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Pionierin Alice Ferraz über die Zukunft des Influencer-Marketing

Von Marjorie van Elven

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Mode |INTERVIEW

Alice Ferraz ist eine der 20 mächtigsten Frauen Brasiliens, wenn man dem Forbes Magazine Glauben schenkt. Außerdem wird sie von Business of Fashion unter den 500 einflussreichsten Modeakteuren der Welt geführt. Der Grund, warum Sie sich solche Auszeichnungen verdient hat? Sie gründete bereits 2010 das weltweit erste Netzwerk von Mode- und Lifestyle-Bloggern, F*Hits, als Marketingprofis noch nicht einmal den Begriff "Influencer" geprägt hatten.

FHits hilft Marken, Kampagnen mit einem Team von 200 handverlesenen InfluencerInnen zu entwickeln, die im Gegenzug mit Marketing, Branding und rechtlichem Mentoring versorgt werden. Zusammen erreichen sie ein Publikum von über 40 Millionen Menschen in einem Land mit 209 Millionen Einwohnern, was F*Hits South America zum größten Online-Publikum für Mode, Schönheit und Lifestyle macht.

Es macht Sinn, dass die weltweit erste digitale Marketingagentur, die sich auf Influencer konzentriert, in Brasilien das Leben erblickte, wenn man bedenkt, dass Brasilianer jeden Tag durchschnittlich 9 Stunden und 14 Minuten online verbringen, von denen laut GlobalWebIndex 3 Stunden und 39 Minuten für Social Media verwendet werden. Mit 62 Prozent der Bevölkerung, die in mindestens einem sozialen Netzwerk aktiv sind, sind die Brasilianer die drittstärkste Nationalität auf Facebook und die zweitstärkste auf Instagram.

FHits war jedoch nicht das erste Modeunternehmen von Ferraz. Als ihr die Idee zu FHits kam, hatte sie bereits seit 13 Jahren eine etablierte PR-Agentur, Ferraz Moda, die traditionelle Medienplatzierungen für Marken wie Marc Jacobs, Caudalie und Moda Operandi verabtwortete. Außerdem wirkte sie am Aufbau von Brasiliens erstem Social Media-Studiengang mit, der am Centro Universitário Belas Artes in São Paulo angeboten wird.

Heute steht Ferraz' akademische Arbeit kurz vor der Überquerung des Atlantiks. Sie wurde vom italienischen Modeinstitut Polimoda eingeladen, um den Master in Fashion Marketing and Communications zu betreuen. "Partnerschaften dieser Art bieten einen unvergleichlichen Mehrwert für unsere Schüler, die die einzigartige Möglichkeit haben, direkt von den Protagonisten des heutigen Modesystems zu lernen", sagte Polimodas Direktor Danilo Venturi in einem Statement. "Alice Ferraz [....] wird eine Schlüsselfigur sein, die unsere Studenten dazu anleitet, Spitzenkräfte für die Zukunft der Kommunikation zu werden". Das neunmonatige Programm soll im Juni beginnen.

FashionUnited sprach mit Ferraz am Telefon über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Influencer-Marketings und was ihre Rolle bei Polimoda mit sich bringen wird.

Wie haben Sie erkannt, dass Influencer-Marketing zu einer Sache werden würde?

Ich arbeite seit 25 Jahren in der Modebranche. Ich hatte bereits eine Kommunikationsagentur mit über 130 Kunden, für die wir Kampagnen, Kataloge, Werbung, Laufstegshows und alle weiteren Belange vertraten. Wir machten PR im traditionellen Sinne, für die analoge Welt. Aber vor etwa zehn Jahren war ich unruhig und unzufrieden. Ich fühlte eine Art Unzufriedenheit, die mich im Laufe der Jahre immer auf die eine oder andere Weise begleitet hat. Ich schaue immer nach vorne, denke über meinen nächsten Schritt nach, suche nach Verbesserungsmöglichkeiten. Vor zehn Jahren bemerkte ich also, dass unsere Ergebnisse nicht mehr so gut waren, wir wuchsen langsamer, und als ich herausfinden wollte, warum, entdeckte ich, dass es sich nicht um etwas handelte, was wir taten, sondern dass der gesamte Markt schuld war. „Analoge" PR würde uns nicht mehr die erwarteten Ergebnisse bringen.

