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Das heikle Thema Greenwashing in der Mode und wie Großbritannien es bekämpft

Von Huw Hughes

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Business |Interview

Bild: Pexels

Greenwashing in der Mode ist derzeit ein heiß diskutiertes Thema. Vage Behauptungen wie ‚nachhaltig‘, ‚grün‘, ‚öko‘ und ‚umweltfreundlich‘ werden von Menschen, die nach transparenteren Möglichkeiten für einen verantwortungsvolleren Einkauf suchen, zunehmend kritisch hinterfragt.

Mit der wachsenden Nachfrage der Verbraucher:innen nach weniger umweltschädlicher Kleidung ist auch der Druck der Aufsichtsbehörden gestiegen, die neue Richtlinien dafür aufstellen, wie Marken ihre Nachhaltigkeitsbemühungen kommunizieren dürfen, und Strafen für diejenigen verhängen, die sich nicht daran halten.

Im vergangenen Sommer sorgten die britischen Moderiesen Asos, Boohoo und Asda für Schlagzeilen, als die britische Wettbewerbsbehörde CMA eine Untersuchung gegen sie einleitete. Die Behörde erklärte, sie wolle der Frage auf den Grund gehen, ob die drei Unternehmen ihre Kundschaft in Bezug auf die Nachhaltigkeit ihrer Produkte „in die Irre führen.“

Der Schritt der Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde erfolgte nur zehn Monate nach der Veröffentlichung des Green Claims Code. Dieser neue Leitfaden zeigt Marken, wie sie Greenwashing vermeiden können, indem sie ihre Nachhaltigkeitsangaben ehrlich und genau kommunizieren, um die Menschen nicht in die Irre zu führen.

Neun Monate nach Beginn der laufenden Untersuchung ist das Thema Greenwashing eine wiederkehrende Meldung in den Nachrichten über die Modebranche. Wie wird es sich weiter entwickeln, da sowohl die Regulierungsbehörden als auch die Gesetzgeber nach mehr Macht streben, um die Branche effektiv davon zu heilen?

In einem Interview mit FashionUnited sprach Cecilia Parker Aranha, die Direktorin für Verbraucher:innenschutz bei der CMA, über die laufende Untersuchung der Aufsichtsbehörde. Sie gibt Ratschläge, wie man Greenwashing als Marke vermeiden kann, und wie die Zukunft von Nachhaltigkeitskommunikation in der Mode aussehen könnte.

Können Sie mir ein wenig darüber erzählen, was der Green Claims Code ist und warum er so wichtig ist?

Aranha: Der Green Claims Code ist ein Leitfaden, der von der CMA Ende 2021 entwickelt wurde. Die Idee ist, dass er das britische Recht für Verbraucher:innen – also die Regeln, die alle Unternehmen im Bezug auf Nachhaltigkeitsbehauptungen befolgen sollten – aufgreift und interpretiert. Er soll Unternehmen helfen, zu verstehen, wie sie Umweltaussagen machen können und wie sie vermeiden können, gegen die Gesetzgebung zu verstoßen.

Mit der Erstellung des Kodexes sollten drei Dinge erreicht werden: Erstens: Sicherzustellen, dass die Verbraucher:innen geschützt werden und die richtigen Informationen über die Produkte erhalten, die sie kaufen. Zweitens: sicherzustellen, dass Unternehmen, die sich wirklich auf Nachhaltigkeitsthemen konzentrieren, das Vertrauen haben, ihre Geschichten zu erzählen, ohne befürchten zu müssen, des Greenwashings bezichtigt zu werden. Und drittens: sicherzustellen, dass Unternehmen, die sich nicht so sehr auf Nachhaltigkeit konzentrieren, sondern Greenwashing betreiben, keinen unfairen Vorteil gegenüber denen haben, die sich aufrichtig bemühen.

Nach fast einem Jahr, in dem der Green Claims Code in Kraft ist, gibt es interessante Ergebnisse, die Sie mitteilen können?

Als wir anfingen, die Modeindustrie zu untersuchen, haben wir zunächst eine Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften durchgeführt – soll heißen, wir haben uns Modeunternehmen in der gesamten Branche angeschaut, um uns ein Bild davon zu machen, was genau passiert.

