Modeklasse 2024: Die Angewandte zeigt Diplomkollektionen unter Craig Green
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In Wien wurde zu einem der wichtigsten Modespektakel Österreichs geladen.
Die diesjährige ‘Show Modeklasse’, die Modenschau von Designstudierenden der Universität für angewandte Kunst, bot Gästen am Donnerstagabend eine schillernde Vielfalt an Kreativität. Neben sechs angehenden Absolvent:innen des Modeklasse-Diplomjahrgangs präsentierten auch Jungdesigner:innen des ersten, zweiten und dritten Jahrgangs ihre Entwürfe auf dem Laufsteg.
Der Abend war zudem das Debüt des neuen Studienleiters der Abteilung für Modedesign, Craig Green. Im Oktober vergangenen Jahres trat der britische Modeschöpfer seine Professur an der Angewandten mit dem Vorhaben an, Innovation und Originalität im Modedesign voranzutreiben. Die Zukunft der „menschengeführten Innovation liege nicht nur in der Akzeptanz der Technologie“, so Green in einer Mitteilung der Universität. Es gelte auch zu verstehen, dass wahrlich originelle Ideen aus dem „physischen Handwerk und der praktischen Interaktion mit Materialien“ resultieren.
Dieser Zugang findet sich auch im Veranstaltungsort wieder, einem Wiener Ringstraßenbau, der als zweites Hauptgebäude der Angewandten fungiert: Im modernen Atrium des denkmalgeschützten Hauses stellen sich kubische Kontraste der Tradition.
Rondo-Modepreis trifft auf Palästina-Flaggen
Vorab der Modenschau wurde der mit 5.000 Euro dotierte Rondo-Modepreis unter den Diplomand:innen verliehen, der in diesem Jahr von Polestar, einem Unternehmen der Automobilhersteller Volvo Car Corporation und Geely, gesponsert wurde. Oliver Kuzma durfte die Auszeichnung entgegennehmen. Die Einbeziehung edwardianischer und viktorianischer Formen in seine Kollektion ‘Spleen’ sowie die Auseinandersetzung mit dem Begriff ‘Luxus’ in der heutigen Welt überzeugten die internationale Jury. Ein weiterer Preis, der ‘The Mall Wien Mitte Award’ des gleichnamigen Wiener Einkaufszentrums, ging an Marie Matondo Nsimba aus dem zweiten Jahrgang mit 1.000 Euro und an Felix Schmidt aus dem dritten Jahrgang mit 1.500 Euro.
Für Demonstrant:innen schien die Veranstaltung aufgrund ihres hohen Bekanntheitsgrades ein geeignetes Sprachrohr für politische Anliegen zu sein. Während der Eröffnungsrede der Rektorin Petra Schaper Rinkel überraschte eine palästinensische Flagge, die über die Etagen des Innenhofes herabgelassen wurde. Ein Regen von Flugblättern und lautstarke Rufe folgten.
Vergangenheitsverwurzelt
Dass Vergangenheit und Tradition durchaus Spuren im Denken der Nachwuchstalente hinterlassen haben, ließ sich deutlich ablesen. So manche Kollektion erzählte österreichische Wurzeln neu. Die Diplomandin Alissa Herbig zeigte mit ‘Unpicking Memories’ einen Rock in Lederhosenoptik, rustikale Walkjacken und Trachtenelemente in Verbindung mit dem alten Handwerk der Lochstickerei. Hierbei galt es, Gender-Narrative zu durchbrechen.
Bei Alara Koçman aus dem dritten Jahrgang trafen Charakteristika vergangener Jahrhunderte aufeinander, die sich in modernen Interpretationen von Halskrausen und Barockkleidern wiederfanden. Die Kragen wurden aus Jersey auf Sweatshirts appliziert, ein breiter Reifrock des Rokoko um 90 Grad gedreht. Den Höhepunkt bildete ein ausladender, geraffter Überwurf à la Kaiserin Sisi, der nur den Kopf der Trägerin enthüllte. Die Designerin spielte mit Zweckentfremdungen – BHs dienten als Rock und Perlenketten wurden am Fuß getragen.
Als Inspirationsquelle nennt Viola Kollár ihre Streifzüge durch Flohmärkte und Vintage-Läden. In ihrer Diplomkollektion ‘Today’ stellte sie detailverliebte Looks vor: Holzperlen, die an Autositzbezüge aus den 60er Jahren erinnern, tauchen in Form von Jacken oder Taschenhenkeln auf. Pinke Akzente führen die ansonsten in Erdtönen gehaltene Kollektion in die Gegenwart.
Vielschichtige Weiblichkeit und futuristische Lebensfreude
Mit ihrer Abschlusskollektion ‘I gave up counting’ thematisierte Martyna Bierut die gesellschaftlich festgelegte Arbeitsteilung und hinterließ ein feministisches Zeichen durch gehäkelte Looks in farbenfrohen, fließenden Formen.
Zu einer Reise in die Zukunft lädt die Diplomandin Yuliya Hlazun unter dem Titel ‘Here just to scream’ ein. Überdimensionale, außerirdisch anmutende Pailletten treffen auf aufwendig drapierte Silhouetten, schrille Perücken und so manches nackte Bein.
Kleiderhaken werden in Pouran Parvizis ‘Maybe it’s all just a dream in the end’ vom Hilfsmittel zum Accessoire. Ihre Abschlusskollektion untersucht die Macht des Blicks und feiert die Vielschichtigkeit der Weiblichkeit. Fließende Formen und klare Strukturen verliehen den Entwürfen eine hohe Tragbarkeit.
Verspielte Provokation
Auch die Studierenden der jüngeren Jahrgänge zeigten kreative Outfits, die von schrill bis bunt und von provokant bis alltagstauglich reichten und Experimente mit Formen, Materialien und Lebenseinstellungen boten. Elf Erstjährige präsentierten ausschließlich Looks, bei denen die Farbe Weiß gewählt wurde, um den Designprozess selbst in den Mittelpunkt zu stellen.
Beim Studenten des zweiten Jahrgangs, Leon Cole, wurden überdimensionale Taschen über den Laufsteg getragen. Materialien, deren Beschichtungen durchbrochen waren, zogen sich durch die Kollektion.
Marie Matondo, ebenfalls im zweiten Jahr, vermummte die Models und lenkte die Aufmerksamkeit auf ihre extravaganten Entwürfe, die aus vielen Schichten zusammengesetzt waren.
Sportive Mischungen von Materialien und Farben waren bei Liam Noel Pfefferkorn zu sehen. So kombinierte er eine weit geschnittene Hose über grünen Gummistiefeln, ein gestepptes Oberteil, das an den Motorsport erinnert.