Überschwänglich, romantisch und gelassen: Die bunte Welt der Bademode für SS25

„2025... Ich weiß nicht, was los ist", lautete der entwaffnende Einstieg in ein Trendseminar des Trendforschers David Shah. Trotz der derzeitigen Unsicherheiten hat er allerdings wertvolle Einblicke in die Trends der Bademode und Unterwäsche für Frühjahr/Sommer 2025.

In einem annähernd zwei Stunden langen Trendseminar auf der Mare Di Moda, eine Messe für Stretch-Stoffe in Cannes, präsentierte Shah seine Prognosen für die Bademode der Zukunft, wobei er sowohl soziale Parameter, die Popkultur, verschiedene Designelemente und Laufstegströmungen berücksichtigte – und das alles mit einer gewaltigen Prise Humor, Witz und Selbstironie. FashionUnited hat die fünf von dem Trendexperten auserkorenen übergreifenden Themen für Frühjahr/Sommer 2025 und die ihnen zugrundeliegenden Inspirationen für Sie zusammengefasst.

Exuberant: Die überschwängliche Welt der Bademode

„Bademode ist nicht mehr zum Schwimmen da“, mit diesen auf den ersten Blick konträren Worten führt Shah in das erste Trendthema des Vortrages ein. Das Thema trägt den Namen Exuberant und der überschwängliche Name ist auch optisch Programm, denn die hierzu gehörende Badebekleidung ist für Partys, für Festivals, für Cocktails und für den Pool gedacht, so der Experte. Die erste und zugleich komplizierteste Trendströmung für SS25, wie Shah sie betitelt, ist glamourös, sexy und zeichnet sich vor allem durch für Swimwear unerwartete Stoffe, extravagante Designelemente und fluoreszierende, laute Farben aus, die der Experte als “gestaltwandelnde Hyperfarben” bezeichnet.

Verwendet werden die “herrlich eskapistischen und optimistischen" Farben in Stücken mit transparenten Schichten, Rüschen, Volants und Applikationen, um die Optik von “Starallüren” zu erzielen, so Shah. Dabei dürfen auch Pailletten, Lurex und ein Hauch von Couture nicht fehlen, denn bei diesem Trend geht es vor allem darum, an eine vergangene, glamourösere Zeit zu erinnern und diese in einer neuen Hyperrealität hervorzuheben. „Es kann schwer fallen, doch man muss offen sein für ein bisschen Glamour und Glanz, selbst in diesen schwierigen Zeiten – vor allem, wenn es um Accessoires geht.“

Conscious: Badebekleidung wird ins Bewusstsein gerückt

Während fröhliche, hyperrealistische, leuchtende Farben zuvor im Fokus standen, setzte der Conscious-Trend auf eine gedeckte Farbpalette, die sich an die Verfügbarkeit von Ressourcen anpasst. Die Strömung greift den derzeitigen Fokus der Branche auf Nachhaltigkeit auf und wandelt diese in Farben und Texturen um.

Upcycling und Recycling ist im Bademodesektor noch längst nicht so weit verbreitet wie in anderen Teilen der Bekleidungsbranche, doch ausgewaschene Délavé- und Threadbare-Effekte sind nun auch in der Bademode angekommen, ebenso wie Off-Cut-Effekte die bislang meist der Denim-Industrie vorbehalten waren. Selbstverständlich handelt es sich hierbei um Trends, die am ehesten in kleinen Produktionsstätten und Studios umsetzbar sind, und nicht bei großen Produktionen, jedoch sagt es einiges über das zugrunde liegende Gefühl von Nostalgie und den Wunsch nach Handarbeit aus, so Shah.

At Ease: Gelassenheit trifft auf Romantik und Denim

Shah zufolge suchen die Menschen derzeit vor allem drei Dinge: Komfort, Gelassenheit und Romantik – und der Trend “At Ease” erfüllt alle drei Bedürfnisse. Die sanfte und neutrale Farbpalette mit ihren beige, grau, taupe und babyblautönen bietet ein Gefühl von Schutz, Komfort und Selbstermächtigung, doch was genau macht ein kräftiges Rot inmitten dieser Farben? Nun, zunächst einmal, weil Shah einen Knall will, wie er während seiner Präsentation scherzte, aber vor allem, weil die Romantik wieder im Geschäft ist. Das Rot, sowie kleine aber feine Details wie unerwartete Cut-Outs, subtile Verzierungen und Form, die der Funktion folgen, machen den auf den ersten Blick minimalistischen Trend zu etwas Besonderem. „Bei diesem Trend geht es um die subtilen Dinge, wie zum Beispiel ein bisschen Rüschen und Details an Stellen, an denen man sie nicht erwartet, und all die Schnürungen, die ein bisschen länger sind. Es geht um Basics mit einem Twist und dazu kommt Inklusion, allerdings mit einer technischen Komponente.“

