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Wie die Schweizer Marke Qwstion die Welt mit Bananenfasern retten will

Von Huw Hughes

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Mode|INTERVIEW

Wenn es um das Thema Nachhaltigkeit in der Modeindustrie geht, besteht das Problem nicht nur darin, dass Kleidung in nicht nachhaltigen Mengen produziert wird, sondern auch, dass synthetische Fasern wie Polyester verwendet werden, die der Umwelt enormen Schaden zufügen. Glücklicherweise entwickeln innovative Marken auf der ganzen Welt neue Materialien, um die negativen Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren.

Die Schweizer Marke Qwstion ist eine von ihnen. Das 2008 gegründete Label mit Sitz in Zürich stellt hochwertige Taschen und Accessoires aus Bananatex her, einem eigens entwickelten Stoff, der aus Pflanzen des Bananenbaums hergestellt wird.

Der Stoff ist auf den Philippinen unter dem Namen "Bananenhanf" oder "Abacá" bekannt und wird dort angebaut, bevor er zu einer brauchbaren Alternative zu synthetischen Stoffen verarbeitet wird. Innovative alternative Fasern wie diese sind derzeit ein großes Gesprächsthema bei den Bemühungen um eine saubere Modeindustrie.

Einst wurde Polyester als Wunderfaser angepriesen, weil das Material billig herzustellen, langlebig und leicht war. Heute ist es das vorherrschende Material in der Bekleidungsproduktion. Doch in den letzten Jahren ist es aufgrund der Freisetzung von Mikrofasern in die Kritik geraten. Laut eines Berichts der International Union for Conservation of Nature (IUCN) aus dem Jahr 2017 stammen schätzungsweise 35 Prozent des gesamten Mikroplastiks im Meer aus synthetischen Textilien wie Polyester, die tief in das Herz der Fast-Fashion-Industrie eingewoben sind.

FashionUnited sprach mit Qwstion-Mitbegründer und Kreativdirektor Christian Kaegi über die Entstehung von Bananatex, die Entscheidung, den Stoff als Open Source allen zugänglich zu machen, und den Preis für nachhaltige Mode.

Die Fakten

Gegründet: 2008
Gründer: Christian Kaegi. Matthias Graf, Hannes Schoenegger, Sebastian Kruit, Fabrice Aeberhard
CEO: Hannes Schoenegger
Firmengröße: 25 Mitarbeiter
Eigene Filialstandorte: Zürich, Lausanne, Basel, Wien
Anzahl der Länder, in denen es verkauft wird: 45
Wichtigste Handelspartner: L'exception Paris, Chic Cham Lausanne, Ecolabo online, Conran London, Darial Barcelona, Baerck Berlin, Manufactum, Ooid Basel, Globus

Welche Stoffe haben Sie vor Bananatex verwendet?

Zunächst haben wir Baumwolle verwendet – nicht biologische, normale Baumwolle. Das war im Grunde das Einzige, was wir finden konnten, als wir anfingen, das die Leistung hatte, die wir für die Verwendung in Taschen suchten. Der nächste große Schritt war dann, unseren eigenen GOTS-zertifizierten Bio-Baumwollstoff zu entwickeln. Wir verwenden ihn noch heute in einigen unserer Kollektionen – er kommt aus der Türkei und wird in Hongkong verarbeitet.

Bevor wir uns für Baumwolle entschieden, haben wir auch Tests mit anderen Materialien wie Bambus, Hanf und Leinen durchgeführt. Das waren alles Naturfasern mit einer gewissen Festigkeit, die wir für unsere Taschen brauchen, aber wir sind bei der Entwicklung dieser Stoffe nie zu einem zufriedenstellenden Ergebnis gekommen.

Welche Probleme gab es?

Es war einfach schwierig, eine zuverlässige Bezugsquelle für alternative Fasern zu finden. Wir haben zum Beispiel überlegt, Brennnessel zu verwenden, die historisch gesehen für starke Rucksäcke sehr verbreitet war und von der Schweizer Armee etwa in den 1920er- und 30er-Jahren verwendet wurde. Damals gab es einen zuverlässigen Anbau dieser Faser, aber das ist heute nicht mehr der Fall.

