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Edeljuweliere: Der Krieg der Steine hat begonnen

Von Herve Dewintre

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Der Kauf des großen amerikanischen Juweliers Tiffany & Co. durch LVMH und, in geringerem Maße, die starke Unterstützung der Richemont-Gruppe für das Haus der Familie Buccellati stellen die strategische Bedeutung des Schmucksektors für große Luxuskonzerne unter Beweis. Dieser Sektor ist von strategischer Bedeutung, weil er einerseits im Gegensatz zur Uhren- und Bekleidungsindustrie nicht so krisenanfällig ist und andererseits Wachstumsaussichten bietet, die denen der Bekleidungsindustrie weit überlegen sind.

Diese Wachstumsaussichten basieren auf sehr klaren Zahlen: Der jährliche Umsatz mit Kleidung ist zehnmal so groß wie der der Schmuckindustrie. Allerdings ist der durchschnittliche Marketing- und Werbeumsatz für Kleidung fast zwanzigmal so hoch wie der für Schmuck. Die jährliche Wachstumsrate für Schmuck beträgt etwa 9 Prozent, im Vergleich zu 5 Prozent für Kleidung. Nicht zuletzt machen Markenartikel nur 20 Prozent des gesamten Schmuckmarktes aus (während in der Mode- und Uhrenbranche Markenartikel fast den gesamten Markt ausmachen). Mit anderen Worten: Der Markt für kostbaren Schmuck ist ein fast jungfräuliches Eldorado, das nur darauf wartet, vom Know-how der Marken erschlossen zu werden.

Dieses Interesse von Luxus-Gruppen am Schmucksektor sollte sich in einem Phänomen der Konzentration einerseits und der Internationalisierung andererseits niederschlagen. Die Konzentration wird wohl dem gleichen Modus operandi folgen, der die High-End-Modelandschaft in den 1990er Jahren auf den Kopf stellte, wobei jedes Flaggschiff-Schmuckhaus nach und nach in die großen Gruppen integriert werden dürfte. Die Internationalisierung wird länger dauern, ist aber ebenso unvermeidlich: gut etablierte Marken werden alle ihre internationale Präsenz ausbauen.

Das ist bisher nicht der Fall — die Schmuckindustrie ist immer noch im Wesentlichen lokal begrenzt. Die zehn größten Häuser teilen sich nur 12 Prozent des Weltmarkts, und nur zwei - Cartier und Tiffany & Co. - sind in der Interbrand-Rangliste der 100 größten Marken der Welt im Jahr 2019 enthalten. Cartier, das Haus der Richemont-Gruppe, steht auf Platz 68, das Haus Tiffany & Co. der LVMH-Gruppe auf Platz 94. Der übrige Markt besteht aus starken nationalen Einzelhandelsmarken, wie Chow Tai Fook in China, sowie aus kleinen und mittleren Unternehmen, die eigene Boutiquen betreiben.

Die Woche des 20. Januar war für die Häuser der Haute Joaillerie, die zumeist den Haute Couture-Kalender nutzen, um privilegierten Kunden einzigartige Kreationen zu präsentieren, in Bezug auf Image und Bestellungen entscheidend. Obwohl die Häuser offiziell keine Rivalen, sondern Schwestern sind, gibt es mehrere Ankündigungen, die den Eindruck erwecken, dass der Wettbewerb in diesem Jahr an Intensität gewonnen hat. In der Regel haben die Marken die gleiche Kundschaft, die ihren Schmuck nach Stil und Wesen eines Hauses auswählt. In diesem Jahr haben sich jedoch mehrere Häuser dafür entschieden, anders zu kommunizieren: neben Häusern wie Boucheron und Chanel, die weiterhin die Virtuosität ihrer Werkstätten hervorheben, haben sich andere Häuser dafür entschieden, über ihre Fähigkeit zu kommunizieren, die einzigartigsten Steine auf dem Markt anzubieten.

Louis Vuitton präsentiert einen Riesendiamanten, der dem Haus in der hohen Juwelierkunst einen Namen machen soll

Ebenso bei Chopard, wo man zum ersten Mal beschloss, seine Kompetenz im Bereich der außergewöhnlichen Steine hervorzuheben. In der vergangenen Woche hat Caroline Scheufele, Co-Präsidentin und künstlerische Leiterin des Hauses, daher eine noch nie dagewesene Palette außergewöhnlicher Edelsteine präsentiert - vier D-Flawless und D-Internally Flawless Diamanten, alle vom Typ IIA; ein ausgefallenes dunkles Grau-Grün-Gelb, ein ausgefallenes lebendiges Gelb von 33,26 Karat Smaragdschliff, der unmontiert präsentiert wird, ein Paraíba-Turmalin von 34,63 Karat: „Ein entscheidender Schritt, der das Zeitalter der Reife von Chopard Fine Jewellery einläutet“, kündigte das Haus an. Auch Dior Haute Joaillerie hebt die Steine auf Ringen von toi et moi auffallend hervor. Das allgegenwärtige Universum von Victoire de Castellane dient hier wirklich als Schaufenster für die Präsentation von schillernden roten Spinellen, Turmalinen, Opalen und Perlen.

Aber die spektakulärsten Texte kommen aus zwei unerwarteten Häusern: zuallerst Swarovski. Markus Swarovski ist Anfang Januar persönlich nach Paris gekommen, um die ökologischen Vorteile seiner Labordiamanten vorzustellen: eine Revolution für den österreichischen Riesen, der seine Steine an Hals und Handgelenken einer internationalen Klientel zum Funkeln bringen und gleichzeitig seinen Einsatz zum Erhalt der Umwelt aufpolieren will. Das andere Haus ist Louis Vuitton, ein Luxusgigant — aber Außenseiter in der Schmuckindustrie — trotz der Bemühungen der Marke, sich in den letzten zehn Jahren in diesem Sektor zu etablieren. Diesmal hatte die Hauptmarke von LVMH beschlossen, Eindruck zu hinterlassen, indem sie - und das ist ein völlig neues Verfahren - einen außergewöhnlichen Rohdiamanten von 1.758 Karat präsentierte: das heißt, der Stein ist noch nicht geschliffen oder poliert. Er wird nach den Wünschen der Kunden geschliffen und poliert, die den Stein am Dienstag, den 21. Januar, bestaunen konnten.

Louis Vuitton teilte die Risiken eines solchen Prozesses mit dem Antwerpener Diamantenschleifer HB Company und mit Lucara Diamond, dem kanadischen Unternehmen, dem die Mine gehört, in der der Rohdiamant im April letzten Jahres gefördert wurde. Die Mine liegt in Botswana. Lucara Diamond wird eine 50-prozentige Beteiligung am Preis der aus dem Rohdiamanten gewonnenen Diamanten erhalten, wobei 5 Prozent des Gesamtverkaufserlöses in Gemeinschaftsprojekte in Botswana reinvestiert werden sollen. Zum Vergleich: 2017 verkaufte Lucara Diamond einen 1.109-Karat-Rohdiamanten für 53 Millionen US-Dollar an den britischen Juwelier Laurence Graff. Da der schwarze, unbehandelte Stein noch nicht seine Versprechungen offenbart hat (seine Reinheit und Brillanz wird erst im Moment der Spaltung und des Schliffs bekannt sein), ist diese Wette eine mit hohem Einsatz, die die Intensität der Motivation der Luxuskonzerne zur Übernahme eines boomenden Sektors bezeugt.

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

Bilder : Chopard, Louis Vuitton

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