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Wie wird eine Modemarke nachhaltiger? Supplycompass vermittelt Lieferanten

Von Marjorie van Elven

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Mode |INTERVIEW

Supplycompass ist einerseits ein geprüftes Herstellernetzwerk, andererseits ein Produktionsmanagement-Tool , das kleinen und mittleren Mode-, Accessoire- und Innenausstattungsmarken helfen will, verantwortungsvoll produzierte Produkte im Ausland herzustellen. Das Unternehmen verbindet rund 40 Marken mit einer ausgewählten Gruppe von Lieferanten und Herstellern, die mit nachhaltigen Materialien arbeiten - die meisten davon in Indien und Portugal, aber auch Unternehmen aus Nepal, Sri Lanka und Spanien sind Teil des Netzwerks.

Das Unternehmen hat seinen Sitz sowohl in Großbritannien, wo die Mitbegründer Flora Davidson und Gus Bartholomew herkommen, als auch in Indien, wohin sie 2016 für zwei Jahre umzogen, um mit dem Aufbau ihres geprüften Lieferantennetzwerks zu beginnen.

Supplycompass wurde 2016 gegründet und will Marken helfen, die Zeit vom Design bis zur Auslieferung um die Hälfte zu verkürzen und dabei bis zu 45 Prozent der Produktionskosten einzusparen. Seit der Gründung des Unternehmens wurden über eine Million Produkte mit Hilfe dieser Vermittlungsplattform hergestellt. Zu ihren Kunden gehören unter anderem die Marken Morville Beachwear, Hip & Healthy und Ethcs.

"80 Prozent der Marken, mit denen wir zusammenarbeiten, sind mit dem Hauptziel zu uns gekommen, nachhaltiger zu entwerfen, zu beschaffen und zu produzieren", sagte Davidson gegenüber FashionUnited während eines Telefonats, in dem über die Mission, das Geschäftsmodell und die Zukunftspläne des Unternehmens gesprochen wurde.

Wie habt ihr euch kennengelernt und wie wurde das Unternehmen gegründet?

Wir haben uns an der Universität von Bristol getroffen. Gus studierte Ingenieurwesen und ich studierte Französisch. Wir schlugen danach verschiedene Wege ein, aber vor etwa drei Jahren beschlossen wir, zusammen Supplycompass zu gründen. Ich arbeitete als Beraterin für Innovationen in der Mode und forschte für viele große Kunden wie L'Oréal, Stella McCartney und Adidas. Meine Aufgabe war es, Produkte nach den Bedürfnissen der Kunden zu entwerfen. Die Arbeit mit diesen großen Marken hat mir gezeigt, dass ich viel mehr daran interessiert war, wie Dinge gemacht werden, als wie man Dinge verkauft.

Im Jahr 2016 entschied ich mich, meine eigene Marke Badger Badger zu gründen, und ich baute mein Lieferantennetzwerk in Indien auf. In Indien hatte Gus bereits begonnen, die Idee von Supplycompass zu entwickeln, und ich schloss mich ihm an. Wir konnten nicht verstehen, warum der Prozess der Suche nach einer Fabrik und der Herstellung von Produkten so schwierig war. Er wollte eine Lösung für kleine und mittlere Unternehmen entwickeln.

Zuerst dachten wir, wir wären eher ein Marktplatz, der hilft, Marken und Fabriken zusammenzubringen. Wir verbrachten zwei Jahre in Indien, lebten in Mumbai, besuchten über 200 Fabriken und stellten ihnen Fragen. So lernten wir, dass die Probleme, die wir sahen, nicht nur für Marken existierten. Niemand fragt die Fabriken wirklich, “hey, wie geht es euch, Leute? Wenn ihr den Prozess verbessern könntet, was würdet ihr tun?". Deshalb haben wir Beziehungen zu Fabriken aufgebaut, die aufgeschlossen und auf unsere Werte ausgerichtet waren. Wir haben gezielt nach Fabriken mit 15-500 Mitarbeitern gesucht.

Ursprünglich waren wir nur ein Agent, ohne Plattform, aber dann haben wir Investitionen getätigt und eine Plattform aufgebaut und so sind wir dort angekommen, wo wir heute sind: Wir sind ein Marktplatz und Werkzeug zur Automatisierung der Produktion. Aber wir sind erst drei Jahre dabei, also haben wir noch nicht alles erreicht, was wir erreichen wollen.

Warum Indien?

Wir wollten ein Land wählen, in dem Fabriken nahe an den Rohstoffen sind. Wir brauchten auch eine gewisse Flexibilität bei den Bestellmengen, da wir derzeit hauptsächlich mit kleinen und mittleren Unternehmen zusammenarbeiten. Also brauchen wir Fabriken, die in der Lage sind, auf 200-300 Stück pro Modell zu reduzieren. Nicht zuletzt brauchten wir auch wettbewerbsfähige Preispunkte. Wir haben uns auch Europa angesehen, aber das Potenzial für digitale Disruption ist außerhalb Europas viel größer.

Warum habt ihr euch entschieden, mit Mode, Accessoires und Wohnen zu arbeiten?

Wir waren zu Beginn unserer Tätigkeit überwiegend modisch orientiert, aber es gab immer wieder Anfragen unserer bestehenden Kunden für diese anderen Lifestyle-Bereiche. Wenn Modemarken expandieren wollen, expandieren sie meist in die Kategorien Accessoires und Wohnen. Wir helfen Marken, die expandieren wollen, aber nicht die Zeit, das Geld und die Ressourcen haben, um Fabriken zu finden. Wir machen keine Schuhe, weil das ein ganz anderes Geschäft ist und man ein anderes Können braucht, aber wir wollen künftig in der Lage sein, alle Bedürfnisse einer Marke zu befriedigen.