Mit Hanf haben wir es geschafft, eine Quelle in Europa zu finden. Wir hatten das Ziel, die gesamte Lieferkette in einem sehr engen geografischen Gebiet um die Schweiz herum zu haben, aber auch dort gab es Probleme. Wir fanden eine Bezugsquelle für Hanf in Belgien, für das Spinnen fanden wir einen Partner in Norditalien und schließlich findet das Weben auf speziell modifizierten Webstühlen in der Schweiz statt. Aber dieser ganze Prozess bedeutete eine Gesamttransportstrecke von rund 4.000 Kilometern innerhalb Europas.

Wir erkannten, dass diese Vorgehensweise am Ende einen größeren ökologischen Fußabdruck hatte, verglichen mit dem, was wir in Asien erreichen konnten, was letztendlich ausschlaggebend für unsere Entscheidung war, die Region stärker zu erkunden – wo wir schließlich auf die Bananenfaser stießen.

Wie kam es zu Bananatex?

Wir haben mit den asiatischen Partnern, mit denen wir bereits bei der Bio-Baumwolle zusammenarbeiteten, viel über Hanf recherchiert, und sie erwähnten, dass sie eine Spinnerei kannten, die gerade erst gegründet worden war und Bananenfasern verwendete. Sie befanden sich in einer sehr frühen Experimentierphase, so dass wir zu einem wirklich guten Zeitpunkt dazu kamen und sie gemeinsam entwickeln konnten. Das führte zu einer dreijährigen Experimentierphase, bis wir das Textil erreichten, mit dem wir wirklich zufrieden waren: Bananatex.

Wie groß ist der Anteil von Bananatex in Ihrer Produktpalette?

Ich würde sagen, dass Bananatex jetzt gerade dabei ist, unsere anderen Materialien abzulösen. Sobald wir wussten, dass Bananatex die gewünschte Leistung erbringt und alle Nachhaltigkeitskriterien erfüllt, beschlossen wir, es so schnell wie möglich im gesamten Sortiment einzusetzen. Wenn man sich anschaut, was wir in den letzten zwei Jahren produziert haben, dann waren es etwa 80 Prozent Bananatex. Wir erwarten, dass in den nächsten drei Jahren fast alle unsere Produkte aus Bananatex hergestellt werden.

Wie verhält sich der Preis im Vergleich zu anderen Stoffen?

Bananatex kostet rund 27 US-Dollar pro Meter – es ist also massiv teurer, wenn man es mit Polyestern, Nylons oder Cordura vergleicht, die im Bereich von etwa drei bis vier US-Dollar pro Meter liegen. Unsere Bio-Baumwolle liegt bei etwa neun US-Dollar pro Meter, um das mal ins Verhältnis zu setzen.

Wie haben Sie es dann geschafft, die Preispunkte nicht wesentlich zu verändern?

So etwas Teures zu verwenden, hat uns dazu gezwungen, alles über das Design unserer Taschen zu überdenken. Die Markteinführung von Bananatex war eine Minimal-Kollektion, und da ging es wirklich darum, die Anzahl der Schnitteile zu minimieren, um den Preis zu kompensieren, damit wir am Ende einen Preispunkt erreichen konnten, der immer noch haltbar ist. Unsere Preise sind leicht gestiegen, aber ich würde sagen, das ist letztlich der Preis für Nachhaltigkeit.

Wie sieht es mit der Haltbarkeit im Vergleich zu anderen Produkten auf Kunststoffbasis aus?

