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Burberry vernichtet Neuware im Wert von 32 Millionen Euro

Von Regina Henkel

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Business |MEINUNG

Wieder ein Mode-Unternehmen, das absichtlich seine Ware zerstört: Burberry meldete im aktuellen Jahresreport, dass es im abgelaufenen Geschäftsjahr 2017/18 fertige Ware im Wert von 28,6 Millionen Pfund (32 Millionen Euro) vernichten ließ.

Restware: Das Problem wächst

Diese Zahl liegt sogar noch wesentlich höher als im letzten Jahr. Damals wurde Ware im Wert von 21 Millionen Euro vernichtet. Zusätzlich landete Kosmetik im Warenwert von 10,4 Millionen Pfund (12 Millionen Euro) auf dem Müll.

Mehr Erklärung dazu liefert der Jahresbericht nicht. Das Nachrichtenmagazin Bloomberg meldet, John Peace, der scheidende Vorsitzende, sagte während der Hauptversammlung, die Vernichtung von Lagerbeständen sei „nichts, was wir auf die leichte Schulter nehmen“. Der neue Chief Executive Officer Marco Gobbetti gab immerhin an, dass Lederreste an ein Unternehmen gespendet wurden, das aus Produktionsabfällen Neuware herstellt.

Burberry ist bei weitem nicht das einzige Unternehmen, das nicht verkaufte Lagerware auf diese radikale Art vom Markt nimmt. Wegen ganz ähnlicher Praktiken gerieten in den letzten Monaten auch schon H&M, Amazon und andere Luxuslabels in die Kritik.

Deshalb lässt sich das Problem nicht leicht zu lösen

Sie alle stehen vor dem Problem, was mit nicht verkaufter Ware, fehlerhaften Produkten und Retouren am Ende passieren soll? Outlets fangen einen Teil der Ware auf, können dort aber nicht ewig auf einen Käufer warten. Ab auf die Resterampe oder sogar spenden? Wie gefiele es wohl einer Burberry Kundin, wenn sie ihre Marke – sagen wir mal - außerhalb ihrer Zielgruppe wiederfinden würde? Was würden Händler dazu sagen und wie würde sich der Preis entwickeln, wenn mehr Ware auf dem Markt ist als regulär verkauft werden kann? Etiketten raustrennen und im Graumarkt weiterverkaufen? Auch dafür gibt es spezialisierte Unternehmen. Sie versprechen den Marken ein „Nimmer Wiedersehen“ in den wichtigen Märkten. Aber auch das ist für ein global agierendes Luxusunternehmen wie Burberry nicht einfach und geht auch nur bei Produkten, die keinen hohen Wiedererkennungswert haben.

Die Produkte zu vernichten ist ein verzweifelter Schritt, und es darf jedem CEO unterstellt werden, dass die Vernichtung von Kapital nie ein leichtfertiges Unterfangen sein kann. Dass Firmen dennoch zu dieser Maßnahme greifen, liegt daran, dass sie Milliarden für Marketing ausgeben müssen um sich die Sympathie der Konsumenten und Händler zu sichern. So etwas setzt man nicht leichtfertig aufs Spiel. Es zeigt aber vor allem, in welche Sackgasse sich die Modeindustrie inzwischen selbst manövriert hat.

Das aktuelle Modesystem ist heißgelaufen

Immer schnellere Produktentwicklung, immer mehr Kollektionen, ständig wechselnde Sortimente in den Geschäften: die Dynamik von In und Out ist dermaßen heißgelaufen, dass sich der Markt selbst pervertiert. Wie kann man von Wertschöpfung sprechen, wenn die Ware so schnell gar nichts mehr wert ist? Es heißt, der Konsument sei unberechenbar geworden. Die Regeln von früher gelten nicht mehr. Bis ein Produkt auf den Markt kommt dauert es oft 15 Monate. Bis dahin hat sich der Trend längst verflüchtigt und die Fast Fashion Anbieter haben ihn millionenfach durchexerziert. Also drückt die Modeindustrie die Produktionskosten weiter nach unten, wandert in die ärmsten Länder aus und nimmt am Ende doch in Kauf, dass erst massive Reduzierungen im Handel dazu führen, dass die Produkte tatsächlich Abnehmer finden. Modedesign ist eine Wette auf die Zukunft. Deshalb suchen Unternehmen verstärkt nach schillernden Designer-Persönlichkeiten und anderen Influencern, weil nur so noch einigermaßen stabil Begehrlichkeiten geweckt werden können. Immer seltener gelingt das über das Produkt alleine.

Lange war die Vertikalisierung das Erfolgsrezept. Man übernimmt selbst die Marge der Händler und erwirtschaftet somit höhere Deckungsbeiträge (obwohl man natürlich selbst zum Händler werden muss, was weder einfach noch kostengünstig ist). Eigene Onlineshops müssen Marken heute sowieso haben. Wirtschaftlich gesehen simulieren die Marken damit eine Zeit lang Erfolg. Inhaltlich hat sich an den Problemen aber nichts geändert. Vertikalisierung kompensiert Marktsättigung, hat es Hans Peter Hiemer vom Beratungsunternehmen B4B BusinessforBrands GmbH treffend beschrieben.

Was also tun?

Der Rat lautet heute: Zurück zum Konsumenten! Wir waren dort früher schon, als Mode nicht im Geschäft sondern beim Schneider gekauft wurde. Als der persönliche Kontakt sicheren Aufschluss darüber gab, warum eine Hose nicht verkauft werden konnte und wo genau die Probleme lagen. Heute sollen digitale Technologien dabei helfen, das Band zum Kunden wieder neu zu knüpfen. Die digitale 3D-Produktentwicklung soll wesentlich schneller werden und dabei sowohl genaueres und kreativeres Arbeiten ermöglichen. Das heißt nicht, dass die Ware noch früher ausgeliefert werden soll (keine Wintermäntel im August), sondern dass man später mit der Entwicklung beginnen kann. Das schafft mehr Trendsicherheit. Eine schnellere Reaktionsmöglichkeit auf Bestseller ermöglicht zudem, dass die Stückzahlen schrumpfen können. Würde man all die Kosten der nötigen Abschreibungen und Vertikalisierungsmaßnahmen zusammen nehmen, könnte man wieder in eine effizientere Produktion hierzulade investieren. Solche Microfactories in marktnahen Regionen können helfen, einen schnellen Bedarf zu decken. Einige innovative Firmen arbeiten bereits genau daran, von Adidas über Nike bis hin zu Uniqlo. Es sollten noch ein paar mehr werden.

Foto: Burberry.com

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