Laufsteg-Crasher und das Debüt von Peter Do: Die New York Fashion Week FS24 im Rückblick
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Die einwöchige, schwüle Hitzewelle in New York konnte der New York Fashion Week nichts anhaben. Sowohl etablierte Marken als auch aufstrebende Designer:innen trotzen der Hitze und präsentierten ihre Kollektionen für Frühjahr/Sommer 2024.
In einer Zeit, in der die Luxusgiganten die Branche dominieren, zeigten nur wenige traditionsreiche Modehäuser ihre Entwürfe in New York, denn der Kalender dieser Saison war von aufstrebenden, unabhängigen Designer:innen geprägt.
Nachdem er jahrelang im Vorstand des Council of Fashion Designers of America (CFDA) gesessen hatte, wurde der US-amerikanische Designer Thom Browne – der in dieser Saison auf dem New Yorker Laufsteg fehlte – im November zum Vorsitzenden des CFDA gewählt. Er versprach, neue Talente zu fördern und "die nächste Generation des US-amerikanischen Designs zu unterstützen", wie es in der offiziellen Erklärung des CFDA heißt. Die nächste Generation ist jetzt am Start.
Eine Aufgabe sowohl der kommenden als auch der vorangegangenen Generationen in der Modewelt ist die soziale Verantwortung, ein sehr umstrittenes Thema in der Branche. Zu Beginn der New Yorker Modewoche feierten Mara Hoffman und Remake im Soho-Store der Designers den Fabric- oder "Fashioning Accountability and Building Real Institutional Change"-Act, ein US-Gesetz, das in dieser Saison formell wieder eingeführt wird. Das Gesetz setzt sich für faire Löhne für Bekleidungsarbeiter:innen ein, um Ausbeutung einzudämmen und Wachstum zu fördern.
Auch der Guerilla-Aktivismus ist wieder da. Die von der Gen Z inspirierte Präsentation zum 10-jährigen Jubiläum des Designers Stuart Vevers bei Coach wurde von Tierschutzaktivist:innen gestürmt, während bei Michael Kors die Aktivist:innen von PETA auftauchten.
Bei der glamourösen Abschluss-Show der Marke Blonds protestierten außerdem nackte Demonstrant:innen, die mit Körperbemalung und Slogans wie "No Fashion on a Dead Planet" den Einfluss der Mode auf den Klimawandel kritisierten.
Angeführt wurde die Aktion von Extinction Rebellion, die laut einer Pressemitteilung der Organisation auf die "Vernachlässigung des Klimas und des ökologischen Zusammenbruchs durch Regierungen und Unternehmen" hinweisen wollte.
Neue Kapitel und Comebacks
Keine Schau wurde mit größerer Spannung erwartet als Peter Dos Debütkollektion für Helmut Lang. Do ist der bedeutendste Kreativdirektor der Marke seit dem Weggang des gleichnamigen Gründers 2005. Bei seiner Ernennung sagte er, er wolle sowohl New York zu neuem Ansehen verhelfen als auch das nächste Kapitel für die Marke einläuten.
In typischer Debütsprache huldigte der vietnamesisch-amerikanische Designer Helmut Langs minimalistischer Blütezeit in den 90er Jahren mit referentiellen Codes - monochromen Ensembles, strukturierten Lagen und Tailoring – mit seiner charakteristischen Schneiderkunst, klaren Silhouetten und seinem Gespür für lederne Stücke. Zu den persönlichsten Akzenten gehörten gelbe Riemenmotive, die Ode an das emblematische gelbe Taxi, und T-Shirts mit Ocean Vuong-Zitaten, die auch auf Langs verschiedene Kollaborationen mit der Künstlerin Jenny Holzer in den Nullerjahren anspielten.
Nachdem Ralph Lauren sein Purple Label zunächst in Mailand gezeigt hatte, kehrte er mit einer eklektischen Kollektion aus ausdrucksstarken Americana-Stücken auf den Laufsteg zurück – tonalen Jeans, Westerngürteln und Alltagskleidung –, die jugendliche Trends von Maxiröcken bis hin zu Korsett-Oberteilen aufgriff.
Auch Phillip Lim 3.1 kehrte nach einer vierjährigen Pause wieder auf den Laufsteg zurück. Bei seiner Rückkehr präsentierte Lim die ultimativen New-York-City-Ensembles, von schlichten Hemden bis hin zu Lululemon-artiger Athleisure.
US-amerikanische Mode neu definiert
Obwohl die klassischen Stile auf den Laufstegen dieser Saison dominierten, gab es auch Maximalismus, der von hauptsächlich unabhängigen Designer:innen gezeigt wurde und einen Gegenpol zu den eleganten Trends der Ersteren bildete.
Eckhaus Latta rückte seine Auffassung von Konfektionskleidung in subversivere Bahnen. Die in New York ansässige Marke zeigte eine authentische Interpretation der US-amerikanischen Garderobe, mit offener Spitze, Cowboyhemden mit Kragen aus den 70ern und Ballonhosen aus Zwirn, die eine vertraute, überraschende Leichtigkeit vermittelten.
