Die neue Vertriebschefin der Oberalp-Gruppe über die Situation im Outdoormarkt und Frauen in Führungspositionen
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Der Outdoormarkt gehörte während der Pandemie zu den Gewinnern der Krise, weil es die Menschen nach draußen zog. Die aktuelle Konsumflaute trifft die Branche jedoch genauso hart wie alle anderen auch, und sie erfordert mutige Schritte. Gerade auch vom Vertrieb. Wir haben mit der frischgebackenen Senior Sales Managerin der Oberalp Gruppe für die DACH-Region, Irina Andorfer, über Margenerhalt, Preissteigerungen und die weitere Entwicklung im Outdoormarkt gesprochen. Sie verantwortet für die Oberalp-Gruppe den Vertrieb für die Marken Salewa, Dynafit, Wild Country und Evolv in der wichtigen DACH-Region und gehört zur nach wie vor überschaubaren Anzahl von Frauen in Führungspositionen im Outdoormarkt. Wir haben sie auf der Oberalp Convention in Zürich getroffen.
Sie haben gerade die Vertriebsleitung für die meisten Oberalp Marken im wichtigen DACH-Markt übernommen. Davor haben Sie lange den Vertrieb von Dynafit verantwortet. Sie müssen also einiges richtig gemacht haben. Was war das?
Wir sind ein People Business, und wir arbeiten in einer emotionalen Branche. Die Produkte sind nur die eine Seite. Was mich wahrscheinlich auszeichnet, ist, dass ich den Kontakt zu den Händler:innen suche, ich lebe das, das treibt mich jeden Tag an. Und ich bin ein Team Player: Denn wenn das Team gut funktioniert, läuft das Business von allein. Ich stecke viel Energie in die Team-Entwicklung und in Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen, damit sich das Team entwickeln kann. Ich muss und will gar nicht alles allein entscheiden – wer seinen Markt kennt, weiß oft selbst am besten, was zu tun ist.
Der Outdoorbranche wird vorgeworfen, sie sei eine Männerdomäne. Haben Sie das in Ihrer Karriere auch so wahrgenommen?
Gerade im Outdoorbereich ist es noch weit verbreitet, dass technische Produkte den Männern zugeschrieben werden, dabei kenne ich genug Gegenbeispiele, wo gerade Frauen besonders technikaffin sind. Ich denke, da ändert sich langsam etwas. Aber Frauen in Führungspositionen sind natürlich ein Thema. Obwohl es für mich persönlich nie eine große Rolle gespielt hat. Ich bin seit meiner Kindheit Sportlerin, und da gab es diesen Unterschied einfach nie. Wenn du gemeinsam in der Berghütte sitzt, dann sind einfach alle gleich. Aber wenn ich in die Sportbranche schaue - und ich bin seit 16 Jahren in der Sportbranche - dann sehe ich natürlich schon, dass da vorwiegend Männer die wichtige Positionen haben. Aber ich habe das auch beruflich nie als Thema für mich verbucht. Ich hab‘ einfach meinen Job gemacht und hatte immer Freude daran. Ich selbst bin relativ unkompliziert, und dieses Verhalten ist mir auch immer von Seiten der Männer entgegengebracht worden.
Braucht die Outdoorbranche also eine Quote?
Ich bin generell gegen eine Quote. Meiner Meinung nach sollten Kompetenzen zählen. Wichtig ist mir aber, und darauf achte ich auch in meinem Team, dass wir ein gemischtes Team haben und unterschiedliche Sichtweisen darin vertreten sind.
Worauf legen Sie Ihren Fokus in der neuen Position?
Mir ist es wichtig, effiziente Prozesse zu schaffen und dafür die Strukturen richtig aufzusetzen. Die Outdoor- und Sportbranche hat sich sehr professionalisiert in den letzten Jahren. Die Märkte sind gewachsen und es gibt mehr Marken, der Wettbewerb ist größer geworden. Um die nötige Relevanz für Kund:innen und Händler zu haben, musst du heute professionell sein. Deshalb haben wir auch gerade sechs neue Stellen geschaffen, um dem Handel mehr Service bieten zu können.
Was heißt das, dem Handel mehr Service bieten?
