Digel: Wir erwarten ein Vororder-Plus von 10 Prozent
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Bei Digel geht es nun mit der Order in Düsseldorf so richtig rund. Erste Tendenzen gab es für den in Nagold ansässigen Menswear-Spezialisten aber schon bei der italienischen Herrenmode-Messe Pitti Uomo und in Frankreich, wo die Termine wegen der Olympischen Spiele vorgezogen werden mussten. Trotz einer schwierigen Gesamtsituation blicken Geschäftsführer Jochen Digel und Philippe Célény, Group Sales Director der Digel AG, positiv auf das laufende Geschäftsjahr.
Welche Produkte aktuell gut laufen, welche neuen Märkte ins Visier genommen werden und welche Erwartungen das Unternehmen für Düsseldorf hat, verraten die beiden im Interview.
Wie war der Start in die neue Orderrunde?
Jochen Digel: Wir haben wirklich gerade erst begonnen. Die Pitti Uomo ist für uns der Startschuss und eine gute Messe. Wir hatten etwa 500 Besucher:innen am Stand, von denen die Hälfte aus Italien kam. Das ist dann doch anders als bei vielen anderen deutschen Marken, die hauptsächlich ihre deutschen oder anderen internationalen Kund:innen empfangen. Als internationales Unternehmen sind im Export Frankreich und Italien die stärksten Märkte. Daher sehen wir die Pitti auch als Heimatmesse.
Wurde für diese Märkte schon geordert?
Jochen Digel: In Frankreich gab es gerade die ersten Aufträge. Allerdings können wir durch die Olympischen Spiele unseren Pariser Showroom nicht so nutzen, wie wir es eigentlich möchten. Unsere Kund:innen bekommen da kein Hotelzimmer und wenn, dann kostet es das x-fache. Dementsprechend führen die Olympischen Spiele speziell in Frankreich dazu, dass die Orderzeit vorgezogen wurde. Aber Philippe, der neben seiner Rolle als internationaler Vertriebschef auch Geschäftsführer der Digel France ist, kann sicherlich noch mehr zu den ersten Ordern in Frankreich sagen.
Philippe Célény: In Frankreich stehen wir gegenüber dem Frühjahr/Sommer 24 auf einem Pari, was für uns bereits eine gute Saison war. Mit Digel und Digel Move haben wir zwei globale Kollektionen. Allerdings liegt bei der Umsatzgenerierung im Sommer ein starker Fokus auf Anlass und Formalwear. Wir haben das Glück, dass die Mehrheit der französischen Kund:innen auf uns zukommt und sagt: "Wir hatten mit Euren Produkten beim Abverkauf in diesem Segment eine gute Saison.” Derweil scheinen aber die Sportswear- und Casual-Wear-Spezialist:innen beim Abverkauf sehr gelitten zu haben.
Abseits der Formal Wear, was läuft aktuell noch gut?
Philippe Celeny: Dadurch, dass wir immer globaler werden, verkaufen wir mehr Baumwollhosen, Strick und Hemden. Aber auch Jacken laufen im Sommer. Das ist eine Produktkategorie, die wegen des Klimas gar nicht gelitten hat. Mit Footwear haben wir noch zusätzlich eine relativ neue Warengruppe, die inzwischen acht Prozent unseres Gesamtumsatzes ausmacht. Diese Warengruppen, die als Ensemble sehr gut zur Kollektion passen, sind bei uns stark im Aufstieg. Natürlich sind sie im Volumen noch deutlich niedriger als die Formal Wear, aber prozentual sind es die Kometen dazu.
Jochen Digel: Unsere Händler:innen kaufen wirklich markenspezifischer ein. Früher haben sie viel bei Produktspezialist:innen geordert. Mittlerweile begreifen sie, dass Marken wie Digel ein Portfolio mit Produkten wie Strick, Hemd oder auch mal einer Chino anbieten, das auf die Baukästen mit Anzügen abgestimmt ist. Das kaufen sie mittlerweile einfacher mit. Vor zehn Jahren war es viel schwieriger, unseren Kund:innen solche Dinge zu verkaufen. Das mag zwar auch daran liegen, dass in der Zwischenzeit ein paar Produktspezialist:innen pleite gegangen sind – egal ob im Hemden-, Hosen-, oder Jackenbereich – aber man sieht eben prozentual, dass es gerade diese Produktgruppen sind, die in unserer Vororder am meisten zulegen.
Die Jacke läuft dank des ausbleibenden Sommers. Bis zu welchem Preis geht der Handel mit, bevor er dennoch ins Schwitzen gerät?
Jochen Digel: Im deutschen Handel liegen die Jacken bei uns zwischen 179 und 299 Euro. Baumwolle spielt bei uns im Sommer zwar auch eine Rolle, aber grundsätzlich geht es um Funktion. Im Zweifelsfall ist es doch immer die Regenjacke oder der Regenmantel – Sakko bedeckend – den wir dazu verkaufen. Außerdem laufen bei uns Blousons. Die können wir rauf und runter verkaufen. Es geht sogar so weit, dass wir in einigen Baukasten-Stoffen zusätzlich auch einen Blouson anbieten, weil die Endkonsumenten ihn dann auch mit einer normalen Anzughose kombinieren.
Philippe Célény: Jacken sind bei uns zwar Teil der Kollektion, aber dadurch, dass wir uns mit Thomas Beller vor drei Jahren einen Experten für das Thema an Bord geholt haben, geht der Bereich über eine Ergänzung zur Formal Wear hinaus. Auch wenn das Umsatzvolumen eher so ausfällt, als wäre es eine Ergänzung, ist jedes Produkt mit seiner Expertise wirklich so verfeinert, wie bei einem Jackenspezialisten.
