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Corporate Social Responsibility bei KiK - “Discount ist per se nachhaltig”

Von Simone Preuss

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Business |INTERVIEW

Der Textildiscounter KiK betreibt fast 3.700 Filialen in Europa und macht zwei Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Unter den 20.000 Artikeln des Sortiments befinden sich auch die oft gerügten 1 Euro-T-Shirts. Produziert wird zum Großteil in Bangladesch. Schließen sich ein Discountmodell, Nachhaltigkeit und faire Produktion per se aus? FashionUnited wollte es genauer wissen und unterhielt sich mit jemandem, der es wissen muss: Ansgar Lohmann, Bereichsleiter der CSR-Abteilung von KiK, sprach über das Geschäftsmodell von KiK, die Produktion in Asien und Neuerungen im Nachhaltigkeitsbereich, die in den nächsten zwei Monaten anstehen.

Der Leiter des CSR-Bereichs stieß im Juni 2013 zu KiK, knapp zwei Monate nach dem Einsturz des Rana Plaza-Gebäudes, als Unternehmen die Notwendigkeit verstanden, ihre Produktionspraktiken und Transparenz in der Lieferkette zu kommunizieren. Er koordiniert seine Aktivitäten in enger Abstimmung mit den Fachabteilungen des Betriebs wie Einkauf, Qualitätsmanagement und Vertrieb, mit denen auch regelmäßig interne Audits stattfinden. Zudem finden Umweltarbeitskreise und Strategiegespräche zu Beginn jeder Saison statt.

Als Textildiscounter liegt bei KiK verständlicherweise der Schwerpunkt auf dem Preis-Leistungs-Verhältnis und darauf, eine beständige Basis-Garderobe zum günstigen Preis anzubieten. Wie wichtig ist Nachhaltigkeit für KiK-Kunden?

Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist quasi die DNA des Geschäftsmodells, dann die Passform, dann die ganzjährige Verfügbarkeit von Artikeln. In einer jüngsten Umfrage unter KiK-Kunden hieß es auf die Frage zum Thema Nachhaltigkeit: “Aber die Produktion erfolgt ja im Ausland” als schließe dies Nachhaltigkeit aus. Da müsste sicherlich Kundenaufklärung betrieben werden. Nachhaltigkeit steht bei KiK-Kunden nicht sichtbar im Kurs, aber was heißt hier ‘sichtbar’? Die Kunden wollen nicht unbedingt ein Label, weil sie glauben, dass sie dann mehr zahlen und das wollen sie nicht.

Heißt das, dass KiK nichts tut?

Nein, wir tun was, sowohl im Bereich der sozialen als auch der Umweltaspekte. Ich würde sogar sagen, Discount ist per se nachhaltig. Hierfür gibt es verschiedene Gründe: Zum einen bei der Nachfrage: Kunden kaufen nur bedarfsgerecht ein, das heißt, sie kaufen nur, was sie brauchen. Dann das Angebot: Die Beschaffung ist bei Kik nicht besonders aufwendig: 70 Prozent unserer NOS-Artikel (“Never out of Stock”) sind Basisartikel und nur 30 Prozent eher modische Artikel.

Zudem ist die Logistik schlank, wir benutzen Seefracht auch aus Bangladesch und auch in der Türkei. Außerdem ist die Präsentation im Laden einfach gehalten, was wir auch bei den Vollsortimentern sehen. Was auch wichtig ist, es gibt keine Überproduktion. Es ist nicht wie bei anderen Unternehmen, dass wir “hoffen”, dass sich ein Artikel besser verkauft und daher mehr von ihm eingekauft wird. Wenn das nicht zutrifft, entsteht schnell ‘Ramsch’, den es bei KiK nicht gibt.