Eine Sache, die uns sofort auffiel, war, dass viele Unternehmen zwar ökologische Behauptungen aufstellen, es aber schwierig ist, herauszufinden, ob sie wahr sind oder nicht, bis man anfängt, nachzuforschen. Wir haben zum Beispiel festgestellt, dass viele Unternehmen Behauptungen aufstellen, die vage sind und daher von der Kundschaft missverstanden werden könnten, es sei denn, sie recherchieren sehr gründlich, um zu verstehen, was damit gemeint ist. Dieses Problem war weit verbreitet.

Ein weiterer Punkt, der uns aufgefallen ist, ist, dass Greenwashing von Unternehmen oft unbeabsichtigt betrieben wird. Es gibt sicherlich Marken und Einzelhändler:innen, die absichtlich Greenwashing betreiben, aber viele handeln auch so, wie sie denken, dass es am besten ist – aber sie machen es nicht ganz richtig. Mit unseren Leitlinien, unserer Arbeit zur Durchsetzung der Vorschriften und unserem weiteren Engagement in der Branche versuchen wir also sicherzustellen, dass diese Unternehmer:innen genau wissen, was von ihnen erwartet wird. So können sie den Wandel vorantreiben und die Verbraucher:innen können den Behauptungen, die sie aufstellen, vertrauen.

Weil wir von unbeabsichtigtem Greenwashing sprachen: Sehen Sie Fehler, die Modeunternehmen wiederholt begehen, und haben Sie vielleicht einen Rat, wie sie diese vermeiden können?

Da fallen mir vor allem zwei Dinge ein. Erstens: Die Unternehmen beginnen nicht immer mit den Beweisen. Stattdessen denken sie zunächst: „Was können wir über dieses Produkt sagen, das grün ist?“, ohne über die entsprechenden Fakten zu verfügen. Zunächst einmal ist es wichtig, über solide Beweise zu verfügen, damit die Menschen alles, was sie über ihre Produkte sagen, nachprüfen können.

Zweitens beobachten wir, dass Unternehmen eine Behauptung über einen bestimmten Aspekt ihres Produkts aufstellen, bei dem der Schaden, der von diesem Produkt ausgeht, oder seine Umweltauswirkungen zwar stark sein können, aber möglicherweise nicht mit der einen Sache zusammenhängen, auf die aufmerksam gemacht wird.

Die Unternehmen müssen sich also bewusster machen, wie die Verbraucher:innen das, was sie sagen, interpretieren werden. Wenn ein Unternehmen den Menschen zum Beispiel sagt, dass ein Produkt aus recycelten Fasern hergestellt wird, werden die Verbraucher:innen dann annehmen, dass dies eine gute Entscheidung für die Umwelt ist? Wir sehen viele Unternehmen, die solche Behauptungen aufstellen, obwohl der Prozentsatz an recycelten Fasern in dem Produkt, von dem sie sprechen, in Wirklichkeit recht gering ist. Es ist wirklich wichtig, sich Gedanken über die Sprache zu machen, mit der das Produkt beschrieben wird.

Ein weiterer Punkt ist, dass ein Produkt vielleicht um die halbe Welt transportiert wird, giftige Farbstoffe verwendet werden oder andere Umweltschäden entstehen, von denen die Verbraucher:innen vielleicht nichts erfahren. Unternehmen müssen klipp und klar sagen, was sie meinen – wenn Sie ein Produkt mit 20 Prozent recycelten Materialien herstellen, dann sagen Sie das den Verbraucher:innen, anstatt zu behaupten, dass es ‚recycelt‘ sei.

Aber denken Sie auch an die breiteren Auswirkungen und daran, was die Verbraucher:innen verstehen könnten. Für kleinere Unternehmen ist das schwierig, denn sie haben offensichtlich kein großes Forschungsbudget, um herauszufinden, was die Menschen denken. Aber ich habe den Verdacht, dass viele Unternehmen überrascht sein werden, wie die Verbraucher:innen ihre Behauptungen interpretieren, und wenn diese Behauptungen nicht vollständig und genau sind, dann entstehen daraus Probleme.

