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Mode in der Post-Covid-Ära: „Erst Party, dann Introspektion“

Von Katrien Huysentruyt

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Mode

Gucci x The North Face

Die Trendbeobachterin Hilde Francq gibt alle sechs Monate Tipps zu den wichtigsten Trends. Diesmal warf das Color Trend Webinar einen Blick auf die Post-Covid-Ära. FashionUnited hat herausgefunden, dass der Herbst/Winter 22/23 grün, digital, wach und gesund aussehen wird. „Natürlich richten sich die Augen jetzt darauf, welche Trends die Post-Covid-Ära bestimmen werden", sagt sie. „Einige Trendbeobachter sehen den Hedonismus und die Dekadenz der wilden Zwanziger Jahre zurückkehren. Revenge-Dressing und Revenge-Shopping, wie wir sie in China bereits beobachten, sind ein Indiz dafür. Auf der anderen Seite spricht man von den ‚zitternden Zwanzigern‘ - einer Zeit, die durch Zweifel, Unsicherheit und Instabilität gekennzeichnet ist. Schließlich hat uns die Pandemie gelehrt, über den Platz des Menschen in der Welt nachzudenken.“

Francq prognostiziert eine Kombination aus beiden Szenarien: „Zuerst gibt es eine Party, danach kommt die Zeit für Selbstbesinnung. Nachhaltigkeit wird zur Selbstverständlichkeit werden, und die Unternehmen werden selbst die Verantwortung dafür übernehmen müssen. Man denke nur an Hermès, das für sein hochwertiges Leder bekannt ist und jetzt auf Pilzleder setzt. Adidas hat Stan Smith Mylo vorgestellt, Turnschuhe mit einer Sohle aus Myzel.“

Hermès Victoria Bag, made of MycoWorks Fine Mycelium

„Während der Krise wurde vor allem die Generation Z psychisch schwer getroffen“, sagt Francq. „Und das zu einem entscheidenden Zeitpunkt in ihrer Entwicklung. Psychische Gesundheit ist also durchaus ein Thema. Darüber hinaus ist die 'Woke-Bewegung' allgegenwärtig“. Sie verweist auf bekannte amerikanische Persönlichkeiten wie Pharrell Williams mit seinem geschlechtsneutralen Schönheitslabel und Amanda Gorman mit ihrem antirassistischen Eröffnungs-Gedicht zur Amtseinführung von Joe Biden. All diese Veränderungen waren bereits vor der Krise sichtbar, haben sich aber durch Covid noch verstärkt. Francq fasst sie in vier Themen zusammen: wilde Natur, digitales Leben, eine bessere Welt und geistige Gesundheit.

Amanda Gorman. Beeld: Kevin Dietsch / POOL / AFP

AW22-Trend: Zurück in die Wildnis

„Während der Pandemie haben wir die Natur wieder zu schätzen gelernt und erkannt, dass der Kontakt mit ihr zur psychischen Gesundheit beiträgt“, so Francq. „Hinzu kommen die Auswirkungen der globalen Erwärmung. Es wird der Ruf nach ‚rewilding‘ laut, der Befreiung der Natur - man denke nur an die belgische Kampagne 'No mow May' in Flandern, die dazu aufruft, im Mai zum Insektenschutz keine Wiesen zu mähen. Ein Zeichen innerhalb der Modewelt ist die Zusammenarbeit von Gucci und dem Outdoor-Label The North Face. Alternative Materialien auf der Basis von Pilzen oder Algen werden dank dieses Trends zum Mainstream werden.“

Daniel Shea voor The North Face x Gucci

AW22-Trend: Digitales Leben

„Unser Leben spielt sich weitgehend digital ab und wird zu einem Hybrid zwischen einer analogen und digitalen Existenz. Auch der erste NFT (non-fungible token) eines Kunstwerkes wurde bereits versteigert. Wir können nun das Eigentum an einer einzigartigen digitalen Datei beanspruchen. Damit ist der Weg frei für virtuelle Kleidung. So arbeiteten Nintendo und Net-a-Porter gemeinsam an einer virtuellen Kleidungskollektion für die Avatare in Animal Crossing.“

Dolce & Gabanna SS21 #DGSicilianPatchwork © Catwalkpictures.com

AW22-Trend: Bessere Welt

Francq zufolge lautet die wichtigste Frage: Was haben Sie heute getan, um die Welt zu retten? „Es wird nicht nur die Auswirkung eines Produkts gemessen, sondern es muss ein zusätzlicher Beitrag geleistet werden. Marken streben nicht mehr nach null Abfall, sondern nach ‚negativem Abfall'. Die Aufwertung alter Textilien oder Reststoffe macht Patchwork zu einem Trend innerhalb dieses Themas - farbenfroh und mit einem Mix von Motiven. Die Marken achten noch auf weitere Themen als die Umwelt, um die 'woke generation' anzusprechen."

Loovt sweater, image by Loovt.

AW22-Trend: Psychische Gesundheit

Das letzte Thema könnte das vorherrschende sein, sagt Francq. „Durch Covid hat die Gesundheit noch mehr an Bedeutung gewonnen. Wir sind begierig darauf, überwacht, verfolgt und beraten zu werden. Gesundheit ist der neue Luxus geworden. Auch der gesunde Geist wird in den Mittelpunkt rücken, psychische Probleme werden normal. Darüber hinaus wird dem Tod mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Loovt ist bereits eine Wohlfühlmarke, die mit Entwürfen wie dem kuscheligen Pullover das Tabu rund um das Thema Trauer brechen will. Der Trend hat auch einen starken Einfluss auf die Architektur. Einzelhändler werden sich für Innenräume entscheiden, die ein Gefühl von Geborgenheit und Vertrautheit vermitteln“, schließt sie ab.

FW22
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