Wir verfügen auch über eine große Anzahl an historischen Daten, zum Beispiel wie oft sich ein schwarzes, blaues und rotes T-Shirt verkauft. Von der Grundaussage her können wir das vorhersagen und haben die Daten seit Firmenbestehen, also seit gut 25 Jahren. Dies heißt aber nicht, dass sich am Sortiment nichts geändert hat. So können wir aber die Abverkaufsdaten mit den Beschaffungsdaten abstimmen. Auch unsere Lieferanten wissen, was wir brauchen und können die Rohwaren entsprechend einkaufen. Dies ist eine sehr gewinnbringende Geschäftsbeziehungen für beide Seiten, da Aufträge und Mengen vorhersagbar sind.

Wie sieht es mit Trends aus?

So modisch sind wir nicht und selbst unsere modischeren Styles im Sortiment wiederholen sich auch. Natürlich kommen Wettbewerber im Fast Fashion-Segment mit Artikeln heraus, die auch für KiK attraktiv sind und KiK wird dann Abgewandeltes produzieren, aber das ist eher eine Seltenheit. Unser Geschäftsmodell und unser Erfolg gibt uns recht; es ist äußert marktfreundlich. Man sieht, welches Modell aufgeht und es gibt kein Verramschen.

Wie wirkt sich die Corona-Krise im Moment für KiK aus?

Im Moment wirkt sie sich durchaus positiv aus, auf jeden Fall besser als erwartet. Der Mai lief gut für KiK. Hier gibt es einen Multiplikatoreneffekt, der Kunden nach einem bestimmten Preis-Leistungs-Verhältnis schauen lässt. Zudem funktioniert unsere Filialgröße: KiK fällt unter die 800 Quadratmeter-Regel und einige Kunden möchten derzeit nicht in großen Läden einkaufen. Auch befinden sich unsere Filialen in Randlagen, was für die Kunden von Vorteil ist, die derzeit die Innenstädte meiden.

Im April war KiK schon hart getroffen, da die Läden eben nicht geöffnet waren, aber zum Glück war dies nur für einen Monat der Fall. Umsatzmäßig rechnen wir auf das ganze Jahr bezogen mit einem Minus, aber nicht mit einem so großen Minus. Der Juni wird richtungsweisend sein, aber zur Zeit sieht es positiv aus.

Stichwort Produktion: musste KiK Aufträge stornieren wie viele andere Bekleidungsunternehmen?

Aufträge storniert haben wir nur ganz, ganz wenig; der Anteil liegt bei unter 1 Prozent. Dies liegt daran, dass der 20. April noch frühzeitig kam. Das hat uns davor bewahrt, Aufträge zu stornieren. Viele Aufträge wurden allerdings verschoben, um fünf bis sechs Monate nach hinten, aber das geschah einvernehmlich. Wir haben nichts davon, wenn wir unsere Lieferanten überrumpeln, da wir ja doch wieder mit ihnen zusammenarbeiten wollen.

Funktioniert es noch, dass Sie Aufträge im Voraus bezahlen können, wie es beim ganzjährigen Discountmodell oft üblich ist?

Wir machen hier - wie viele Auftraggeber - mit unseren Lieferanten von Akkreditivkrediten Gebrauch. Das sind Zahlungsversprechen zwischen zwei Banken. Das heißt, der Gegenwert kann vorfinanziert werden und dadurch können Lieferanten Rohware kaufen, und weitere Kosten, die im Rahmen der Produktion anfallen, bezahlen. Dies wird angewendet, wenn der Lieferant eine Vorfinanzierung möchte. Teils ist das Eigenkapital da, aber nicht in Bangladesch, wo die Margen sehr dünn sind.

KiK hat in Dhaka eine eigene Service Unit. Können Sie erklären, was deren Aufgaben sind und wer dort arbeitet?