Wie ich schon sagte, wir sind ein People Business. Wir waren eine der ersten Firmen, die nach den Lockdowns in der Pandemie wieder persönliche Termine mit den Händler:innen gemacht haben – natürlich unter Einhaltung aller Sicherheitsvorschriften. Es geht schließlich um die Existenz der Händler:innen, und es ist unser Job, sie bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Es kommt immer darauf an, wie man Produkt und Händler:innen verbindet. Unser Job ist erst dann erledigt, wenn sich das Produkt auch aus dem Handel gut rausverkauft. Da will ich wieder ansetzen. Es sind in den letzten Monaten einige Dinge etwas zu kurz gekommen, weil sich in der Kommunikation mit dem Handel einfach viel darum gedreht hat, wann wir die Ware liefern können. Das war bei vielen Marken so.
Oberalp gehörte zu den ersten Unternehmen, die die Pandemie zum Anlass genommen haben, ihre Kollektionsstruktur zu überarbeiten. Weniger neue Produkte, mehr Durchläufer, mehr Fokus auf Werterhalt. Wie hat sich die Strategie bisher bewährt?
Die generelle Strategie am Beispiel von Dynafit lautet: Es gibt zwei Hauptkollektionen mit der Winter- und der Sommerkollektion und eine Zwischenkollektion – unsere Herbstkollektion. Die Farben sind so aufeinander abgestimmt, dass viele Teile weiter zur neuen Kollektion passen und mitlaufen können. Das haben wir sowieso schon so gemacht. Mehr Durchläufer ist ein wichtiges Thema auch in Bezug auf Nachhaltigkeit. Es macht einfach einen Unterschied, wie lange ein Produkt am Markt ist. Der Produktlebenszyklus wird verlängert. Bei Hartware ist das noch relevanter als bei der Bekleidung. Wenn es nicht jede Saison einen neuen Ski gibt, dann ist der aktuelle eben länger die neueste Entwicklung. Highlights gibt es natürlich trotzdem, aber die Basiskollektion läuft daneben durch. Der Handel schätzt das sehr. Es geht um Margenerhalt!
Was haben Sie als Unternehmen noch in der Pandemie gelernt?
Speziell für Österreich war es während der Pandemie extrem interessant zu sehen, dass die Österreicher:innen wirklich begeistert auf Skitouren gehen. Es waren ja keine Tourist:innen da, aber die Menge der verkauften Skitouren-Sets ist gestiegen. Das heißt, die Österreicher:innen lieben Skitouren!
Direct-to-Consumer-Kanäle haben für viele Marken während der Pandemie enorm an Bedeutung gewonnen, dabei ist der Outdoormarkt traditionell eher auf den stationären Fachhandel orientiert. Wie hoch ist der DTC-Anteil am Gesamtumsatz der Oberalp-Gruppe?
Der liegt unter fünf Prozent. Wir planen hier auch kein großes Wachstum. Für uns sind unsere Onlineshops vor allem Markenschaufenster, genauso wie unsere Monobrand-Stores. Markenwelten müssen auch online aufgebaut werden, das ist gerade mit Blick auf die Gen Z extrem wichtig. Die identifizieren sich mit Online-Kanälen wesentlich stärker. Natürlich wollen wir am Ende des Tages auch etwas verkaufen, aber diese Kanäle sind nicht umsatzgetrieben.
Gleiches gibt es übrigens auch auf stationärer Seite: Unsere Dynafit-Kompetenz-Center sind stationäre Händler, die eine hohe Glaubwürdigkeit und eine hohe Kompetenz haben. Diese Händler müssen gar nicht groß sein, aber sie sind enorm wichtig für uns, weil sie die Marke voranbringen. Auch hier geht es uns nicht primär um Umsätze.
Generell gilt: Der Wholesale hat eine große Rolle gespielt und wird es weiterhin, er ist wesentlich am Brandbuilding beteiligt. Die gemeinsame Aufgabe der Marken und dem Handel ist es hier, die richtigen Produkte im richtigen Kanal zu platzieren. Das bedeutet konkret, dass das beste Erfolgskonzept in der Zusammenarbeit die „Werteteilung“ zwischen Marke und Handel ist. Wenn die Endkundschaft versteht, wofür eine Marke steht – am Beispiel Salewa „Pure Mountain“ und die Produkte von Salewa bei einem Händler geführt werden, der ebenfalls für Outdoor steht - dann wird das erfolgreich sein.
Planen Sie, weitere Stores zu eröffnen?