Als ich zum ersten Mal einen Modeblog las, hatte ich diesen Aha-Moment: "Vielleicht ist die Art und Weise, wie wir mit Menschen kommunizieren, falsch". Ich fand die Art und Weise, wie Blogger schreiben, als Leser viel interessanter. Journalisten sind in der Regel technisch und distanziert, sie neigen dazu, darauf zu verzichten, ihre Persönlichkeit in die Artikel aufzunehmen. Blogger hingegen machen die Dinge persönlich, was mir mehr Spaß beim Lesen macht. Da dachte ich: "Hier ist unsere neue Sprache" und beschloss, aufstrebende Blogger für eine Kampagne mit der brasilianischen Schuhmarke Corello einzuladen. Es war die weltweit erste Kampagne mit Modebloggern und ein erstaunlicher Erfolg. Seitdem hat das Blogging-Format auch den Journalismus beeinflusst, wir sehen heutzutage viel mehr meinungsbildende Artikel.

Als ich die Ergebnisse der Corello-Kampagne überprüfte - denken Sie daran, dass wir damals nicht viele Messwerkzeuge zur Verfügung hatten - wurde mir klar, dass die Art der Arbeit nicht nur ein Projekt oder eine neue Abteilung in meinem bestehenden Unternehmen war. Es sollte ein eigenes Unternehmen sein.

Camila Coelho, ein der Influencerinnen, mit denen F*hits arbeitet. Sie hat 7,8 Millionen Follower auf Instagram und über drei Millionen auf YouTube

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So vieles hat sich geändert, seit Sie F*Hits erstellt haben. Als Sie die Firma gegründet haben, waren Blogs der letzte Schrei. Jetzt sind Tools wie Instagram und YouTube viel beliebter.

Ja, viele neue Tools haben seit 2010 an Popularität gewonnen. Unabhängig von der Plattform stelle ich mir immer die folgenden Fragen: Wie ist der Ruf dieser Person? Wie spricht diese Person ihr Publikum an? Was ist seine oder ihre Geschichte?". Als ich anfing, in der PR zu arbeiten, war Unternehmenskommunikation "Brand to Consumer": Marken kauften Anzeigen im Fernsehen, in Zeitungen und Zeitschriften, und die Verbraucher hatten kein eigenes Vehikel, um zu antworten. Es gab nur eine Handvoll Medien: 15 Fernsehsender, 10 Zeitschriften.... Das ist überhaupt nicht viel. Dann verlagerte sich die Kommunikation zu "Peer-to-Peer": Millionen von Content-Erstellern teilen sich den digitalen Raum und Marken sind mitten in diesem Gespräch. Heute bewegen wir uns in Richtung "many to many", einer Marketingkultur, in der die Konsumenten über viele Kommunikationsmittel verfügen, was für die Marken bedeutet, dass sie nach einer bestimmten Nische suchen müssen. Die Ära der Marken, die über sich selbst sprechen, ist vorbei.

In der heutigen Zeit ist das Erstellen von Kampagnen oder Anzeigen nur noch 10 Prozent von dem, was eine Marke tun muss, um auf ihre Produkte aufmerksam zu machen.

”Wir befinden und nicht mehr im Zeitalter der Intuition, wir sind jetzt im Zeitalter der Daten.”

Wie können Marken in dieser „many to many“-Welt, in der wir alle ständig mit Informationen bombardiert werden, sicherstellen, dass ihre Botschaft die richtige Nische erreicht? Ist der Influencer-Markt nicht gesättigt?

Im Gegenteil. Ich glaube, die Dinge fangen gerade erst an. Die meisten Marken sind nach wie vor an analoges Marketing gewöhnt. Einige Leute sagen, dass es in der Vergangenheit einfacher war, Marketer zu sein, aber ich persönlich finde es viel aufregender, heute zu arbeiten. Ja, das Marketing verlangte in der Vergangenheit weniger Strategie, es war offensichtlicher. Heute macht die Strategie 50 Prozent des Erfolgs einer Kampagne aus. Du kannst den größten Influencer aller Zeiten einstellen, das ist nichts ohne eine gute Strategie. Leider arbeiten die Leute immer noch auf Autopilot: Marken schauen sich den Feed eines Mädchens an und sagen: "Oh, sie ist hübsch, ihr Stil passt zu unserer Marke, lasst uns etwas mit ihr machen". Aber sie wissen nichts über das Publikum dieses Mädchens, sie haben ihre Kennzahlen nicht überprüft. Mein persönliches Profil zum Beispiel ist bei den Menschen in der Stadt Belo Horizonte, Brasilien, sehr beliebt. Ich habe keine Ahnung, warum, wenn man bedenkt, dass ich nicht dort geboren wurde und selten dorthin gehe. Aber das ist es, was mir die Daten sagen. Wenn Sie sich nur meinen Feed ansehen, werden Sie nie vermuten, dass ich jemand bin, an den Sie sich wenden können, wenn Sie die Menschen in Belo Horizonte erreichen wollen. Viele Menschen verlassen sich immer noch sehr auf Intuition, aber wir befinden uns nicht mehr im Zeitalter der Intuition, wir befinden uns im Zeitalter der Daten.

