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Von Aufwertung bis Dekonstruktion: Vier Trends für FW25

Von Susan Zijp

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Mode

Trendfoscherin Christine Boland teilt hier vier Trendprognosen mit. Bild: Balenciaga FW24, Stella Mccartney FW24, Botter FW24

Die Trendforscherin Christine Boland teilt nicht nur Modetrends mit, sie erklärt auch, woher sie kommen. Es ist eine verrückte Zeit. Die Erde erwärmt sich immer mehr, die Grundversorgung wird knapp, die Politik wird immer extremer. In diesen herausfordernden Zeiten ist „Imagineering“ umso wichtiger, so Boland.

Ein Begriff, den die Trendexpertin selbst prägte. Er bedeutet, dass trotz des Mangels in der Welt die Vorstellungskraft eine unerschöpfliche Ressource ist, um kreative Lösungen zu finden. Er ist sowohl ein Verb als auch eine utopische Vorhersage. Und bietet der Trendforscherin zufolge eine gute Chance für Designer:innen, Einkäufer:innen, Einzelhändler:innen, Markenmanager:innen und Vermarkter:innen.

Auf der Grundlage ihrer eigenen Recherchen stellt Boland vier Schlüsseltrends rund um das Thema „Imagineering“ für den Winter 2025-2026 vor. Ihre messerscharfe Analyse zeigt, dass Fantasie in der heutigen Zeit extrem wichtig ist. Hier sind also die Trendvorhersagen der Expertin.

Klassiker in neuem Gewand: „Reformulate the classics”

Bei Bolands erster Trendprognose „Reformulate the classics“ dreht sich alles um Klassiker. In Zeiten von Überproduktion und Innovationsmüdigkeit, so Boland, werde der vorhandenen Mode die Hand gereicht. Anstatt zu versuchen, das Rad der Mode völlig neu zu erfinden, werde die Hand nach „Symbolen der Freiheit“ ausgestreckt, sagt sie. Man denke an XL-Taschen, in die alles passt, was man auf Reisen braucht, unabhängig vom Reiseziel, an zeitlosen Komfort und maßgeschneiderten Essentialismus.

Die Trendforscherin sieht in diesem Trend auch einen starken Bezug zur Sportbekleidung. Zum Beispiel Kleidung aus dehnbarem Stoff oder der „Tenniscore“-Trend, der aus funktionellen Sportröcken besteht, die Bewegungsfreiheit bieten. Die Farben, die mit diesem Trend assoziiert werden, sind Rot, Weiß und Blau.

Tenniscore bei Miu Miu SS22, Ferragamo SS23, Casablanca FW24. Bild: Warner Bros

Aufwertung des Urwissens: „Revalue ancient intelligence“

Die Farben des Sports sind nicht die einzigen wichtigen Farben. „Die Farbpalette der Natur wird mehr geschätzt, denken Sie etwa an erdige Farben wie Braun, Gelb, Orange, Rot, Beige, aber auch warme Naturtöne wie Terrakotta“, so Boland, vor allem in Anbetracht der globalen Erwärmung. Die Trendexpertin zeigt Bilder von Vulkanen, trockenen Wüsten und ungewöhnlichen Farbkombinationen - wie Blau und dunkles Lila -, die alle an der Erdoberfläche zu finden sind.

Und damit kommt sie zur nächsten Trendprognose: die Aufwertung des Urwissens. Kurz gesagt: die Wertschätzung dessen, was die Erde ist. Mit ein wenig Einfühlungsvermögen kann man sich von der Natur inspirieren lassen. Man denke etwa an die haarigen Schuppen von Insekten, die viele Fransen in den Kollektionen inspiriert haben. „Tierisch inspirierte Haare sind die neuen Fransen“, meint Boland.

Bild: Stella Mccartney F24

Man denke aber auch an die Formen und Farben eines Flusses oder Meeres. Und hier wird es noch düsterer: die Ölpest, die Farbkombinationen von Schwarz, Braun und die Verwendung von glänzendem Material wie Lack in der Kollektion der Modemarke Mowalola inspirierte.