Wenn man sich den Martindale-Abriebtest [eine Einheit zur Quantifizierung der Abriebfestigkeit von Textilien] anschaut, dann sind wir auf einem Niveau von etwa 30.000, was im Vergleich zu dünneren Versionen von Cordura liegt. Schwerere Versionen von Cordura können über 100.000 erreichen. Aber ich denke, es ist wichtig, die "Angemessenheit" von Materialien wirklich zu berücksichtigen. Das ist ein Kriterium, bei dem Hochleistungsmaterialien auf Kunststoffbasis immens weit gehen – man könnte eine Tonne an Gewicht in seinem Rucksack tragen, aber wer braucht das wirklich? Beim Design haben wir auf die Angemessenheit geachtet und darüber nachgedacht, wie viel Leistung jemand für den vorgesehenen Zweck wirklich braucht. Das war unser Fokus.

Und die Taschen sind biologisch abbaubar?

Ja. Ab Ende 2020 haben wir unsere Nylonfäden gegen Tencel-Fäden ausgetauscht. Sobald Sie also den YKK-Reißverschluss und die Metallhaken entfernt haben, die beide recycelt werden können, können Sie die Tasche buchstäblich einfach auf den Kompost legen. Wir haben es selbst getestet und nach etwa sechs Monaten ist sie weg. Die Idee für uns war wirklich, ein Produkt zu machen, das von Pflanzen kommt und schließlich zu den Pflanzen und der Natur zurückkehren kann.

Sie sagen, Sie entwickeln und beziehen fast alle Materialien direkt. Welche verwenden Sie im Moment nicht?

Wir verwenden immer noch Leder in einigen unserer Produkte. Wir wissen, dass es viele vegane Alternativen gibt, aber die meisten von ihnen beinhalten derzeit Kunststoffe und bieten nicht die gleiche Haltbarkeit, nach der wir suchen. Wir haben auch schon mit Materialien auf Pilzbasis experimentiert, aber auch hier haben wir nicht die gleiche Qualität erreicht. Wir wissen, dass Leder sehr umstritten ist, aber das Rindsleder, das wir verwenden, ist das Nebenprodukt anderer Industrien, also haben wir uns entschieden, es weiterhin zu verwenden.

Warum haben Sie sich entschieden, Bananatex als Open Source zu veröffentlichen?

Die Entscheidung kam für uns ganz natürlich, weil wir eine Veränderung in dieser Welt und in dieser Industrie bewirken wollten, die so exzessiv in Produktion und Verschwendung ist. Sobald wir sahen, dass Bananatex eine brauchbare Alternative zu plastikbasierten Stoffen bieten könnte, wussten wir, dass wir einen großen Impact haben könnten, wenn wir es mit anderen teilen würden, anstatt es exklusiv für unser eigenes Sortiment zu behalten.

Wie viel Interesse haben Sie bisher generiert und woher kommt es?

Die Resonanz ist unglaublich – seit der Einführung vor etwa zwei Jahren haben wir Tausende von Anfragen erhalten. Wir können zwar keine Namen nennen, weil sie sich alle noch in der Prototypenphase befinden, aber wir haben Interesse aus allen Bereichen bekommen, darunter einige große Sportbekleidungsunternehmen und Luxusmarken, auch Schmuck- und Uhrenmarken. Wir haben auch Interesse von Outdoor-Marken gesehen, aber in einem geringeren Ausmaß, vielleicht weil die Outdoor-Branche sehr leistungs- und preisorientiert ist. Wir haben auch Interesse aus anderen Sektoren wie der Möbel- und Automobilindustrie festgestellt.

Wann können wir erwarten, dass andere Marken Bananatex verwenden?

Mit einer Ankündigung einer namhaften Modemarke können Sie im ersten Quartal des Jahres rechnen.

Wie sieht die Zukunft für Bananatex aus?

Wir wollen unsere Transparenz weiter verbessern. Im Moment arbeiten wir mit Lieferanten, so dass wir eine Mittelsperson zwischen uns und den Bauern der Bananenpflanzen haben. Etwa 400 Mikrofarmen bauen die Bananenfaser an und bringen sie ins Lager. Im Moment arbeiten wir mit unseren Partnern daran, eine komplett transparente Lieferkette aufzubauen, bei der wir tatsächlich genau wissen, welcher Bauer welche Faser herstellt.

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

Bild: Qwstion

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