalle verbunden oder mit einem gerafften Steg in Form gebracht. Die Kollektion für diesen Sommer ist reich an Mustern: vom zarten Blütenmeer über graphische Pünktchenraster bis hin zu scherenschnittartigen Pflanzendrucken.
High Heels sind nicht unbedingt die natürliche Ergänzung zur Bademode von Juby Berlin, sondern eher flache Schläppchen, die die Zehen mit dem ein ganz klein bisschen abblätternden Nagellack freilegen. Es liegen Welten zwischen dem Klischee der Strandschönheit an der Copacabana und der Sonnenbadenden vom Wannsee. "Vorne ein String, hinten ein String", kommentiert Julia Menthel den Prototyp der südamerikanischen Bademode. Dass sie keine Verkaufsschlager für Brasilien entwirft, ist ihr da nur recht.
Die Fotos für den Katalog lässt sie dann auch folgerichtig mitten in Berlin im Lustgarten hinterm Berliner Dom, und nicht am Strand machen - inklusive bedecktem Himmel und Gänsehaut. Beides ist auf den Bildern gut zu erkennen. Das Foto ist von Stefan Korte.