Dazu trägt auch einen Denim-Optik bei, daher auch das Blau in der Palette, denn Denim könnte Shah zufolge für Frühjahr/Sommer 2025 auch in der Bademode eine Rolle spielen. „Vor Denim gibt es kein Entkommen, also sage ich nicht, dass man Denim-Stoffe verwendet, aber das ganze Konzept von Denim-Jersey, Denim-Strick, Indigo, all diese Dinge werden sehr, sehr wichtig“, erklärt der Experte.

Magical: Zwischen Natur und Provokation

Auch wenn Moos zunächst nicht wie das modischste aller Naturphänomene wirkt, gilt das grüne Pflanze als eine der größten Inspirationen hinter Shahs vierter Trendstörmung namens Magical. „Jeder steht auf Moos. Und wer kein Moos sammelt, der wird spirituell“, so der Trendforscher, der mit diesen Worten die Grundbausteine für diesen Trend und seine von der Natur inspirierte Farbpalette legt. Die Farbigkeit erinnert an die Vielfalt eines Waldbodens, von Brauntönen über Khaki und verschiedene Grünschattierungen hin zu dunklen Violetttönen, während Materialien häufig aus regenerativen Fasern wie Myzel, Hanf und Bast stammen.

Gemischt wird diese naturverbundene Palette mit einer Prise Gotik, Schamanismus und Fetischismus. Besonderer Wert wird hierbei auf Verwendung von Spitze, gerne auch in Form von Layering, Chiffon und einer Hommage an die sogenannten Mini-Crinis von Vivienne Westwood gelegt. Blumen und Farben werden zudem nicht als solche verwendet, sondern erinnern an einen Geist ihrer selbst, leicht verblasst oder "blutend" beziehungsweise “auslaufend”.

Transformed: 90s-Energie trifft auf KI

Heutzutage wäre kein Trendseminar vollkommen ohne, dass dabei auf Technologien und auf Künstliche Intelligenz eingegangen wird. Shahs fünfter und letzter Trend, Transformed, ist ein bunter, an Raves der 90er-Jahre erinnernder und zunehmenden digitaler Trend, denn “das Produkt kann langweilig sein, aber wenn man es auf eine KI-generative Art und Weise präsentiert, dann wird es sexy”, so der Experte. Farblich erinnert diese Palette an einen digitale Störung, ein “glitch” im System. Sie sind jugendlich, diffus und raffiniert, aber vor allem spielerisch – und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Welt des Gamings spielt für diesen Trend eine tragende Rolle.

„Es ist fröhlich, es ist verspielt, es ist aufregend, es ist individuell, es ist wirklich KI-generiert, es ist 3D-gedruckt“, leitet Shah in den fünften Trend ein und präsentiert leuchtende, gummi-artige und exzentrische Stofflichkeiten, die für Bademode neu gedacht und umfunktioniert werden könnten. Dabei ist mehr ausnahmsweise mehr, mit Inspirationen, die von Mangas, Cartoons, wilden Fantasien und dem Streetstyle des aus Tokio stammenden Harajuku-Styles abgeleitet werden.

„Ich weiß, es sieht verrückt aus, aber man muss sich darüber im Klaren sein, dass dies etwas ist, was die Verbraucher:innen, und vor allem die jungen Verbaucher:innen, wollen,” so Shah als er das Vielfältige und Bunte Meer aus Farben und Texturen vorstellt, bevor er seine Präsentation mit einem Smiley-verzierten Badeanzug für Kinder und den Worten „Lasst uns zu den alten Zeiten der Smileys zurückkehren” und einem breiten lächeln beendet.

FashionUnited wurde eingeladen, Mare Di Moda in Cannes zu besuchen.