Die Maroc Fashion Week stellt die Talente der arabischen Welt ins Rampenlicht
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Marokko, ein Land, das als Inspirationsquelle für viele französische Designer:innen dient, hat auch eine eigene Fashion Week. Die zweite Ausgabe der Maroc Fashion Week fand am 10. und 11. März 2023 in Marrakesch statt. Die Veranstaltung bot 17 Designschaffenden eine Plattform und will arabische Kreationen über die Grenzen des Landes hinaus bekannt machen.
Das Treffen begann in der M Avenue, einer neu errichteten Fußgängerzone mit Modeboutiquen außerhalb der Medina, nur wenige Schritte von teuren Hotels entfernt. In dem brandneuen Kulturgebäude Meydene wurden am Freitag die Prêt-à-Porter-Shows gezeigt. Neue Orte für eine sich entwickelnde Maroc Fashion Week, die von der Oriental Fashion Show organisiert wird.
Die in Paris ansässige Organisation ist bei den französischen Modeschaffenden vor allem durch die von ihr mehrfach geplanten Modenschauen in der Hauptstadt bekannt. Mit 18 Jahren Erfahrung ist die Oriental Fashion Show nun der offizielle Organisator der Maroc Fashion Week. Ihre Vorsitzende, Hind Joudar, bestätigte gegenüber FashionUnited, dass sie den Namen ‚Maroc Fashion Week‘ beim französischen Patentamt INPI (Institut National de la Propriété Industrielle) registriert hat.
Eine Vielfalt von Kreationen rund um Modest Fashion
Unter den Designer:innen, die ihre Kollektionen präsentierten, zeigte eine große Anzahl von ihnen Modest Fashion, die bei muslimischen Kundinnen wegen ihrer bedeckenden Schnitte beliebt ist. Kombiniert wurden diese Kreationen auch mit Hijabs, also Kopftüchern. Nicht nur in Marokko ist dies ist eine wichtige Zielgruppe, denn die Anzahl der muslimischen Bevölkerung wird heute weltweit auf 2 Milliarden Menschen geschätzt. Außerdem ist sie recht jung: 70 Prozent von ihnen ist unter 40 Jahre alt und die Generationen Z und Millennials machen die Hälfte davon aus, wie Zahlen aus dem Mastercard Global Muslim Travel Index 2022 belegen.
Das Angebot an Kaftanen und Abayas war so vielfältig wie die Herkunft ihrer Designer:innen. Marokkanische Kreative, aber auch palästinensische, französische, libanesische und kasachische zeigten ihre Kollektionen in Marrakesch. Auf dem Laufsteg waren etablierte Designer:innen wie Bernard Jabbour aus Libanon und junge Absolvent:innen zu sehen, die an einem Wettbewerb für junge Talente teilnahmen. Zur Gewinnerin gekürt wurde Donia Shehadeh. Sie entwirft satinierte Abendkleider mit ungewöhnlichen Nähten und sinnlichen Ausschnitten. Sie bekommt die Gelegenheit, ihre Kreationen in Frankreich auf der Pariser Fashion Week und im Rahmen der Oriental Fashion Show zu zeigen.
Donia Shehadeh studierte Mode an der Accademia Di Moda, die sich in Nazareth befindet. Die Schule wurde von Saher Okal, dem Gewinner der Sendung Project Runway Middle East, Staffel 2, gegründet. „Ich war in Italien, um Mode zu studieren und es war sehr schwierig für mich. Ich hatte ein Stipendium erhalten, damit ich in Italien Mode studieren konnte und als ich anfing, Mode zu lernen, dachte ich mir: ‚Ich muss all den neuen Talenten in meinem Land helfen‘“, so der Designer. „Aus diesem Grund habe ich beschlossen, eine Modeakademie in Palästina zu eröffnen. Nicht jeder kann es sich leisten, in andere Länder zu reisen, um Mode zu lernen, also dachte ich, dass ich den Menschen in meinem Land helfen muss, Design vor Ort zu lernen, bei uns zu Hause.“
Am 11. März schickte Omri Elayan, ein weiterer palästinensischer Designer, unter den Kronleuchtern des prächtigen Saals des Royal Mansour, einem historischen Luxushotel in Marrakesch, seine Kollektion den Laufsteg. Der Modedesigner aus der Region Shfaram in Galiläa gilt laut Pressemitteilung als „erster Herrenmodedesigner in Palästina“. Seine Kollektion bestand aus dunklen Anzügen mit Paillettenstickereien, Federn und transparenten Materialien und umfasste sowohl Damen- als auch Herrenbekleidung.
Ein weiterer Name, den man sich merken sollte, ist Zineb Hazim. Die Designerin mit marokkanischen Wurzeln und italienischer Staatsbürgerschaft hat das Publikum auf der Meydene mit der schillernden Kreativität ihrer Modest Fashion begeistert. Ihre Kollektion mit dem Titel „Abaya Street Couture“ bestand aus bedeckenden Kleidungsstücken, die mit goldenen oder hellblauen Pailletten besetzt waren. Das Spiel mit den Materialien und die imposanten Volumen enthüllten manchmal den Blick auf Bauch oder die Beine, und bewiesen so, dass Modest Fashion für alle Frauen geeignet sein kann.
Das Projekt eines Konsortiums arabischer Fashion Weeks
Die nun zweimal jährlich stattfindende Maroc Fashion Week hat sich einer schönen kreativen Dynamik erfreut und scheint auf dem besten Weg zu sein, sich zu halten. Hind Joudar kündigte ein großes Zukunftsprojekt an, ein Konsortium arabischer Fashion Weeks.
„Mit der Maroc Fashion Week, der Kazakhstan Fashion Week, der Azerbaijan Fashion Week und der Tajikistan Fashion Week bauen wir ein Projekt auf, das ‚Fashion Industry‘ heißen wird. Alle Talente aus diesen verschiedenen Regionen werden in eine Partnerschaft für den Austausch von Designschaffenden eingebunden“, so Hind Joudar.
„Wir arbeiten seit 18 Jahren in unserem Verband, dem Label Oriental Fashion Show, und dank dieses Verbandes konnten wir bei der Entwicklung der Azerbaijan Fashion Week und der Kasachstan Fashion Week helfen", so die Präsidentin. „Das Projekt ‚Fashion Industry‘ soll ihr zufolge „wie eine Art Erasmus für Mode“ sein. Die Maroc Fashion Week wird marokkanische Designer:innen in andere Hauptstädte der arabischen Welt wie Kuwait schicken und auch weiterhin ausländische Designer:innen von anderswo willkommen heißen. „Es ist eine Synergie zwischen jungen Talenten. Es gibt eine neue Generation, die die Mode anders sieht, nicht mehr in den großen institutionellen Häusern wie früher", fügte sie hinzu. Die jungen Leute wollen frei sein, aber wir müssen sie begleiten. Diese Fashion Week wird auch eine Plattform für sie sein, um sichtbar zu werden."
Julia Garel reiste auf Einladung der Oriental Fashion Show nach Marrakesch.
Dieser Artikel wurde auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