Welche anderen Anfängerfehler machen Marken normalerweise, wenn sie ihre ersten Gehversuche im Influencer-Marketing starten?

Abgesehen vom Mangel an Strategie haben viele Marken ihre Beziehung zu den Influencern noch nicht professionalisiert. Sie sehen den Blogger nicht als Profis. Aber das sind sie, es ist Arbeit. Ein großer Teil des Erfolgs von F*Hits ist darauf zurückzuführen, dass wir uns in diesem Bereich professionalisiert haben. Warum denken so viele Marken, dass sie auf einen Experten verzichten können, um Influencer-Marketing zu betreiben, wenn sie sich für so viele andere Dinge an Experten wenden? Wenn Sie eine Agentur wie F*Hits beauftragen, helfen wir Ihnen, den besten Ansatz, den kürzesten und sichersten Weg zu den Ergebnissen zu finden, die Sie erreichen wollen.

War es schwer, Marken davon zu überzeugen, zunächst mit Influencern zu arbeiten?

Extrem hart. Es war wahrscheinlich eine der schwierigsten Dinge, die ich je getan habe. Ich litt unter Vorurteilen, weil die Leute es für leichtsinnig und oberflächlich hielten, und ich hatte bereits ein konsolidiertes Unternehmen in der PR. Aber, Stück für Stück, von Fall zu Fall, haben wir eine Erfolgsgeschichte aufgebaut -- und so hat der Markt schließlich verstanden, was wir taten, sie haben die Ergebnisse in Bezug auf Umsatzwachstum und Wachstum des Markenimages gesehen. Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem Marken die Bedeutung des Influencer-Marketings verstehen, aber sie müssen trotzdem noch einsehen, dass es nicht einfach ist, sie müssen es richtig machen. Es ist eine zu gute Form der Kommunikation, um sie mit schlechten Ergebnissen zu verschwenden.

Sie sind dabei, die Master-Studenten an der Polimoda zu betreuen. Wie hat die Beziehung zwischen F*Hits und Polimoda begonnen?

Es lief ganz organisch ab. Polimodas Direktor, Danilo Venturi, rief F*Hits an und fragte, ob er ein Treffen mit mir verabreden könnte. Dieses Treffen ließ tatsächlich ein Jahr auf sich warten! Aber er kam nach Brasilien und es war unglaublich. Er ist seiner Zeit voraus, ich war sehr beeindruckt. Nach dem Treffen lud er mich ein, einen Meisterkurs an der Polimoda zu unterrichten, und am Ende verbrachte ich drei ganze Tage dort. Das waren fantastische Tage, ich war so beeindruckt von der Qualität der Lehrer, Einrichtungen und Schüler. Die Fragen und Diskussionen nach meinem Vortrag waren so interessant, dass ich sehr inspiriert nach Hause kam.

Die Einladung zum Mentor des Masters in Fashion Marketing and Communications kam kurz nachdem ich wieder in Brasilien war und ich sagte sofort ja. Ich muss jeden Monat nach Italien gehen, was sehr weit weg ist, aber ich bin begeistert. Ich glaube wirklich, dass wir hier etwas verändern können.

Alice Ferraz während ihrer Meisterklasse bei Polimoda

Was beinhaltet Ihre Rolle als Mentorin?

Ich werde zuerst mit Lehrern über Social Media sprechen, sowohl aus der Sicht der Marke als auch aus der Sicht des Influencers, sowie über die gesellschaftlichen Veränderungen, die uns an den Punkt gebracht haben, an dem wir jetzt stehen. Wir werden mit ihnen eine Social Media Immersion machen, denn Brasilien ist im Influencer-Marketing den anderen Ländern voraus.

Ist die Zusammenarbeit zwischen F*Hits und Polimoda eine langfristige oder werden Sie sich nur für das nächste Programm ab September zusammenschließen?

Die Idee ist, es die Zusammenarbeit langfristig zu gestalten. Das würde ich wirklich gerne. Ich möchte immer mehr in meine Pädagogenseite investieren und meine Plattform nutzen, um auch hochwertige, pädagogische Inhalte zu teilen.

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

Fotos: F*Hits Facebook Page und Polimoda

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