Bungalow-Inhaber Uwe Maier: „Wir brauchen verlässliche Verkaufspreise!“
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Bungalow in Stuttgart steht für luxuriöse Modernität: eigenständig und erlesen – und doch lebendig und nahbar. Dabei ergänzen das stationäre und das Online-Business einander auf ideale Weise: Während die Stuttgarter Klientel, betreut von insgesamt 24 Mitarbeitenden, in dem 350 Quadratmeter großen Herren- und dem 220 Quadratmeter großen Damengeschäft einkauft, erhöht der Onlineshop, für den drei Mitarbeitende zuständig sind, Reichweite und Bekanntheit. Im Interview spricht Inhaber Uwe Maier über die Situation in seinem Markt und die aktuellen Herausforderungen, aber auch über die Vorzüge seines Berufs.
Wie geht es Ihnen gerade, Herr Maier?
Persönlich geht es mir sehr gut. Die Branche jedoch ist derzeit schon etwas anstrengend...
Was empfinden Sie als besonders herausfordernd?
Es ist gar nicht so einfach, das in Worte zu fassen, weil es viele Aspekte sind, die zu einer insgesamt sehr anspruchsvollen Situation geführt haben. Natürlich sind es insbesondere die Kriege in der Ukraine und in Israel, die auf die Stimmung drücken und sich daher auch geschäftlich auswirken. Das Wetter war ebenfalls eine Herausforderung. Aber auch die Zusammenarbeit mit bestimmten Marken erleben wir derzeit als Belastungsprobe.
Inwiefern?
Wir begrüßen es sehr, wenn eine Marke eine klare Distribution hat und auf Preisdisziplin achtet. Da wir ein Full-Price-Konzept haben, ist das für uns essenziell. Es gibt jedoch Mitbewerbende, die in der Präsentation zwar ebenfalls mit regulären Preisen antreten, de facto aber immer mit irgendeinem Rabatt verkaufen. So etwas bringt uns natürlich in eine schwierige Situation. Ich verstehe nicht, dass ein solches Gebahren kontinuierlich toleriert wird.
Wie reagieren die betreffenden Lieferant:innen, wenn Sie das Problem ansprechen?
Sie verweisen darauf, dass wir in Deutschland nur eine Preisempfehlung und keine -bindung haben. Das ist zwar richtig, nichtsdestotrotz haben wir uns ja alle mal auf diesen Preis geeinigt, auch wenn er nicht vorgeschrieben ist; also sollten alle Marktteilnehmer:innen diese Vereinbarung respektieren. Letztendlich geht es dabei um Partnerschaft. Im Grunde genommen ist es nicht viel anders als im Privatleben: Ist eine Partnerschaft da tragfähig, wenn einer der Partner:innen Absprachen kontinuierlich missachtet? Kaum. In so einer Situation würde ich mich trennen.
Die angesprochene Problematik betrifft vermutlich insbesondere das Online-Geschäft. Als Sie vor Jahren mit Ihrem eigenen Shop online gegangen sind, sagten Sie, dass Sie das Ganze als Abenteuer sehen. Ist das immer noch so?
Inzwischen ist Einzelhandel insgesamt ein einziges großes Abenteuer! Er ist auf allen Ebenen hochkomplex geworden. Der Sommer war viel zu lang, das Herbst/ Wintergeschäft hat erst im Oktober begonnen. Dazu kommen unsere irrationalen Saisonrhythmen: Wenn der Winter tatsächlich beginnt, ist die Saison im Prinzip schon gelaufen. Nach wie vor ist viel zu viel Ware im Markt, der Lagerdruck ist hoch. Natürlich muss man dieses Spiel nicht mitmachen; man kann seine Lieferant:innen-Zahl in den einzelnen Warengruppen ja begrenzen, und das tun wir auch. Aber wir sind auch von vielen Faktoren abhängig, die wir nicht beeinflussen können, angefangen vom Krieg, über den Klimawandel und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bis zu den Herstellenden, die nicht immer partnerschaftlich agieren. Während es in vielen anderen Branchen gewisse Sicherheiten gibt, tragen wir Einzelhändler:innen das volle Risiko, und zwar allein. Wir brauchen also unbedingt funktionierende Partnerschaften mit den Herstellenden, nicht nur in Bezug auf Distribution und Preisdisziplin.
Was muss außerdem besser werden?
Ein ganz entscheidender Punkt sind marktgerechte Liefertermine. Bisher ist das Liefer-Thema eine Black Box für uns. Wir ordern Gummi-Termine von bis zu sechs Monaten. Man kann das akzeptieren oder eben nicht, nach dem Motto friss oder stirb. Das betrifft Brands, die sich das wahrscheinlich erlauben können. Bis zu einem gewissen Grad bin ich ja durchaus bereit zu investieren – aber irgendwann erwarte ich auch ein bisschen Loyalität.
Wie wirken sich die Preiserhöhungen bei Bungalow aus?
Die Preisentwicklung ist erschreckend, keine Frage, aber das ist sie überall. Ich glaube zwar, dass wir die Preissteigerungen aufgrund unseres Konzepts, unseres Standorts und unserer Kund:innen-Struktur etwas besser verkraften als andere; dennoch ist die Frage: Bis zu welchem Punkt kann man diese Entwicklung weiterdrehen? Wenn ich einen Preis nicht mehr erklären kann, wird es schwierig.