Derzeit untersuchen Sie Asos, Boohoo und Asda. Können Sie mir ein wenig darüber erzählen, wie es dazu kam und wie es weitergeht?

Als wir unsere Compliance-Prüfung durchführten, begannen wir, uns auf diese drei Modeunternehmen zu konzentrieren, weil wir Bedenken hinsichtlich ihres Verhaltens hatten und sicherstellen wollten, dass sie alle Behauptungen, die sie aufstellten, auch belegen konnten.

Während wir bei vielen verschiedenen Unternehmen Probleme festgestellt haben, haben wir uns auf diese drei konzentriert, zum Teil wegen ihrer Größe und Bekanntheit, zum Teil aber auch wegen unserer Bedenken hinsichtlich ihrer Behauptungen. Leider kann ich Ihnen jedoch keine weiteren Informationen zu den Untersuchungen selbst geben, da diese noch nicht abgeschlossen sind. Das heißt, wir sind noch nicht zu einem Ergebnis gekommen, ob diese Unternehmen gegen die Regeln verstoßen haben.

Gibt es bestimmte Bereiche der Mode-Lieferkette oder Modesegmente, in denen Greenwashing am häufigsten vorkommt?

Wir haben in unseren Gesprächen mit der Branche sicherlich festgestellt, dass es innerhalb der Lieferkette Herausforderungen gibt. Modeunternehmen haben uns gesagt, dass es schwierig sein kann, von ihren Lieferanten Informationen darüber zu erhalten, was sie einkaufen. Auch sagen sie uns, dass es eine Menge Sorgfalt erfordert, ihre Lieferketten zu überwachen und sicherzustellen, dass sie verstehen, was vor sich geht, um sicherzustellen, dass sie keine falschen Angaben machen, weil sie falsche Informationen erhalten haben.

In Bezug auf das Segment ist es schwierig, sich auf einen bestimmten Bereich festzulegen. Bisher haben wir uns vor allem auf die Modebranche konzentriert, aber das liegt eher daran, dass wir versuchen, die Bereiche anzugehen, von denen wir glauben, dass sie für die Verbraucher:innen in Großbritannien den größten Unterschied ausmachen werden, und natürlich kaufen die meisten Brit:innen in den großen Geschäften und bei Online-Giganten wie Asos und Boohoo.

Aber ich würde sagen, dass es zwar Probleme bei den High Street- und Fast Fashion-Marken gibt, dass wir aber auch Bedenken haben, was einige der Designhäuser tun.

Sind die Luxusmarken die nächsten?

Im Moment liegt unsere Priorität darin, die eingeleiteten Untersuchungen abzuschließen, und dann werden wir darüber nachdenken, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind. Aber es ist sicherlich eine Möglichkeit, in Zukunft auch andere Zweige der Modeindustrie zu untersuchen.

Welche Arten von ‚weiteren Maßnahmen‘ könnten ergriffen werden, sobald Ihre aktuellen Untersuchungen abgeschlossen sind?

Es ist noch nicht klar, aber es könnte weitere Untersuchungen geben, oder wir müssen vielleicht detailliertere Leitlinien für den Modesektor erstellen, die den Green Claims Code ergänzen. Wir versuchen immer, das Maximum aus unserer Arbeit herauszuholen. Wenn wir also Untersuchungen abschließen und Schlussfolgerungen darüber ziehen, wie Unternehmen unter bestimmten Umständen die Vorschriften einhalten müssen, dann werden wir versuchen, dies so gut wie möglich zu nutzen, um einen Wandel herbeizuführen. Das kann bedeuten, dass wir mehr Informationen für Unternehmen darüber veröffentlichen, was wir getan haben, warum wir es getan haben und was sie tun müssen, um die von uns gefundenen Probleme zu lösen.

Im April 2022 verpflichtete sich die britische Regierung, der CMA die Befugnis zu geben, den Schutz der Verbrauchenden direkt durchzusetzen und Unternehmen bei Verstößen gegen geltendes Recht mit Geldstrafen von bis zu zehn Prozent des weltweiten Umsatzes zu belegen, anstatt langwierige Gerichtsverfahren zu führen.

Der Umfang einer solchen Operation scheint enorm und komplex zu sein. Wie schaffen Sie das?

