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Britischer Online-Marktplatz Trouva auf ehrgeizigem Expansionskurs

Von Isabella Griffiths

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Business |INTERVIEW

Mandeep Singh ist ein vielbeschäftigter Mann. FashionUnited hat den CEO und Mitbegründer der britischen Online Plattform Trouva am Telefon zwischen Meetings und einem voll gepackten Terminkalender erwischt. Nichtsdestotrotz ist Singh gut gelaunt und in Plauderstimmung. Grund dazu hat er genug – Trouva hat gerade einen großen Meilenstein erklommen und ist nach Deutschland expandiert, dem ersten internationalen Standbein außerhalb Großbritanniens. Nach einer 10-Millionen-Dollar Finanzspritze von hochkarätigen Investoren Ende letzten Jahres, soll dieser Schritt den Grundstein für das weitere, globale Wachstum legen.

Singh gründete Trouva 2015 mit zwei Freunden, Alex Loizou und Glen Walker, mit dem Ziel „die Online- und Offline-Welten zu verschmelzen und kleineren, unabhängigen Shops die Möglichkeit zu geben, mit großen Platzhirschen mitzuhalten,“ wie Singh erklärt. In nur drei Jahren ist die Firma inzwischen soweit gewachsen, dass sie jetzt über 90 000 Designer-Produkte quer durch die Kategorien Homeware, Lifestyle und Mode anbietet, und mit über 450 der besten britischen Einzelhändler zusammenarbeitet - sowie seit dem vergangenen Monat auch mit 20 weiteren in Berlin. Und es sollen natürlich noch mehr hinzukommen.

Trouvas Aufstieg in der E-commerce Arena war ausgesprochen schnell und unbestreitbar beeindruckend. Mit einem Umsatzzuwachs von 3.332 Prozent in den letzten zwei Jahren, belegte das Portal bereits zum zweiten Mal den fünften Platz bei den am schnellsten wachsenden Tech-Firmen im Vereinigten Königreich (laut The Next Web’s Tech5), und den achten Platz in Europa. Und Berlin ist erst der Anfang: Singh will Trouva zu einem „milliardenschweren Unternehmen“ machen, verrät er.

Boutiquen auf Trouva profitieren von der allerneuesten Technologie

Natürlich kommt Trouvas Erfolg nicht von Nichts. „Es fliesst sehr viel harte Arbeit hinter den Kulissen rein, die auf den ersten Blick nicht offensichtlich ist. Man kann Erfolg nicht planen, aber wir haben uns schon von Anfang an ehrgeizige Ziele gesetzt,“ sagt Singh.

Im Wesentlichen ist Trouva – das seinen Namen aus dem Französischen ‚Trouvaille‘, glücklicher Fund, nimmt – eine Technologie-Plattform, die es stationären Händlern erlaubt, sich online zu platzieren. Singh bezeichnet Trouva als den „Gegenpol zu Amazon“. Er erklärt: „Amazon ist super, wenn man genau weiss, was man will. Es geht bei Amazon nicht darum, Produkte zu kaufen, die man liebt, sondern nur das, was man braucht. Es ist im Grunde ein anonymer und charakterloser Warenhaus-Betrieb, in dem heutzutage fast nur noch Bots die Produkte händeln und einpacken. Trouva ist das komplette Gegenteil. Wir arbeiten mit einem exklusiven Netzwerk der besten unabhängigen Boutiquen zusammen, die vorsichtig und persönlich die schönsten und besten Design-Produkte zusammengestellt haben. Wir kombinieren sie alle auf einer Seite und ermöglichen den Shops, sie auf einer Plattform einer globale Zielgruppe anzubieten.“

