Pam Boy: "Die Mode ist nicht ganz am Takt der neuen Generationen"
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Pierre Alexandre M'Pelé ist eine Stimme, die in der Modebranche zählt. Eine Stimme, die umso mehr gehört wird, weil sie nicht käuflich ist. Der junge Journalist, der unter dem Namen Pam Boy in den sozialen Netzwerken tätig ist, hat seine Glaubwürdigkeit aufgebaut, indem er sich weigert, den verlockenden Beziehungen nachzugeben, die Modekritiker und Werbetreibende oft eingehen. Das schafft er mit Humor, Freude und Relevanz. Ein Ansatz, der umso eleganter und einzigartiger ist, als er frei von unnötiger Bosheit und übermäßiger Begeisterung bleibt. Als Herausforderer der größten Titel des Fachs steht der Kritiker nun an der Spitze seines eigenen Printmediums, genannt SCRNSHT. Marc Jacobs selbst feierte diesen Launch mit der Veröffentlichung eines Fotos des Magazins auf seinem Instagram-Konto. FashionUnited sprach mit ihm über seine einzigartige Position in der Modebranche und seine Pläne für die Zukunft.
Wie können wir Sie in wenigen Worten unseren Lesern vorstellen?
Pam Boy: Mein Name ist Pierre Alexandre M'Pelé alias @pam_boy in sozialen Netzwerken. Ich bin 26 Jahre alt und habe meinen Abschluss in Central Saint Martins gemacht, wo ich Modejournalismus studierte. Ich schreibe Artikel für Zeitschriften wie LOVE, The Face und Women's Wear Daily. Ich habe 2019 mein Magazin SCRNSHT ins Leben gerufen.
Wie sind Sie zur Mode gekommen?
Als Teenager begann ich, mich für Mode als Branche zu interessieren. Ich lebte in Nigeria und stieß dort ich zufällig auf FashionTV. Die Chanel Modenschau Herbst-Winter 1989. Da habe ich mich in die Mode verliebt.
Trotz Ihres jungen Alters gelten Sie bereits als einflussreicher und respektierter Kritiker. Sind sie die neue Suzy Menkes der Mode?
Es ist sehr schmeichelhaft, mit den Journalisten verglichen zu werden, die ich einst verehrt habe. Ich überlasse es denen, die meine Arbeit lesen, meine Relevanz, Bedeutung oder Einfluss zu beurteilen. Aber ich denke, dass man nur durch die eigene Geschichte und Erfahrung definiert werden kann.
Wie können Sie von Ihrem Job als Modekritiker leben, ohne auf die eine oder andere Weise finanzielle Hilfe von Werbetreibenden zu erhalten?
Ich denke, dass mit den Möglichkeiten des Internets jeder seine Aktivitäten ausbauen und diversifizieren kann, so dass er nicht direkt von den Werbetreibenden abhängig ist. Die direkte Kommunikation mit meinem Publikum - sowohl intellektuell als auch finanziell - hat es mir ermöglicht, vollkommen unabhängig zu bleiben. Ich arbeite für einige Marken, insbesondere für junge Kreative, aber ohne einen Interessenkonflikt zu riskieren.
Der Modemonat ist vorbei: Wie beurteilen Sie ihn?
Wir treten in ein neues Jahrzehnt ein. Das Internet und die neuen Technologien verändern die Modebranche, aber ich habe auf den Messen keine großen Veränderungen bemerkt, im Gegenteil, es herrschte ein eher beunruhigender Wind der Nostalgie. Die Mode muss in die Zukunft blicken, auch wenn sie von der Vergangenheit inspiriert ist. Die gegenwärtigen Strukturen, die großen Konzerne und bestimmte Arten von Management und Kommunikation zum Beispiel erscheinen mir veraltet. Die Mode ist nicht ganz im Einklang mit den neuen Generationen. Es gibt natürlich einige Ausnahmen. Für die Saison Frühjahr-Sommer 2020 hat sich trotz der bevorstehenden großen Veränderungen in der Mentalität nichts wirklich geändert. Deshalb bin ich ein wenig enttäuscht, aber zuversichtlich für die Zukunft der Branche.
Was sind die wichtigsten Trends, die Sie geprägt haben?
Das ist für mich die Ökologie, die kein Trend, sondern eine neue Denkweise sein sollte. Das Gleiche gilt für die Vielfalt. Die Smokinggürtel haben mich total beschäftigt, weil sie ein Gegenentwurf zu Streetwear und Sportswear sind. Im Einzelnen könnte ich über Farben und Schnitte sprechen, aber ich glaube, das ist nicht wirklich interessant.
Nachhaltigkeit, ethischer und nachhaltiger Konsum sind zu wichtigen Themen in der Mode geworden, die auch einer der umweltschädlichsten Wirtschaftszweige der Welt ist: Was halten Sie von diesem Thema? Haben Sie die Versprechen der großen Luxusgruppen überzeugt?
Mode kann nicht zu einer umweltfreundlichen Branche werden, weil Mode eine Industrie ist. Große Konzerne versuchen, ihre Produktionsmethoden zu verbessern, bleiben aber dabei oft zu undurchsichtig.
Weiteres großes Thema: Vielfalt. Hält die Mode in diesem Bereich ihre Versprechen?
Natürlich hat sich die Vielfalt im Sinne der Repräsentation in Modemagazinen weiterentwickelt. Aber es bleibt zum größten Teil eine kosmetischer, auf das Image gerichteter Wandel. Wo ist die Vielfalt der Verwaltungsräte? Wo ist die Vielfalt der Kreativstudios? Wo ist die Vielfalt in den verantwortlichen Positionen? Meiner Meinung nach ist es diese Vielfalt, die entscheidend ist.
Wer ist Ihrer Meinung nach aktuell der einflussreichste Designer?
Es ist paradox, aber ich denke, dass es Phoebe Philo ist.
Ist Instagram immer noch das bevorzugte Werkzeug für Influencer oder glauben Sie, dass andere Kommunikationsformen entstehen? Sie haben beispielsweise ein neues Medium namens SCRNSHT gestartet: Ist dies das Signal, dass aus Ihrer Sicht soziale Netzwerke beginnen, ihre Grenzen zu erreichen?
Instagram und YouTube sind die beiden beliebtesten Plattformen für Influencer und die Modewelt. Meiner Meinung nach werden diese beiden Giganten in den kommenden Jahren ihre Marktanteile mit Podcasts teilen müssen. Es gibt auch die App TikTok, die Marken im Moment nicht kennen, die aber eine bevorzugte Plattform für die Generation Z ist.
Foto : © Gaetan Bernede
Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