Wie nähert sich Supplycompass neuen Marken?

Zuerst haben wir uns auf unser Netzwerk, Mundpropaganda und die Kaltakquise potenzieller Kunden verlassen. Da wir nun genau wissen, wer unser Zielkunde ist, bemühen wir uns, anders zu agieren als herkömmliche Sourcing-Agenten. Wir versenden zum Beispiel Kartons per Post mit einer handschriftlichen Notiz und einem Muster einer Fabrik. Das funktioniert bei uns wirklich gut. In den letzten sechs Monaten haben wir mehr in digitales Marketing investiert, damit potenzielle Kunden uns über Suchmaschinen finden können.

Was macht die Plattform von Supplycompass anders? Warum sollte eine Marke zu euch wechseln?

Es gibt nur sehr wenige Lösungen, die speziell für Mode-, Accessoire- und Interieurmarken entwickelt wurden, um Struktur und Standardisierung in den Beschaffungsprozess zu bringen. Was wir tun, ist ein Ausgangspunkt, wir bauen die Supplycompass Art der Zusammenarbeit auf. Was wirklich Probleme bei der Beschaffung verursacht, ist das Tech-Paket. Wir haben uns Tausende von verschiedenen Tech-Packs verschiedener Marken angesehen und niemand hatte ein perfektes. Niemand hatte alle Informationen. Marken können ihre Designs auf unsere Plattform hochladen und an die Fabrik senden, aber sie werden nur dann übermittelt, wenn alle Felder korrekt ausgefüllt sind. Auf diese Weise können die Fabriken eine viel bessere Probe erstellen, die den Anforderungen entspricht. Normalerweise läuft es so, dass Marken Skizzen mit ein paar Maßen einreichen, und die Fabriken dann sagen: "Das ist nicht das, wonach ich gefragt habe" . Bei dieser Art der Kommunikation gibt es so viel Raum für Mehrdeutigkeiten! Wir wollen die Fehlinterpretation von Dingen reduzieren und helfen, eine klare Kommunikation aufzubauen.

Supplycompass sagt auf Website, dass es die Mission des Unternehmens sei, "die transparentesten und zuverlässigsten Lieferketten der Welt" zu schaffen. Welche Art von Informationen sind über die Hersteller verfügbar und wie werden diese Informationen gesammelt und verifiziert?

Jede Fabrik, mit der wir zusammenarbeiten, hat ein Profil, sodass wir Marken mit der bestmöglichen zu ihnen passenden Fabrik zusammenbringen können. In diesem Profil findet sich eine Mischung aus Informationen über die Fabrik und eigenen Beobachtungen, begleitet von Fotos des Supplycompass-Teams. Um eine Fabrik aufzunehmen, müssen wir sie besuchen und ihre Standards überprüfen. Wir bitten um Kopien ihrer Zertifizierungen, um sicherzustellen, dass sie auf dem neuesten Stand sind. Wenn wir sehen, dass eine Zertifizierung abgelaufen ist, wenden wir uns an das Werk, um zu fragen, ob es beabsichtigt, sie zu verlängern oder nicht. Sie können auch die Marken sehen, mit denen sie gearbeitet haben, und Produktfotos, damit Marken sicherstellen können, dass die Fabrik die Produkte herstellen kann, die sie benötigt.

Eine Ihrer Pressemitteilungen sagt, dass Supplycompass Unternehmen inspirieren möchte, "nachhaltige Praktiken in ihr Unternehmen einzubetten". Wir sehen jedoch nicht den gleichen Satz auf Ihrer Website. Was tut Supplycompass, um dieses Ziel zu erreichen?

Wir haben die Entscheidung getroffen, uns nicht als nachhaltiges Unternehmen zu vermarkten, weil wir der Meinung sind, dass nachhaltige und ethische Praktiken in jeden Schritt des Weges integriert werden sollten. Wir wissen, dass das für viele Marken eine Herausforderung darstellt und es keine Lösung gibt, die für jeden gleichermaßen passt. Also haben wir stattdessen das Wort "verantwortlich" gewählt.

Was ist die größte Herausforderung bei der Gründung eines Unternehmens wie Supplycompass?

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Die größte Herausforderung ist die Verhaltensänderung, die bei den Marken und allen Beteiligten in der Lieferkette bewirkt werden muss. Wir können nicht zu schnell handeln, wir müssen das Tempo einhalten, in dem die Menschen bereit sind, sich zu bewegen. Voll auf Technologie zu setzen funktioniert nicht und wenn man plötzlich eine technische Lösung für alle Lieferanten anbietet, mit denen wir zusammenarbeiten, wird sie vielleicht nicht richtig eingesetzt, also muss erst geschult werden. Die richtigen Fabriken zu finden, mit denen man arbeiten kann, war auch eine Herausforderung. Sie sind am schwersten zu finden, weil sie es nicht nötig haben, gefunden zu werden. Sie sind ohnehin sehr gefragt.

Worauf bist du am meisten stolz?

Darauf, dass wir Marken, die nicht an Nachhaltigkeit interessiert waren, dazu bringen konnten, auf Bio-Materialien und Recyclingmaterialien umzusteigen, weil es tatsächlich sinnvoller und letztendlich billiger war als das, was sie produzierten.

Was sind eure Pläne für die Zukunft von Suppycompass?

Wir wollen stark in unsere Technologie investieren, um unsere Plattform zu erweitern und mehr Marken und Lieferanten als Partner zu gewinnen. Wir wollen die Lieferzeit verkürzen, ohne dabei auf Ethik und Nachhaltigkeit zu verzichten. Gute Qualität, schnelle Produkte, die auch gut für den Planeten sind: Das wollen wir ermöglichen.

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.ukveröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

Bilder: Supplycompass

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