Welchen Anteil macht die Jacke im Sommer aus?
Philippe Célény: Die liegt ungefähr bei sechs Prozent.
Stellen Sie allgemein eine gewisse Preissensibilität bei Händler:innen fest?
Philippe Célény: Es gibt zwei Realitäten: Eckpreislagen und Herzschlag-Kauf. Und es braucht beide. Wir binden Eckpreislagen sehr oft mit Never-out-of-Stock (NOOS) und mit System – egal ob Hemd, Strick, Jacke oder Hose. Da muss der Preis schon stimmen. Baumwollhosen liegen zum Beispiel zwischen 99,95 und 119 Euro. Beim Herzschlag-Produkt spielt der Preis natürlich weniger eine Rolle.
Bei welchen Produkten schlägt das Herz des Handels höher?
Philippe Célény: Funktionsprodukte wie Jacken und Hosen, die Mehrwert und Storytelling haben. Oder es sind Produkte, die sich perfekt mit einem Outfit verbinden. Sakko und Hose werden mit einem Strick-Pendant kombiniert, das ein bisschen mehr heraussticht. Wir verkaufen also immer mehr den Total Look und nicht in Warengruppen.
Welche modischen Key-Themen bestimmen die SS25-Ordersaison?
Philippe Célény: Bei Digel Move beschäftigen wir uns sehr viel mit den Passformen. Bequemlichkeit, Komfort und lässige Attitüde gewinnen immer mehr an Bedeutung. Unsere Herausforderung ist, diese neue Passform in die Kollektion zu integrieren. In der NOOS spielen wir ganz andere Styles mit Fit, Regular, Slim Fit und Extra Slim Fit und Slim Fit, die nach wie vor gut laufen. Wir merken aber, dass diese Revolution der Passform kommt und wir unsere Balance finden müssen. Dennoch darf man nicht vergessen, dass wir kein Balenciaga, keine trendige Firma sind. Wir integrieren Trends, Urbanität und die Contemporary-Ebene und machen daraus eine kommerzielle Basis.
Wie sind denn jetzt die Erwartungen für Düsseldorf?
Jochen Digel: Generell wird es mal wieder keine einfache Saison. Frühjahr und Sommer waren einfach zu verregnet. Die Umsatzzahlen für Mai und Juni waren für den Handel alles andere als gut und ein paar deutsche Kund:innen planen auch zu reduzieren. Trotzdem haben wir ja auch neue Vertriebsgebiete wie in Italien rund um Neapel. Wir fangen erstmals in Finnland an und entwickeln uns in Amerika und Spanien, wo wir seit eineinhalb Jahren aktiv sind, nach vorne.
Es wird Gebiete geben, die Pari machen werden. Es wird Gebiete geben, die ein bisschen verlieren. Es wird Gebiete geben, die, wenn sie mit null verglichen werden, ein riesiges Plus machen werden. Es geht von bis, aber wir sehen schon für uns die Chance, dass wir in unserem stärksten Vororderder-Produkten – saisonale Baukästen und Sakkos – punkten können. Insofern erwarten wir in der Summe ein Vororder-Plus von 10 Prozent.
Philippe Célény: Düsseldorf ist für unseren deutschen Heimatmarkt, aber auch internationale Märkte wichtig. Es kommen immer mehr Belgier:innen und Niederländer:innen, ein paar aus der Schweiz sowie viele Kund:innen aus dem Nahen Osten und den osteuropäischen Nachbarländern.
Im Direktvertrieb sind Sie nur über Ihren Webshop vertreten. Welchen Anteil macht der E-Commerce bei Digel aus?
Jochen Digel: Online für uns ein gutes Thema ist, aber kein Riesenthema. Da geht es viel um Preisgegenüberstellung und vor allem günstigere Preise. Das gibt es bei unserem Onlineshop nicht. Wir halten unseren unverbindlichen Verkaufspreis, sonst würden unsere Kund:innen uns ja für verrückt erklären, wenn die Produkte in unserem Onlineshop günstiger sind, als in deren Läden. Das überlassen wir dann den Onlinehändler:innen. Bei uns geht es auch mehr darum, das ganze Portfolio, den Markenauftritt und das ganze Drumherum zu zeigen. Es geht nicht um Umsatzmaximierung oder Deckungsbeitragsmaximierung. Deswegen ist online für uns kein Riesenthema. Da liegen die Umsätze unter zwei Prozent.
Philippe Célény: Wir bauen unser Digitalnetz Schritt für Schritt auf. Derzeit sind wir in Deutschland, Österreich, Belgien, Frankreich und Italien vertreten.
Jochen Digel: Dennoch hatten wir in letzter Zeit ein Problem mit Fake-Onlineshops aus Ungarn und anderen Regionen. Aber das ist kein reines Digel-Thema. Da gibt es sicher andere Anbietende, bei denen der Nachbau lukrativer ist, als sich unseren Onlineshop vorzunehmen.
Sind Sie dagegen vorgegangen?
Jochen Digel: Wir haben dafür eine Agentur beauftragt, die diese schließt.
Zum Abschluss: Wie ist die Erwartung für das restliche Geschäftsjahr?
Philippe Célény: Wir wollen uns nicht mehr auf das Jahr 2019 vor der Pandemie berufen, sondern aus unserem Rekordjahr 2023 die neue Benchmark machen. Es ist sehr herausfordernd, insbesondere in der heutigen Zeit, aber unser Ziel ist es, per Jahresende auf dem Rekordniveau von 23 zu bleiben.