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Drama in einer Textilwerkstatt in Marokko: Das Urteil

Von AFP

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Foto: Unsplash, Mehdi Lamaaffar

Der Besitzer einer Textilwerkstatt im Norden Marokkos, in der 29 Angestellte, mehrheitlich Frauen, im vergangenen Februar ertranken, wurde am Donnerstag laut einem Anwalt der Nebenklage zu anderthalb Jahren Haft verurteilt, ein Urteil, das von den Familien der Opfer kritisiert wurde.

Der Hauptangeklagte, Adil El Balili, erhielt eine 18-monatige Haftstrafe mit einer Geldstrafe von 1.000 Dirham (95 Euro) wegen „fahrlässiger Tötung“ in erster Instanz vom Gericht in Tanger, wo sich die Werkstatt befindet, wie der Anwalt Abdelmounaïm Rifaï gegenüber AFP erklärte.

Der Angeklagte wurde laut lokalen Medien wegen fahrlässiger Tötung, Verletzung des Gesundheitsstandards, Eröffnung eines Unternehmens ohne Genehmigung, Beschäftigung von Minderjährigen ohne Genehmigung und Nichteinhaltung der Hygiene- und Sicherheitsbedingungen in der Werkstatt angeklagt.

Die in das Drama verwickelte Wasser- und Elektrizitätsgesellschaft von Tanger, Amendis, eine Tochtergesellschaft des Riesen Veolia, wurde ihrerseits dazu verurteilt, 200.000 Dirham (19.000 Euro) als Entschädigung an die Hinterbliebenen von 28 der 29 Opfer zu zahlen. Das Gericht erklärte sich laut Anwalt Rifaï für die Entschädigung der 29. verstorbenen Person für nicht zuständig.

„Die Familien der Opfer sind mit dem Urteil nicht zufrieden. Sie bestehen auf der Verantwortung der lokalen Behörden, die die Werkstatt genehmigt haben, und werden Berufung einlegen“, sagte Zineb Issayeh, Mitglied des Unterstützungskomitees der Familien der Opfer, gegenüber AFP.

Am 8. Februar, mitten in der Nacht, war die Textilwerkstatt, die sich im Untergeschoss einer Privatresidenz in der Hafenstadt befand, nach sintflutartigen Regenfällen ohne Fluchtweg überflutet worden, was zum Ertrinkungstod von 29 Beschäftigten führte.

„Illegale“ Werkstatt und „informelle“ Einheiten

Nachdem die Behörden zunächst von einer „illegalen“ Werkstatt gesprochen hatten, hatten sie eingeräumt, dass das beschuldigte Unternehmen „legal“ war. Das Drama, das die Debatte über die Arbeitsbedingungen und die Mängel des informellen Sektors in Marokko neu entfacht hatte, löste im ganzen Land Empörung aus.

Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Produktion der Textil- und Lederbranche in Marokko stammt aus „informellen“ Einheiten, einschließlich Produktionseinheiten, die „nicht den gesetzlichen Normen entsprechen“, so eine 2018 veröffentlichte Studie des marokkanischen Arbeitgeberverbands (CGEM).

Diese Werkstätten, die oft für große internationale Marken arbeiten, sichern den Lebensunterhalt von Tausenden von Familien in Tanger. In der Tat ist das Problem in Marokko nicht neu: prekäre Bedingungen, sehr niedrige Löhne, belastende Arbeitszeiten und fragwürdige Sicherheitsstandards sind an der Tagesordnung. Die Praktiken der Textilindustrie wurden in verschiedenen Berichten an den Pranger gestellt. (AFP)

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ.

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