Selbstverständlich ist Trouva sehr selektiv, was die Auswahl der Boutiquen angeht. „Der wichtigste Aspekt ist, die richtigen Boutiquen zu finden. Sie müssen wirklich großartig sein, mit einer tollen stationären Präsenz, klarer Identität und loyalem Kundenstamm. Dabei konzentrieren wir uns genauso sehr auf die Person hinter dem Geschäft, deren Vision und Ästhetik, wie auch auf die Produkte selbst, die verkauft werden. Qualität geht auf jeden Fall über Quantität. Wir lehnen definitiv mehr Shops ab, als wir akzeptieren,“ sagt Singh. Zu Trouva’s Netzwerk gehören derzeit Fundgruben wie Maze in Bristol, The Wearer in London, ALC in Edinburgh – und seit Juni auch The Amazing Crocodile Design Store, Mitte’s Type Hype und Moeon in Berlin, alles originelle Premium Lifestyle Stores, die eine außergewöhnliche Produktpalette und Persönlichkeit vorweisen.

Boutiquen, die Teil des Trouva Netzwerks werden, profitieren von der allerneuesten Technologie, inklusive Inventar-System, einer Real-Time Logistik Plattform, sowie Management aller Lieferungen (inklusive ‚click and collect‘ am selben Tag und weltweitem Versand), die sie sonst ohne die Skaleneffekte nur schwer finanzieren könnten. Verbraucher können durch alle Boutiquen weltweit browsen und haben nur einen Warenkorb und eine Liefergebühr per Transaktion. Singh zufolge haben schon mehrere Händler über 100.000 Britische Pfund Umsatz durch die Trouva-Mitgliedschaft erwirtschaftet, und so einige schließen mittlerweile ihren eigenen Online-Shop um sich auf Trouva zu konzentrieren.

”Stationäre Boutiquen wird es immer geben”

Die 10 Millionen US-Dollar Finanzierung durch Trouvas Investoren BGF Ventures, Index Ventures (einer der größten Kapitalgeber Europas, die auch in Farfetch, Asos und Etsy investieren) sowie Octopus Ventures hat den Grundstein dafür gelegt, Trouvas Geschäftsmodell auch in anderen Märkten zu klonen. Nach Berlin sollen andere deutsche Städte hinzukommen, gefolgt von einer Expansion kreuz und quer durch Europa, und letztendlich der Welt. „Wir wollen global die wichtigste Plattform für die besten unabhängigen Shops in den besten Städten der Welt werden, von London über Berlin nach Paris und Tokyo,“ sagt Singh.

2017 investierte Trouva in ein Technologie-Zentrum in Lissabon, Europas führendem Tech-Zentrum. Neben den rein pragmatischen Gründen, wie gleiche Zeitzone und gute Englischkenntnisse, geht es Singh hauptsächlich darum, die besten Developer anzulocken, und das sieht er eher in Portugal als in Großbritannien. Hat das auch was mit Brexit zu tun? „Indirekt schon,“ gibt er zu. „Ich mache mir jetzt keine Sorgen um direkte Auswirkungen auf unser Unternehmen von jetzt auf gleich. Allerdings haben wir tatsächlich festgestellt, dass es immer schwerer wird, Top-Talente zu rekrutieren, die nach London kommen wollen. Die Ungewissheit, was mit Brexit passiert, ist für viele ein psychologisches Hindernis. Darum ist es gut, noch einen weiteren Standort in Lissabon zu haben, zumal es Europas wichtigstes Tech-Zentrum ist,“ sagt Singh.

In Anbetracht dessen, dass Singh ein florierendes E-Commerce Business betreibt, hat er allerdings eine überraschend optimistische Auffassung von der Zukunft des traditionellen Einzelhandels. „Stationäre Boutiquen wird es immer geben. Online verändert einfach nur, wie Verbraucher offline shoppen. Zukünftig wird es in Geschäften mehr um Erlebnisse gehen und darum, Marken und Produkte richtig entdecken und erfahren zu können. Gekauft wird dann aber online, vom heimischen Sofa aus, oder dem Büro oder von wo es eben am praktischsten ist. Die Zukunft des Einzelhandels liegt in einer großartigen Omnichannel-Erfahrung, die nahtlos und global ist,“ sagt er voraus.

Foto: Trouva
E-commerce
Mandeep Singh
Trouva