Bei den Ermittlungen der CMA arbeiten wir in der Regel mit einem recht kleinen Team, aber wir ziehen dann Fachwissen aus anderen Bereichen hinzu, wie beispielsweise aus unserem Rechtsteam, unserem Wirtschaftsteam und unserem Team für Verhaltensforschung, das wirklich versteht, was die Verbraucher:innen denken.

Wir arbeiten auch mit dem International Consumer Protection and Enforcement Network (ICPEN) zusammen, dem inzwischen mehr als 70 Verbraucherschutzbehörden aus der ganzen Welt angehören. Wir haben eine Arbeitsgruppe mit dem Netzwerk, in der wir Informationen und Erfahrungen im Umgang mit verschiedenen Unternehmen in verschiedenen Ländern austauschen.

Natürlich ist das Thema Greenwashing sehr komplex, weil es grenzüberschreitend ist. Wir wollen also nicht, dass Unternehmen in einem Land einen bestimmten Standard erfüllen müssen und in einem anderen einen niedrigeren, so dass es ihnen hypothetisch möglich ist, ein Forum zu schaffen oder mit der Irreführung der Verbraucher:innen davonzukommen.

Wir sind auch eine Partnerschaft mit dem UN-Informationsprogramm für Verbraucher:innen für nachhaltigen Konsum und nachhaltige Produktion (CI-SCP) eingegangen und haben daher auch mit ihnen zusammengearbeitet, um ihren Rahmen für die Kommunikation über die Nachhaltigkeit von Mode zu entwickeln. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir wirklich versuchen, das, was wir lernen, zu nutzen, es mit anderen zu teilen und auch von anderen zu lernen, damit wir in Großbritannien den bestmöglichen Ansatz dafür haben.

Wie wird Ihrer Meinung nach die Zukunft des Greenwashings aussehen?

Ich hoffe natürlich, dass das Greenwashing ein Ende hat. Dass die Unternehmen anfangen zu verstehen, dass es nicht nur darum geht, aus der Idee der Nachhaltigkeit Profit zu schlagen, sondern dass wir alle gemeinsam verantwortungsvoll handeln müssen, um letztendlich einen nachhaltigen Konsum zu erreichen. Auf diese Weise werden die Menschen in der Lage sein, den Informationen, die sie sehen, zu vertrauen, und das wird uns in die Lage versetzen, ein nachhaltiges Konsumniveau zu erreichen. Davon abgesehen, haben wir noch einen langen Weg vor uns.

Und welche Schritte werden unternommen, um dies zu verwirklichen?

Wir haben der Regierung empfohlen, einige kleine Änderungen an der Verbraucherschutzgesetzgebung vorzunehmen, die unserer Meinung nach die Dinge einfacher machen würden. Dazu gehören zum Beispiel gemeinsame Definitionen von Begriffen, die häufig verwendet werden, damit die Unternehmen wissen, dass sie sich an diese Definitionen halten und die Regeln einhalten können. Dazu gehören auch doppeldeutige Begriffe wie ‚kohlenstoffneutral‘, ‚biologisch abbaubar‘ und ‚kompostierbar‘.

Wir haben festgestellt, dass die Unternehmen wirklich Sicherheit wollen. Deshalb haben wir der Regierung empfohlen, sich Gedanken darüber zu machen, wie sie diese Sicherheit geben kann, so wie es beispielsweise in der Lebensmittelindustrie der Fall ist. Dort darf man nur dann etwas angeben, wenn bestimmte Standards erfüllt werden. Zum Beispiel können Sie nur dann behaupten, dass ein Lebensmittel biologisch ist, wenn es 95 Prozent biologische Zutaten enthält. Wir halten es für unerlässlich, dass wir ähnliche Regeln für andere Branchen aufstellen, damit die Unternehmen sicher sein können, was sie sagen dürfen.

Die andere Sache ist, dass wir einige zusätzliche Regeln vorgeschlagen haben, um es uns zu erleichtern, gegen Unternehmen vorzugehen, die Greenwashing betreiben, und die Konsequenzen in Form von Geldstrafen zu verschärfen.

Dieser Artikel wurde auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ

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