Verbot der Leitmesse sorgt für massiven Schäden in der Lederwarenbranche
Wird geladen...
HDS/L · Reinhardtstr. 14 · 10117 Berlin
Hessischen Minister des Ministeriums für
Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen
Herrn Staatsminister Tarek Al-Wazir
Kaiser-Friedrich-Ring 75
65185 Wiesbaden
Berlin, 4. September 2020
Verbot der Leitmesse sorgt für massiven Schäden in der Lederwarenbranche
ILM in Offenbach: Internationale Leitmesse stärkt den Standort Offenbach – und umgekehrt!
Sehr geehrter Herr Staatsminister,
am 26. August hat die Stadt Offenbach der Messe Offenbach GmbH neun Tage vor der geplanten Eröffnung die Durchführung der ILM verboten. Die ILM (Internationale Lederwaren Messe) in Offenbach ist die wichtigste Messe im Bereich Taschen, Accessoires und Reisegepäck. Sowohl national als auch auf internationalem Terrain gilt die ILM als die Leitmesse für die lederverarbeitende Industrie. Die ILM hat sich zu einem unverzichtbaren Branchentreffpunkt entwickelt. In 2019 durfte die dynamische Fachmesse ihren 70. Geburtstag feiern. Zur ILM kommen in jeder Saison (halbjährlich) über 6.000 Facheinkäufer aus dem In- und Ausland. Die Messe ist nicht nur für die hessischen Hersteller von immenser Bedeutung, sondern für die gesamte deutsche lederverarbeitende Industrie, aber auch für die örtliche Hotellerie und Gastronomie. Der stationäre Einzelhandel in Deutschland ist für die Hersteller von Taschen, Reisegepäck,
Kleinlederwaren, Schulranzen und Accessoires der bedeutendste Vertriebsweg. Eine HDS/L- Umfrage im Januar 2020 zeigte, dass die deutschen Lederwarenhersteller in 2019 in Deutschland
im Durchschnitt drei Viertel ihres Absatzes im stationären Fachhandel erzielt haben. Diese enge Verflechtung von Industrie mit dem Fachhandel hat aufgrund der Corona-Pandemie zu dramatischen Auswirkungen auch auf Herstellerseite geführt. Der Inlandsumsatz der deutschen Lederwarenhersteller ist im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 um 14,7 Prozent gesunken. Für das zweite Halbjahr wird ein Umsatzeinbruch von über 20 Prozent erwartet. Hinzu kommt die Insolvenz des Warenhauses Galeria Karstadt Kaufhof, ein ebenso existenzieller Abnehmer unserer Industrie. Hier werden unsere Mitgliedsbetriebe durch die beschlossenen Betriebsschließungen massive Umsatzeinbußen erleiden.
Der Schaden, der durch die Absage der Branchenmessen entstanden ist, ist immens und zwar für alle Beteiligten, beginnend bei der Messegesellschaft, über die Industrie (den Ausstellern), dem Fachhandel (die Messebesucher) bis hin zur örtlichen Hotelbranche, Gastronomie und Taxibetrieben. Es wird geschätzt, dass die ILM der kommunalen Wirtschaft rund 10 Millionen Euro Einnahmen pro Jahr generiert. Wie Sie bestimmt wissen, ist der Messe durch das Verbot ein erheblicher Schaden in sechsstelliger Höhe entstanden. Hersteller haben Investitionen in neue, innovative Produkte getätigt und Messestände bei Architekten und Messebauern sowie flankierende Marketingmaßnahmen in Auftrag gegeben. Hersteller haben Kredite aufgenommen,
damit sie auf der ILM Summer Styles 2020 ihre Produkte dem Fachhandel präsentieren können. Die ILM war als Startpunkt für die Branche nach dem Lockdown gedacht. Wir sehen die Gefahr, dass nachdem im März der Messe schon viele Besucher aufgrund der sich anbahnenden ersten Coronawelle ferngeblieben sind und nun aufgrund des Messeverbots im September sich die Besucher andere Order- und Informationsmöglichkeiten suchen müssen und dadurch der Messestandort Offenbach nachhaltig geschwächt wird.
Vom 30. August bis 1. September 2020 hat die Gallery Shoes in Düsseldorf mit 300 Ausstellern und 550 Brands stattgefunden. Das dortige Sicherheitskonzept zeigt, dass Messen trotz schwieriger Umstände erfolgreich durchgeführt werden können. Außerdem ist uns unverständlich, dass im Landkreis Offenbach in Mainhausen fast zeitgleich vom 8. bis 10. September die ANWR Order Spring 2021 stattfinden kann. Wir sind uns sicher, dass das hervorragende Hygienekonzept der Messe Offenbach für die ILM als Fachmesse ohne öffentliches Publikum die Sicherheit der Fachbesucher und des Standpersonals gewährleistet hätte.
Wir fordern, dass die durch die Messeabsage finanziellen Belastungen der Aussteller, die ohnehin extrem durch die Folgen der Corona-Pandemie belastet sind, entschädigt werden. Darüber hinaus regen wir an, die digitale Vernetzung von Industrie und Fachhandel durch das Land Hessen zu unterstützen. Gerne zeigen wir Ihnen bestehende Projekte der Branche auf.
Die Talsohle ist für unsere Branche also bei weitem nicht durchschritten, wie andere Akteure suggerieren. Gerade aus diesem Grund war die ILM jetzt im September so entscheidend, um bestehende Geschäftsbeziehungen zu pflegen und auszubauen und neue Geschäfte anzubahnen. Wir benötigen die aktive Unterstützung der Politik für Konzepte, die die wirtschaftlichen Aktivitäten trotz der Corona-Pandemie ermöglichen. Aussitzen und Warten auf einen Impfstoff ist keine unternehmerische Strategie, welche wir auch vor unseren Mitarbeitern, die in Kurzarbeit sind, nicht verantworten. Wir wünschen uns einen Dialog, damit die politischen Entscheider die Gegebenheiten unserer Fachmesse besser verstehen und damit die Entscheidungen sachgerechter treffen können.
Die Gestattung der Durchführung ILM wurde aufgrund des hervorragenden Hygienekonzepts der Messe Offenbach erteilt. Die Branche benötigt Planbarkeit und Verlässlichkeit von gegebenen Zusagen. Dies ist wichtig für die Zukunft des Messestandorts Offenbach, damit die ILM im März 2021 stattfinden kann.
Ein gleichlautendes Schreiben haben wir parallel an Herrn Minister Kai Klose verschickt. Gern blicken wir Ihrer Rückmeldung entgegen.
Mit freundlichen Grüßen