Gypsy Sport veranstaltete eine Show auf Governors Island, die nach einer Verzögerung durch einen kurzen Regenschauer mit einer lebhaften Kollektion aufwartete. Der in Los Angeles ansässige Designer Rio Sport zeigte bei der letzten Show unter dem Namen "Gypsy Sport" das, was er am besten kann: eine Feier der queeren Kultur, diverser Identitäten und einzigartiger Streetwear. Stark zerschlissene Jeans, I Love New York-Shirts aus Mesh und ein rot-weiß-blauer Feder-Look, getragen von Schauspielerin Dominique Jackson, fingen die Essenz des Stils ein, der an die Jugendkulturen in New York City und darüber hinaus erinnert.
Willy Chavarria präsentierte am letzten Tag eine Reihe US-amerikanischer Stilrichtungen auf einmal, von Prep über Streetwear bis hin zu Cowboys. Chavarria mischte absichtlich Cowboyhüte mit Trainingsjacken und Pullover mit Rundhalsausschnitt mit religiöser Symbolik, um die US-amerikanische Mode von Küste zu Küste durch eine lateinamerikanische Linse zu erfassen.
Der rüschige Zeitgeist
Nach dem Rüschen-Trend der letzten Saison wird die ultrafeminine Mode weiterhin als geschlechtsneutral neu definiert.
Unter dem Titel "Cruising in the Rose Garden" lehnte sich die Show von Palomo Spain in Zusammenarbeit mit der spanischen Marke Bimba Y Lola an die romantische Stimmung des 18. Jahrhunderts. Im Plaza Hotel wurden traditionelle Herrenmode-Silhouetten mit Spitze, Spitzendeckchen und einer Reihe von Blumenmotiven verziert.
Auch Tanner Fletcher setzte mit einer Fülle von Miederwaren und Schleifen einen ähnlich kunstvollen Akzent, indem er Maskulinität und Femininität durch Anzüge verschmolz. Strumpfbänder saßen auf Nadelstreifenhosen, überdimensionale Schleifen zierten einen komplett weißen Anzug und Blumensträuße zierten zahlreiche Looks in einer prachtvollen Zurschaustellung von "Schönheit".
Collina Strada hinterließ einen nüchternen Ton mit KI-generierten, kunstvoll-zarten Looks, die in Chaos ausarteten, als die Designerin Hillary Taymour ihren Kommentar zu einer brennenden Welt abgab. Die Stimmung wurde durch die unheimliche, unaufhörlich lächelnde Performance der Models in Verbindung mit einem düsteren Weltuntergangssoundtrack noch verstärkt. Patchworkdrucke, die mit Karos überlagert wurden, kollidierende Muster, die von durchsichtiger Spitze unterbrochen wurden, und historische Kleider, die in fleckige Jeans gesteckt wurden, brachten die apokalyptische Stimmung auf den Punkt.
Das Ende von “Quiet Luxury”
In dieser Saison wurde der "Quiet Luxury" mit einer Vielzahl von gehobenen – wenn auch neutralen – Modellen, die sich eher von der Masse abheben als in ihr unterzugehen, ein wenig lauter.
Bevza präsentierte eine Kollektion, in der die Unterwäsche mühelos zur Geltung kam, darunter Netz-Tanks, fast durchsichtige Jersey-Kleider und seitlich geschlitzte Hosen, die eingebaute Boxershorts enthüllten. Die schlichten, farblosen Töne wurden durch einen warmen Ringelblumenprint aufgehellt, der an die Blumen erinnert, die in der Ukraine, dem Heimatland der Designerin Svitlana, verbreitet sind. Mit dem Druck wollte sie an ihren Großvater erinnern, der diese Blume sehr mochte. „Ich war gezwungen, meine Heimat in Kiew zu verlassen, aber ich habe die Erinnerung an ihn mit mir getragen“, so Bevza in einer Pressemitteilung. „Ich möchte, dass diese Blumen überall sprießen.“
Das Design-Duo Proenza Schouler stellte ein neues Monogramm vor: ein verwobenes PS, das an die endlose Fluidität der Designer Jack McCollough und Lazaro Hernandez erinnert. Die Show im Auktionshaus Phillips wurde mit einem einreihigen Anzug an der Sängerin Weyes Blood eröffnet, der den Weg zu einer Reihe von Jeans, Mesh, Pailletten und malerischen Chiffonkleidern ebnete.
Die Marke Luar, die die New Yorker Modewoche abschloss, präsentierte eine elegante, gewagte Kollektion, die den Spagat zwischen Business Casual und ausgefallener Clubwear schaffte. Der in Brooklyn ansässige Designer Raul Lopez wurde durch seine Ana-Tasche bekannt, die in einer Reihe von kräftigen Farben und Drucken präsentiert wurde. Was die Kleidung in dieser Saison betrifft, so wurde eine schlichte schwarz-weiß-graue Farbpalette durch Lackleder, silberne Verzierungen und dekonstruierte Teile akzentuiert.
Dieser übersetzte Artikel erschien zuvor auf FashionUnited.com