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2023 Cotton Ranking: Nur neun Modeunternehmen beziehen Baumwolle auf nachhaltige Weise

Von Simone Preuss

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Kostbarer Rohstoff Baumwolle. Bild: Teona Swift / Pexels

Seit 2017 veröffentlichen Solidaridad Europe und das Pesticide Action Network UK (PAN UK) ihr jährliches Baumwollranking - ein Blick auf die größten Baumwollverbrauchenden unter den internationalen Bekleidungsmarken und Einzelhandelsunternehmen und deren Beschaffungspraktiken. Die Zahl der Unternehmen ist von 37 im Jahr 2017 auf 82 im Jahr 2023 gestiegen.

Das Ranking analysiert ihre öffentlichen Ziele und Strategien, den Anteil an nachhaltiger Baumwolle und die Transparenz ihrer Lieferkette. Die wichtigste Erkenntnis in diesem Jahr: Nur neun Modeunternehmen tun das Nötigste, um gegen nicht-nachhaltige Baumwolle vorzugehen, während die überwiegende Mehrheit (89 Prozent) „intransparent und nicht-nachhaltig ist und kaum Fortschritte bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen macht“, so eine Pressemitteilung.

Nur neun Unternehmen beziehen fast ausschließlich Baumwolle aus zertifizierten Quellen

„Ein Großteil der von großen Unternehmen eingekauften Baumwolle erfüllt nicht einmal die Anforderungen der Basiszertifizierung, was bedeutet, dass nicht überprüft werden kann, ob die Quelle die Mindeststandards erfüllt“, ist das vernichtende Ergebnis.

Nur 9 der 82 größten Bekleidungsunternehmen der Welt, die Baumwolle nutzen, beziehen 99 Prozent oder ihre gesamte Baumwolle aus zertifizierten Quellen wie der Better Cotton Initiative, biologisch angebaute Baumwolle oder recycelte Baumwolle: Decathlon, H&M, Ikea, Adidas, Columbia, Marks & Spencer, C&A, Lojas Renner und Puma. „Alle anderen Unternehmen erreichen nicht einmal das: 30 Unternehmen erreichten in der Rangliste die Note Null.“

Sieben Unternehmen schafften es in die niedrigen bis hohen 90er Prozentsätze, nämlich Tchibo, Bestseller, Tom Tailor, Levi Strauss, Otto Group, Inditex und Punto FA in absteigender Reihenfolge. Nur drei Unternehmen befinden sich in der 80er-Gruppe, darunter Grupo Guararapes mit Marken wie Riachuelo, Wolens und Pool Original, die 89 Prozent an Baumwolle aus nachhaltigeren Quellen verwendet. Andere sind Fruit of the Loom (87 Prozent) und Zalando (84,4 Prozent).

Sechs Unternehmen befinden sich in den 70er-Prozentsätzen - Hugo Boss AG, Gap, Inc, Marc O'Polo, Walmart Stores, Inc, Esprit Holdings Ltd und die Benetton Group. Nur American Eagle Outfitters (65 Prozent) und Asos (61 Prozent) liegen in der 60er-Gruppe, während alle anderen Unternehmen weniger als 60 Prozent ihrer Baumwolle nachhaltig oder aus zertifizierten Quellen beziehen.

Viele Unternehmen wie Target, Amazon.com, Kering und Nike berichten nicht über den Einsatz von zertifizierter Baumwolle, erwähnen nicht die von ihnen verwendeten Standards oder liefern keine oder nur unvollständige Zahlen oder Prozentsätze.

„Komplexe Handelsrealitäten“ kein Grund für nicht-nachhaltige Beschaffung

Zum ersten Mal wird das Baumwollranking 2023 von einer Untersuchung mit dem Titel „Cotton and Corporate Responsibility“ begleitet, das vom neu gegründeten Sustainable Cotton Hub veröffentlicht wurde, dessen Ziel es ist, Expert:innen von Organisationen zusammenzubringen, die im Baumwollsektor und dessen Umfeld arbeiten, wie etwa Solidaridad und PAN UK.

