HW23: Lidewij Edelkoort entdeckt Trends in der Welt der Archäologie
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In der Welt von heute ist das Leben nicht immer angenehm. Pandemien, Krieg, Inflation – in den letzten Monaten haben sich die schlechten Nachrichten gehäuft. Wenn der niederändischen Trendforscherin Lidewij Edelkoort die Worte fehlen, taucht sie am liebsten in die Vergangenheit ein. „Dann schaue ich mir an, was die Menschheit getan hat. Wir haben eine Lebensweise entworfen, Werkzeuge erfunden, Kleidung erfunden und Webtechniken entwickelt. Der Mensch ist so erfinderisch."
Das Geschehene zeige Widerstandsfähigkeit und sei gleichzeitig eine Quelle der Schönheit, beides notwendig für das Überleben in unruhigen Zeiten, sagt die Trend-Prognostikerin während des Online-Seminars, bei dem sie die Trends für den Herbst/Winter 2023 vorstellte.
Aus diesem Grund nimmt Edelkoort die Zuschauer:innen mit in die Geschichte. Archäologie ist das Leitmotiv ihrer Präsentation, in der sich Edelkoort auf ausgegrabene Objekte, aber auch auf die Praxis des Ausgrabens selbst bezieht. Die Trends sind in verschiedene historische Perioden unterteilt, von der Steinzeit bis in die Zukunft – jede Periode repräsentiert einen anderen Aspekt von Edelkoorts Trendgeschichte. FashionUnited hat die wichtigsten Trends zusammengefasst.
Sand und Steine: erdige Töne und raue Kanten
Wer nach alten Schätzen sucht, muss sich oft erst durch Sand- und Steinschichten arbeiten. Aber man vergisst leicht, dass Sand und Steine selbst Schätze sein können. Es gibt unendlich viele Kombinationen von Farben und Strukturen in Kieselsteinen und Geröll. Außerdem kann die Erde Mineralien enthalten, die sich für die Herstellung von Pigmenten eignen, wie gelber oder roter Ocker – jene warmen Erdtöne, die bereits in prähistorischen Zeiten für Wandmalereien verwendet wurden. Diese Farbtöne werden im kommenden Herbst wieder in Mode sein, vor allem bei Strickwaren und groben Stoffen.
Das Glühen von Metall: Bronze, Eisen und Gold
Die Bronzezeit (ca. 3000 bis 800 v. Chr.) wird so genannt, weil in dieser Zeit Wege gefunden wurden, Metalle wie Bronze zu Werkzeugen, Waffen und Schmuck zu verarbeiten. Der subtile Glanz von Bronze wird im Herbst 2023 auf den Laufstegen zu sehen sein.
Auf die Bronzezeit folgte die Eisenzeit. Auch in der Mode erlebt Eisen ein Comeback, als Material und in Form von tiefen, graublauen Tönen. Ein drittes Metall, das ins Spiel kommt, ist Gold, das in historischen Kulturen weltweit eine wichtige Rolle gespielt hat. Auch dieses Material kehrt in verschiedenen Formen zurück: als goldfarbener Webfaden zum Beispiel oder in Schmuck.
Antike Skulpturen und klassische Jacken
Im Gegensatz zum harten, tiefen Glanz der Metalle steht im Herbst 2023 ein weicher, taktiler Minimalismus, den Edelkoort von antiken Skulpturen und Bildnissen der Griechen und Römer ableitet. Locker gewebte, gefaltete oder gesteppte Stoffe verweisen auf die Linien klassischer Statuen und Säulen.
Edelkoort bezieht sich speziell auf die Art von Skulpturen, die zwischen 4000 und 1000 v. Chr. auf den Kykladen, einer griechischen Inselgruppe, entstanden. Es handelt sich um stilisierte Skulpturen menschlicher Figuren, die sowohl kühl als auch freundlich wirken. In der Mode tauchen ihre abstrakten Formen als sorgfältig geschnittene Kleidungsstücke in hellem Weiß oder warmem Grau auf.
Vor allem die Jacke wird in diesem Herbst ein beliebtes Stück sein, prognostiziert Edelkoort. Keine steife Jacke, die für das Büro gedacht ist, sondern eine bequeme, die einem das Gefühl gibt, sich der Welt stellen zu können.
Pigmente aus Pflanzen und Tieren
Zusätzlich zu den satten Erd- und Metalltönen führt Edelkoort auch Farbkarten und Designs an, die auf Pigmenten von Pflanzen und Tieren basieren. Designer:innen wie Ilfa Siebenhaar und Laura Luchtman experimentieren bereits mit der Verwendung von Bakterien zum Färben von Kleidung.
In die Zukunft: Mode aus dem Metaversum
Am Ende ihrer Präsentation schleudert Edelkoort die Betrachter:innen in die Zukunft: eine Zukunft in Neonfarben, die ausnahmsweise nicht als kantige, geometrische Flächen und Linien dargestellt werden, sondern in freien Kombinationen und Zeichnungen. Leuchtende Farben, verspielte Formen und optische Täuschungen dringen aus dem Metaverse in die Mode ein, einer virtuellen Welt, in der – so hofft Edelkoort – aktiv mit Mode experimentiert wird.
Dieser übersetzte und bearbeitete Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl. Übersetzung und Bearbeitung: Karenita Haalck