Unser Fokus liegt auf der Weiterentwicklung unseres Mountain-Shop-Konzeptes. Hier handelt es sich um ein Franchisekonzept, welches wir mit bestehenden Partner:innen umsetzen und der Großteil der angebotenen Ware im Geschäft besteht aus Oberalp-Marken. Natürlich ist das Thema Outdoor wichtig, hier können wir mit unseren Marken gesamtheitlich abdecken, nichtsdestotrotz wollen wir der Endkundschaft auch die Möglichkeit bieten, über die Oberalpmarken hinaus eine Auswahl zu haben. Wir haben zum einen unsere eigenen Stores, und dann noch das Konzept der Mountain Stores als Franchise Konzept, wo der Großteil des Sortiments aus Oberalp Marken besteht. Aber es kann sein, dass auch ein kleiner Teil aus Fremdmarken besteht. Dieses Konzept wollen wir weiterentwickeln, aber es gibt kein Ziel, hier eine bestimmte Summe von Stores neu zu eröffnen, das passiert eher zufällig, wenn sich Gelegenheiten bei unseren bestehenden Partner:innen ergeben.
Welche Rolle spielen für Sie Marktplätze? Dieses Thema wird nach wie vor kritisch betrachtet.
Mit diesem Thema starten wir gerade erst. Die Endkund:innen bestimmen den Ort wo er kauft, nicht wir.
Nach der Pandemie haben wir jetzt schon die zweite Krise im Handel. Wie geht es dem Outdoorhandel gerade?
In unserem Bereich war die Pandemie ja sogar positiv, weil die Kund:innen raus wollten. Wer Outdoor anbieten konnte, konnte vieles wieder gut machen. Die große Nachfrage der letzten beiden Jahre bleibt aktuell aber aus.
Wie reagieren Sie auf die Situation jetzt?
Wir waren zum Glück sehr vorsichtig und haben die Produktionskapazitäten schon vor der sinkenden Nachfrage limitiert um nicht überzuproduzieren. Teilweise haben wir auch Bestellungen nicht angenommen, die zu hoch waren.
Aber natürlich sind wir auch betroffen von den verschiedenen Auswirkungen der Krisen. Die Auslieferung läuft, aber teils später als geplant. Gerade bei Bindungen und Ski wird sich der Engpass in der Produktion halten, das wird auch nächstes Jahr noch ein Thema sein. Bekleidung funktioniert da besser als Hartware.
Wie sieht die Preisentwicklung bei Ihnen aus?
Die Preise werden steigen. Diese Entwicklung kommt. Bei uns haben sich die Preise in der Vororder Winter 2023/24 durchschnittlich um zehn Prozent erhöht. Das ist ein branchenübergreifendes Phänomen, und dabei haben wir noch nicht einmal die ganzen Steigerungen weitergegeben.
Einige befürchten ja, gerade der Wintersport ist bald nur noch für Reiche bezahlbar. Was können Sie dagegen tun?
Es wird auch in Zukunft noch Preiseinstiegsprodukte geben. Die Frage wird eher sein: Wie lange trage ich das, und brauche ich wirklich für alle Sportarten eine eigene Ausrüstung? Hier können wir ansetzen und tun das auch durch langlebige oder multifunktionale Produkte.
Das bedeutet für Sie aber auch weniger Umsatz.
Ich bin sicher, dass der Outdoormarkt als Ganzes wächst, wir können es also gut kompensieren, wenn Endverbraucher:innen unsere Produkte länger nutzen wollen. Genau deshalb ist es besonders wichtig, nicht überzuproduzieren, damit der Markt nicht mit Ware überschwemmt wird.
Einige Marken und Händler:innen haben angefangen, Secondhand-Produkte zu verkaufen. Ist das für Sie oder Ihre Händler:innen schon eine Option?
Das Interesse ist zum Teil schon sehr groß, wenn auch nicht bei sehr vielen! Bergzeit ist ja gerade mit einem eigenen Secondhand-Shop gestartet. Oberalp macht das auch intern, da kann man auch gebrauchte Ausrüstung weiterverkaufen. Das Thema hat eine große Relevanz und wird wichtiger werden. Wir setzen verstärkt auf Reparaturservice, wie auch viele unserer Händler:innen.
Was sind jetzt Ihre nächsten Ziele?
Das neue Team aufbauen, die Prozesse optimieren, Klarheit in die Struktur bringen. Fokus auf den Handel und weiterhin in die enge Zusammenarbeit gehen.
Das Interview fand im Rahmen der Oberalp Convention in Zürich statt. Bei dem zweitägigen Event präsentierte das Unternehmen Händler:innen und Pressevertreter:innen die neuen Kollektionen für HW/2023 sowie einen Vortrag zum Thema Gen Z.