In der Studie entkräften die Organisationen das von vielen Unternehmen angeführte Argument der komplexen Handelsrealitäten als Hindernis für den Fortschritt und geben klare Empfehlungen, um zumindest einen Anfang zu machen: etwa Investitionen in die Klimaanpassung von Kleinbäuer:innen, eine Aktualisierung der Einkaufspraktiken, um eine bessere Bezahlung der Baumwollerzeuger:innen zu gewährleisten, und Transparenz bei der Baumwollbeschaffung.

„Angesichts der Ressourcen, die großen Marken zur Verfügung stehen, ist nicht-nachhaltige Baumwolle in Wirklichkeit eine bewusste Entscheidung. Eine schlechte Entscheidung. Aber wir müssen uns nicht damit abfinden. Marken und Einzelhändler:innen können neue Entscheidungen treffen. Sie können mehr Transparenz in ihren Betrieben und bei ihren Lieferbetrieben wählen. Sie können sich entscheiden, die komplexe Frage der gerechten Entlohnung anzugehen, anstatt sie als Ausrede zu benutzen. Und sie können sich dafür entscheiden, mit allen Akteur:innen entlang ihrer Lieferkette zusammenzuarbeiten, anstatt sich hinter Zwischenhändler:innen zu verstecken“, kommentiert Tamar Hoek von Solidaridad Europe.

Kleinbäuer:innen stehen am Ende der Baumwollkette

Das jüngste Baumwollranking und die Untersuchung zu Baumwolle und Unternehmensverantwortung zeigen die negativen Auswirkungen der derzeitigen Unternehmenspraktiken auf die Baumwollanbauenden und die Umwelt auf. Niedrige Gewinnspannen zwingen die Bäuer:innen, für weniger Geld zu arbeiten und gefährliche Agrochemikalien einzusetzen, um über der Armutsgrenze zu bleiben.

Wie wird der Wert entlang der Baumwollwertschöpfungskette verteilt? Diese Grafik zeigt, wie viel die verschiedenen Akteur:innen durch den Verkauf eines Baumwoll-T-Shirts erhalten. Bild: Sustainable Cotton Hub

So leben die Kleinbäuer:innen, die die Mehrheit der weltweiten Baumwollproduzent:innen ausmachen, derzeit am Rande der Armut und erhalten kein angemessenes Einkommen und keinen gerechten Lohn. Darüber hinaus haben sie keinen Zugang zu Schulungen und keine Unterstützung bei der Klimaanpassung.

„Da die drohenden Auswirkungen des Klimawandels die Erträge in allen Baumwollanbauregionen verringern oder zerstören dürften, werden die Kleinbäuer:innen nicht in der Lage sein, eine verlässliche Produktion zu gewährleisten, und werden noch weiter in die Armut getrieben“, heißt es im Bericht.

Chemikalien sind ein weiteres Problem: „Fast die Hälfte der kleinbäuerlichen Baumwollproduzent:innen wird jedes Jahr durch Pestizide vergiftet. Eine Null-Vergiftung durch Pestizide ist heute möglich, wenn sich Textil- und Bekleidungsunternehmen dazu entschließen, Verantwortung für ihre Lieferketten zu übernehmen und ihre Investitionen zur Unterstützung des Übergangs zu einer agro-ökologischen Baumwollproduktion zu erhöhen“, betont Rajan Bhopal von PAN UK.

Neuer Sustainable Cotton Hub

Weitere Informationen zu diesen und anderen Themen entlang der Baumwolllieferkette finden sich auf der Website des neu eingerichteten Sustainable Cotton Hubs.

„Ziel ist es, die Nachhaltigkeitsherausforderungen der Baumwollproduktion aufzuzeigen und die Vielzahl der dazu beitragenden Wirtschafts-, Arbeits- und Umweltfaktoren zu untersuchen. Konkret wird die Plattform immer Empfehlungen dazu geben, wie die wichtigsten Interessengruppen diese kritischen Fragen angehen können“, erklären die Organisationen. Künftige Beiträge werden Themen wie Klimawandel, Natur und Ungleichheit behandeln.

Dieser Artikel wurde am 6. Juli 2023 mit seit seinem Erscheinen berichtigten Informationen zu Inditex und der Otto Group aktualisiert.

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