Wie reagiert Ihre Klientel?
Durchaus sensibel, auch wenn unsere Kund:innen finanziell in der Regel gut ausgestattet sind...
Wie gehen Sie damit um?
Ich kaufe eben auch sensibel ein. Es ist doch so: Wenn ich im Showroom sitze und von einem Teil begeistert bin, dann kann ich das meinen Kund:innen und Mitarbeitenden auch so vermitteln. Wenn etwas jedoch austauschbar ist, lasse ich es im Zweifel weg. Man muss sich eben immer wieder bewusst machen: Es geht um Bungalow, es geht um mein Sortiment! In den Showroom zu gehen und zu sagen: Zeig mir mal Deine Bestseller – das funktioniert nicht. Ich muss jedes Teil nach meinen Kriterien beurteilen.
Welche Kriterien sind das?
Sehr wichtig ist für mich der Grad der Modernität, die Ausstrahlung und natürlich die Preislagen. Eine Kollektion muss mich insgesamt überzeugen, sie muss für meinen Markt genau das richtige Produkt sein. Natürlich entwickeln diese Kriterien sich von Saison zu Saison weiter, dafür drehe ich mal an diesem, mal an jenem Schräubchen.
Wie relevant sind dabei Limited Editions oder Coops?
Coops sind aus meiner Sicht ein bisschen überstrapaziert worden. Doch das muss man individuell beurteilen: Wofür steht eine Marke? Ist sie stark genug für eine Kooperation? Mitunter sieht man ja Brands, deren Profil nicht sehr trennscharf ist, die aber dennoch Coops eingehen; da muss man aufpassen.
Nach welchen Kriterien werden Sie selbst von Ihren Kund:innen beurteilt?
Natürlich ist das Sortiment ein sehr wichtiges Thema, denn ohne tolle Ware kann ich nichts verkaufen. Dennoch steht die Dienstleistung für unsere Kundinnen und Kunden ganz klar an erster Stelle. Unsere Klientel erwartet einen erstklassigen Service, sonst braucht sie ja nicht eigens zu uns zu kommen. Sie schätzen es sehr, inspiriert zu werden, sich Kombinationen vorschlagen zu lassen, die auf die individuelle Persönlichkeit zugeschnitten sind. Im Grunde bestätigen unsere Kundinnen und Kunden uns jeden Tag, wie relevant, wie lebendig Multibrand nach wie vor ist. Natürlich gibt es auch Kund:innen, die einfach nur den Sweater von Miley Cyrus wollen; den kaufen sie dann wahrscheinlich online.
Wie sind die Anteiligkeiten von stationär und online mittlerweile?
Wir wachsen in beiden Bereichen gesund vor uns hin. Stationär sind wir in Stuttgart tief verwurzelt; was wir an unserem Standort haben, weiß ich wirklich sehr zu schätzen. Online haben wir unsere kleine Fangemeinde, wir haben uns unseren Platz in unserer kleinen, feinen Nische erarbeitet und fühlen uns dort sehr wohl. Der Anteil am Gesamtumsatz beträgt inzwischen rund 25 Prozent. Das Zusammenspiel beider Bereiche funktioniert insgesamt sehr gut.
Wer ist diese Online-Fangemeinde?
Einerseits Kund:innen, die uns stationär kennen, jedoch nicht in Stuttgart wohnen. Andererseits eine Klientel, die aufgrund einer Marke zu uns findet. Auch zu ihnen versuchen wir eine Beziehung aufzubauen.
Wie gehen Sie da vor?
Im Prinzip genauso wie bei der Beratung im Laden: Wir empfehlen beispielsweise zum Pullover noch eine passende Hose. Wir versuchen also in einen Dialog zu kommen; das funktioniert auch per Mail recht gut.
Wenn man Bungalow über einen langen Zeitraum beobachtet, hat man den Eindruck, dass das Sortiment sich zwar weiterentwickelt hat, aber nicht gealtert ist...
Tatsächlich? Das freut mich, denn das ist auch immer mein Ziel gewesen: im Sortiment und als Unternehmen frisch und jung zu bleiben. Dass mein Unternehmen mit mir altert, wollte ich immer unbedingt vermeiden.
Was tun Sie, um dieses Ziel zu erreichen?
Ich bemühe mich, mir meine Offenheit zu bewahren und – auch wenn mal nicht alles rund läuft – nicht zu hadern, sondern lieber die Ärmel aufzukrempeln und zu agieren. Wahrscheinlich hilft mir dabei auch mein tägliches Sportpensum: als Erstes steht morgens Laufen und Fitness Training auf meiner Agenda.
Sind auch Reisen wichtig dafür?
Darauf könnte ich nicht verzichten. Für mich ist es keine Alternative, die Kollektionen am Bildschirm zu sehen. Ich muss einfach in die Showrooms, ich muss die Stoffe fühlen, den Spirit aufnehmen. Aber nicht nur das: Ich freue mich in jeder Orderrunde auch auf Mailand und Paris und all diese wunderbaren Orte und Hinterhöfe, die ich dort kennenlerne. Dass ich durch meinen Beruf so viel Besonderes sehen darf, genieße ich unglaublich. Während andere tagtäglich im selben Büro sitzen, bin ich auf der Place Vendôme unterwegs. Für solche Privilegien bin ich sehr dankbar.