Bild: Mowalola Ogunlesi (Mowalola) F23
Bild: Botter F24

Zusammenleben mit Technologie: „Reimagine sci-fi“

Fragen zu Mensch und Technik werden immer wichtiger. Wie gehen Menschen mit Technik um? Aber auch, wie kann Technologie genutzt werden, um zum Beispiel sauberes Trinkwasser zu fördern? Zum Trend „Reimagine sci-fi“ erklärt Boland, dass moderne Science-Fiction-Filme inzwischen Realität geworden seien. Der Mensch lebt zunehmend in Computernähe.

Dies spiegelt sich in den Modekollektionen durch den Einsatz von „phygitaler“ Mode wider. Man denke nur an den Tabi-Schuh von Maison Margiela in Zusammenarbeit mit The Fabricant im März 2024. Ein weiteres Beispiel: die jüngste Modenschau von Louis Vuitton, die vom „Weltraumzeitalter“ inspiriert war. Die mit diesem Trend verbundenen Farben sind „Alien-Farben“, wie Boland sie nennt, und zwar Neongrün, Neongelb, dezente Blautöne, Silber, Metallic und sanfte, von Wolken inspirierte Farben.

Bild: Balenciaga FW24

Was auch immer wichtiger wird: Mode, die sich am Konzept des „barely there“ orientiert. Technologische Aspekte wie die Wi-Fi-Verbindung werden oft als transparent angesehen; man denke an Begriffe wie „Airdrop“ oder Google „Cloud“. Es handelt sich um eine „drahtlose Verbindung“, und doch ist sie da, mit Kabeln und allem drum und dran.

Dieser Widerspruch spiegelt sich auch in der Mode wider. Man denke an sehr leichte, transparente Stoffe und im Gegensatz dazu an schwere Materialien wie Kunstleder. Aber auch Farben, die fast holografisch sind und an die Schatten des Lichts oder an die Farben eines Computerbildschirms erinnern. Als Beispiel nennt Boland den Röntgen-Trainingsanzug von Adidas, der mit einem Röntgenbild bedruckt ist. Kurzum: Die Koexistenz mit der Technologie ist ein Spiel zwischen Opazität und Transparenz.

Bild: Louis Vuitton F24

Dekonstruktion und Vorstellungskraft: „Confusing fantasy & realism“

„Wir leben in Zeiten, in denen das Virtuelle zum Leben erwacht und das Physische immersiv wird“, erklärt Boland. Die Trendforscherin nennt als Beispiel die Show von Maison Margiela, in der Models wie lebensechte Puppen geschminkt waren. „Da ist etwas Verfremdendes im Gange“, stellt sie wiederholt fest. Dies unterstreicht den Trend, den sie für Winter 2025-2026 vorhersagt: die „Verwechslung von Fantasie und Realismus“.

Dies spiegelt sich in erstaunlichen Kollektionen wider, bei denen man sich fragt: „Was sehe ich da eigentlich?“. Sie sind gruselig, spielen mit Materialien, platzieren Schleifen an einer anderen Stelle als gewohnt und sind der Asymmetrie nicht abgeneigt. Der Trend „Dekonstruktion“, wie er in der neuesten Kollektion von Dries van Noten zu sehen ist, ist ein typisches Beispiel dafür.

Er kann verfremdet werden, weil die Realität es ist. Er kann auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt werden, weil es befriedigend ist, sich Dinge zu eigen zu machen. Er kann übertrieben und menschlich sein. Mit ein wenig Fantasie für den Winter 2025-2026 lässt sich etwas, das auf den ersten Blick festzustehen scheint, plötzlich leicht verändern. Das ist es, wofür „Imagineering“ steht. Nicht Regeln befolgen, sondern sich neu vorstellen, was man tun würde, wenn es keine Regeln gäbe.

Bild: Dries van Noten F24
Credits: Maison Margiela.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.nl. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.

Christine Boland
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