Das sind lokale Mitarbeiter, deren Aufgabe es ist, Betriebe permanent zu durchleuchten, nicht nur für die Produktion in Bangladesch, sondern auch in Indien (speziell Tamil Nadu), Kambodscha und Myanmar. Länderverantwortliche aus Deutschland kommen auch dazu, so dass eine “gesunde Mischung” entsteht; zudem schicken Beschaffungsagenturen auch Leute, so dass ein “Mehraugenprinzip” gewahrt wird.

Wie sieht es mit Überraschungsbesuchen in den Betrieben aus?

Es gibt einige Überraschungsbesuche, diese geben aber nur eine Momentaufnahme wider; es geht vor allem um die Schulung der Mitarbeiter, um das “Capacity Building” und das Training in Themen, die in Audits immer wieder hochkommen, wie zum Beispiel die Einhaltung gesetzlicher Arbeitszeiten, etc. Hierbei hat jedes Land ein eigenes Trainingsprogramm. Bestimmte Punktebewertungen müssen aus einem Audit erreicht werden (zwischen 0-100) und ein Jahr nach dem Training muss sich die Prozentpunktzahl auch nach oben geändert haben. Daran zeigt sich, ob sich der Trainingsaufwand gelohnt hat.

Dann möchte ich auch noch hinzufügen, dass Audits bei KiK immer von KiK selbst bezahlt werden, nie vom Lieferanten (wie dies etwa bei BSCI-Audits der Fall ist), um Bestechung vorzubeugen. Außerdem wird das Ergebnis dann direkt an KiK geschickt. Zudem gibt es die Auditorenhaftung, die über normale Audits hinausgeht und wobei die Audit-Firma für 90 Tage garantiert, dass die Zustände auch tatsächlich so sind, wie angegeben. Sind sie es nicht, droht eine Konventionalstrafe. Diese hat nicht den Zweck, die Dienstleister zu ärgern, sondern sie soll sicherstellen, dass gleiche Regeln für alle gelten.

Wird KiK die nachhaltigen Bemühungen, die im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht erwähnt werden, weiterführen? Genannt werden die Erhöhung des Anteils von Biobaumwolle, der Transport auf dem Seeweg, ressourcenschonende Verpackungen und Vermeidung von Plastik sowie die Langlebigkeit von Produkten.

Ja, auf jeden Fall, alle genannten Nachhaltigkeitsbemühungen werden weitergeführt, und zwar von KiK alleine oder als Mitglied einer Multistakeholder-Initiative. Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter und planen einige Neuerungen, die in den nächsten zwei Monaten aktuell werden. So wird KiK mit Blockchain starten. So sollen Identitäten, die in der tieferen Lieferkette nicht bekannt gegeben werden, jetzt bekannt gemacht werden, auch Auditierungsprozesse können darüber gemanaged werden. Dies ist derzeit ein vorrangiges Thema.

Zudem werden wir eine Partnerschaft mit der Firma EcoVadis eingehen, die Nachhaltigkeitsratings für Unternehmen erstellt. In einem Pilotprojekt wollen wir so Lieferanten-Ratings erstellen und bekannt machen.

Dann sind wir Teil des Smart Myanmar Projekts, dass von der deutschen Gesellschaft zur internationalen Zusammenarbeit (GiZ) ins Leben gerufen wurde. Dieses fördert den Dialog zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern und bezieht auch Umweltaspekte wie Abfall- und Wassermanagement mit ein.

KiK hat sich zudem dem Call to Action der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) angeschlossen. Darin geht es darum, dass Unternehmen als größere Gruppe bei Regierungen um Unterstützung und Entwicklungshilfen anfragen. Wie Sie sehen, waren wir in der Krise nicht untätig.

Fotos: mit freundlicher Genehmigung von KiK - 1) Ansgar Lohmann bei der Überprüfung der Gebäudestatik in einer Bekleidungsfabrik in Karachi, Pakistan; 2) Ansgar Lohmann; 3) Partnerfabrik in Yangoon, Myanmar; 4) Eröffnungstreffen mit Fabrikbesitzern in Karachi

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