Mode in der Post-Covid-Ära: „Erst Party, dann Introspektion“
14. Jan. 2022
Die Trendbeobachterin Hilde Francq gibt alle sechs Monate Tipps zu den wichtigsten Trends. Diesmal warf das Color Trend Webinar einen Blick auf die Post-Covid-Ära. FashionUnited hat herausgefunden, dass der Herbst/Winter 22/23 grün, digital, wach und gesund aussehen wird. „Natürlich richten sich die Augen jetzt darauf, welche Trends die Post-Covid-Ära bestimmen werden", sagt sie. „Einige Trendbeobachter sehen den Hedonismus und die Dekadenz der wilden Zwanziger Jahre zurückkehren. Revenge-Dressing und Revenge-Shopping, wie wir sie in China bereits beobachten, sind ein Indiz dafür. Auf der anderen Seite spricht man von den ‚zitternden Zwanzigern‘ - einer Zeit, die durch Zweifel, Unsicherheit und Instabilität gekennzeichnet ist. Schließlich hat uns die Pandemie gelehrt, über den Platz des Menschen in der Welt nachzudenken.“
Francq prognostiziert eine Kombination aus beiden Szenarien: „Zuerst gibt es eine Party, danach kommt die Zeit für Selbstbesinnung. Nachhaltigkeit wird zur Selbstverständlichkeit werden, und die Unternehmen werden selbst die Verantwortung dafür übernehmen müssen. Man denke nur an Hermès, das für sein hochwertiges Leder bekannt ist und jetzt auf Pilzleder setzt. Adidas hat Stan Smith Mylo vorgestellt, Turnschuhe mit einer Sohle aus Myzel.“
„Während der Krise wurde vor allem die Generation Z psychisch schwer getroffen“, sagt Francq. „Und das zu einem entscheidenden Zeitpunkt in ihrer Entwicklung. Psychische Gesundheit ist also durchaus ein Thema. Darüber hinaus ist die 'Woke-Bewegung' allgegenwärtig“. Sie verweist auf bekannte amerikanische Persönlichkeiten wie Pharrell Williams mit seinem geschlechtsneutralen Schönheitslabel und Amanda Gorman mit ihrem antirassistischen Eröffnungs-Gedicht zur Amtseinführung von Joe Biden. All diese Veränderungen waren bereits vor der Krise sichtbar, haben sich aber durch Covid noch verstärkt. Francq fasst sie in vier Themen zusammen: wilde Natur, digitales Leben, eine bessere Welt und geistige Gesundheit.
AW22-Trend: Zurück in die Wildnis
„Während der Pandemie haben wir die Natur wieder zu schätzen gelernt und erkannt, dass der Kontakt mit ihr zur psychischen Gesundheit beiträgt“, so Francq. „Hinzu kommen die Auswirkungen der globalen Erwärmung. Es wird der Ruf nach ‚rewilding‘ laut, der Befreiung der Natur - man denke nur an die belgische Kampagne 'No mow May' in Flandern, die dazu aufruft, im Mai zum Insektenschutz keine Wiesen zu mähen. Ein Zeichen innerhalb der Modewelt ist die Zusammenarbeit von Gucci und dem Outdoor-Label The North Face. Alternative Materialien auf der Basis von Pilzen oder Algen werden dank dieses Trends zum Mainstream werden.“