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Alaaf und helau als Geschäftsmodell: Kostümverkauf zieht an

Von DPA

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Bald gibt es wieder Kamelle im Rheinland: Die närrische Jahreszeit geht ihrem großen Finale am kommenden Wochenende entgegen. Auch wirtschaftlich spielt der Karneval inzwischen eine große Rolle. Ein gutes Beispiel: der Aufstieg des Kostümhändlers Deiters.

Der Chef trägt keine Pappnase. Stattdessen tritt der Kostümhändler Herbert Geiss betont seriös auf: dunkles Sakko, blaue Krawatte, akkurater Scheitel. Als Chef habe man eine Vorbildfunktion, sagt der 36-Jährige. «Verkleidet ins Büro zu gehen, das geht nicht.» Clowns-Klamotten oder Cowboy-Outfits sind sein Geschäft. Geiss ist Inhaber des Kostümhändlers Deiters aus Frechen bei Köln. Der adrette Manager steht in einer riesigen Halle, dem mit 2000 verschiedenen Kostümen «größten Karnevalskaufhaus der Welt», so die Eigenwerbung. Das Geschäft brummt, es geht seit Jahren bergauf mit der Firma. Deiters ist ein Beispiel dafür, wie wichtig Karneval inzwischen geworden ist - als Wirtschaftsfaktor im Rheinland.

Bisher hat die Firma 26 eigene Filialen in Deutschland, auch in die Karnevals-Peripherie wie Berlin, Stuttgart oder Frankfurt am Main hat man sich getraut. «Köln ist die Karnevalshauptstadt, aber das Geschäft läuft auch anderswo gut», sagt Geiss und fügt augenzwinkernd hinzu: «Auch die Berliner können inzwischen ein bisschen Karneval feiern.» Auf 30 Millionen Euro Jahresumsatz kam das 1921 gegründete Familienunternehmen zuletzt, also im Geschäftsjahr 2017/18 (bis 31. März) - das war ein Plus von rund 4 Millionen Euro. Fünf Jahre zuvor (2012/13) lag der Umsatz noch bei 13 Millionen Euro.

Das Geschäft ist profitabel, der Überschuss lag zuletzt bei knapp 2 Millionen Euro. Die Firma hat rund 300 Mitarbeiter als Stammpersonal, hinzu kommen noch etwa 400 Saisonkräfte. Zu direkten Konkurrenten gehört die Firma Karnevalswierts aus Würselen bei Aachen. Das Unternehmen mit rund 40 Mitarbeitern (2017) möchte zwar keine Presseanfragen beantworten, es ist aber ebenfalls auf Expansionskurs: Unlängst wurde im Kölner Zentrum ein neuer Shop aufgemacht, insgesamt gibt es neun Verkaufsstellen.

Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln misst der Karnevalsbranche inklusive Kostümhändlern gute Perspektiven bei. «Karneval ist ein boomendes Geschäft im Trend der Zeit», sagt der Professor. In einer ernsten Welt voller Unwägbarkeiten sei Karneval «Freizeit vom Alltag». Die Nachfrage nach Kostümen dürfte weiter steigen, sagt Hüther und begründet das mit dem Internetzeitalter. «In der digitalen Welt ist alles transparent, man kann sich nicht verstecken - im Karneval ist das im Kostüm etwas anderes, da bleibt man unerkannt und unbelangbar - und kann diese Freiheit genießen.»

Der Wirtschaftswissenschaftler schätzt, dass der Karnevalsumsatz in Köln und Düsseldorf bei rund einer Milliarde Euro liegt. Der Großteil entfalle auf die Gastronomie. Auch in Düsseldorf spielt Karneval wirtschaftlich eine große Rolle: Roman von der Wiesche von der Düsseldorf Marketing GmbH verweist auf die Bedeutung von Karnevalstouristen, ob als Tagesbesucher oder mit Hotelübernachtung - auch sie teils in bunten Kostümen. Zudem seien die Rosenmontagszüge wichtig für die Bekanntheit der Stadt.

Früher stand der Nischen-Marktführer Deiters fast nur für Karneval, heute setzt man darauf, dass die Leute sich auch zu anderen Anlässen verkleiden: Auch Produkte für Halloween, Oktoberfest oder Motto-Partys werden beworben. Die jecke Jahreszeit aber bleibt der Kern: Zwei Drittel des Umsatzes macht Deiters mit Kostümen und Zubehör, die zum Karneval getragen werden.

Auf ein ganz neues Level will sich Deiters in diesem Jahr durch eine neue Kooperation mit C&A katapultieren: Seit Januar betreibt Deiters in sieben C&A-Kaufhäusern eigene Geschäftsbereiche, als «Shop im Shop». Die Sache laufe gut, sagt Geiss. C&A hat dem Geschäftspartner nun die Option eingeräumt, in bis zu 500 Kaufhäusern saisonale Shops zu starten - zu Halloween im Herbst und danach zu Karneval Anfang 2020. 300 davon wären im Inland, 200 im Ausland, etwa in den Benelux-Staaten, in Österreich und in der Schweiz.

Wie viele es werden, muss Firmenchef Geiss noch entscheiden. Für ihn ist das auch ein Risiko: Der Auf- und Abbau der saisonalen Shops sowie die generelle Logistik kosten Geld, zudem dürfte die Marge geringer sein als in eigenen Geschäften, schließlich bekommt C&A einen Anteil am Umsatz.

Die Verwandtschaft des Deiters-Chefs dürfte übrigens vielen Fernsehzuschauern bekannt sein - sein Cousin Robert gab in der RTL2-Serie «Die Geissens» Einblicke in sein Luxusleben. Herbert Geiss hingegen, der mit 20 Jahren seinem Onkel die gesamten Unternehmensanteile abkaufte und so noch während seiner Ausbildung Deiters als 20-Mitarbeiter-Firma übernahm, sind Selbstinszenierungen eher fremd. Er setzt vielmehr darauf, dass sich seine Kunden in der närrischen Zeit gewissermaßen selbst inszenieren. Angesagt in diesem Jahr: Klamotten von Flower-Power-Althippies und - unter dem ironischen Oberbegriff «Schlechter Geschmack» - Achtziger-Jahre-Jogginganzüge. (dpa)

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