Endlich offiziell: Kaufhof und Karstadt fusionieren zum europäischen Schwergewicht
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Die zwei größten deutschen Traditions-Warenhäuser Kaufhof und Karstadt gehen zusammen. Der historische Zusammenschluss, der jahrelang als tiefgreifender möglicher Einschnitt durch die deutsche Einzelhandelslandschaft geisterte, ist jetzt Realität. Offen bleibt, was diese Fusion für Mitarbeiter und Standorte bedeutet; dazu äußerten sich die Mutterkonzerne Signa und Hudson’s Bay Company in der Mitteilung am Dienstag nicht.
Das Joint Venture zwischen Karstadt und Kaufhof soll von dem derzeitigen Karstadt-Geschäftsführer und Leiter von Signa Retail Stephan Fanderl geführt werden. An der neuen Holdinggesellschaft aus den beiden Warenhausketten hält das österreichische Immobilien- und Einzelhandelsunternehmen Signa 50,01 Prozent der Anteile über seine Retail-Sparte, während die verbliebenen 49,99 Prozent dem kanadischen Konzern Hudson’s Bay Company (HBC) gehören. Das neue Unternehmen umfasst 243 Standorte in europäischen Innenstädten mit rund 32.000 Mitarbeitern. Mit einem kombinierten Umsatz von über 5 Milliarden Euro steigt das Gemeinschaftsunternehmen zu einem der größten Warenhauskonzerne Europas auf.
Mit der heute verkündeten Vereinbarung hat es Signa-Eigentümer René Benko endlich geschafft den Kaufhaus-Konzern unter seine Führung zu bringen. Jahrelang bot er für die Warenhauskette, zuletzt soll er Anfang des Jahres 3 Milliarden Euro für die Übernahme von Kaufhof geboten haben, eine Offerte die HBC damals ablehnte. Teil der jetzt angekündigten Zusammenlegung ist ein über 400 Millionen Euro schwerer Immobiliendeal zwischen HBC und Karstadt.
Hudson’s Bay gibt europäisches Einzelhandelsgeschäft ins Joint Venture
Das neu geschaffene Einzelhandelsunternehmen schließt nicht nur die Kaufhäuser der Galeria Kaufhof GmbH und die Karstadt Warenhaus GmbH mit ein, sondern auch das gesamte Einzelhandelsgeschäft von HBC Europe. Die Holdinggesellschaft umfasst somit auch die Häuser von Saks Off 5th, Galeria Inno in Belgien, Hudson‘s Bay in den Niederlanden, Karstadt Sports und der gesamte Lebensmittel- und Gastronomiebereich der beiden Unternehmen.
Durch die Fusion sollen auch die E-Commerce-Plattformen der Konzerne über Länder und Kategorien hinweg verschmelzen: galeria-kaufhof.de, saks-off-5th.de, inno.be, hudsonsbay.nl, dinea.de, karstadt.de, karstadt-restaurant.de, karstadt-reisen.de, hood.de, kisura.de und karstadtsports.de werden zusammengeführt um “eine starke Plattform für zukünftiges Wachstum im E-Commerce-Segment” zu schaffen.
“Durch dieses Gemeinschaftsunternehmen haben zwei Traditionsunternehmen eine ideale Lösung gefunden, um sich im stark umkämpften deutschen und europäischen Einzelhandelsmarkt erfolgreich zu positionieren”, sagte Fanderl in einer Pressemitteilung am Dienstag. “Jetzt beginnt eine Phase, die von harter Arbeit, großen betrieblichen Herausforderungen und fordernden Marktveränderungen geprägt ist.”
Signa und HBC werden sich die sechs Vorstands-Sitze teilen und die wichtigsten Entscheidungen gemeinsam treffen, hieß es in einer Mitteilung von HBC.
”Die Schaffung eines stärkeren Warenhausbetreibers in Europa erlaubt es uns unsere Aufmerksamkeit auf die nordamerikanischen Häuser zu richten, was uns hilft die richtigen strategischen Entscheidungen zu treffen, was uns dabei hilft das Geschäft und die Profitabilität innerhalb dieser Einheiten anzukurbeln, sagte Helena Foulkes, Geschäftsführerin von HBC in einer Mitteilung des Unternehmens.
Offene Fragen
Kaufhof und Karstadt kündigten in der Pressemitteilung an, dass das strategisches Ziel hinter der Fusion darin besteht, das Einzelhandels- geschäft zukunftsfähig zu machen. Zusammen könnten die Warenhäuser beider Unternehmen neue Formate im Einzelhandel ausprobieren, Prozesse effizienter gestalten und müssen vor allem auf allen Kanälen, sowohl offline als auch online verkaufen.
Angesichts der zuletzt schwachen Zahlen bei der europäischen Einzelhandelssparte von HBC, stellt sich die Frage was als Nächstes auf die Mitarbeiter von Kaufhof und Karstadt zukommt. Das Europageschäft von HBC zu dem außer Kaufhof auch Saks Off 5th, Hudson’s Bay in den Niederlanden und Galeria Inno in Belgien gehören, meldete im Juni einen Umsatzrückgang von 6,6 Prozent während der gesamte Mutterkonzern HBC im ersten Quartal 2018/19 tiefer in die Verlustzone rutschte. Bei Karstadt hingegen wird die Trendwende verkündet, der Konzern soll laut Geschäftsführer Fanderl bereits 2017 in die Gewinnzone zurückgekehrt sein.
Am Dienstag wurden keine Einzelheiten zu einem möglichen Stellenabbau bekannt. Zuvor berichtete die Bild am Sonntag in ihrer jüngsten Ausgabe, dass Signa 250 bis 300 Millionen Euro für die Sanierung von Kaufhof und für Abfindungen ausgeben werde. Nach der Fusion könnten zwischen 4500 bis 5000 der 20.000 Stellen bei Kaufhof gestrichen werden, berichtete die Zeitung und berief sich dabei auf nicht näher genannte Personen.
“Wir glauben, dass es die beste Lösung für Kunden, HBC, unsere Mitarbeiter und die Stadtzentren ist, in denen wir tätig sind”, sagte Foulkes, in einer gemeinsamen Mitteilung über den Zusammenschluss mit Karstadt.
Millionenschwerer Immobilien-Deal
Als Teil der Vereinbarung erwirbt Signa über sein Immobilienunternehmen Signa Prime Selection AG 50 Prozent der europäischen Immobilien von HBC für 616 Millionen Kanadische Dollar ( 411 Mio. Euro), teilte Hudson’s Bay Company am Dienstag mit. Das Immobilienportfolio wird 39 Immobilien aus einem bestehenden Joint Venture von HBC in Europa umfassen sowie 18 weitere Immobilien, die bisher zu Galeria Kaufhof gehörten. Das Kaufhof-Warenhaus in Köln und das Carsch-Haus in Düsseldorf werden im Zuge der Transaktion zu 100 Prozent von Signa übernommen. Der Verkaufserlös wird von HBC zur dringend notwendigen Schuldenreduzierung verwendet und bewertet die gesamte deutschen Immobilien von Hudson’s Bay mit 3,25 Milliarden Euro, teilte das in Toronto ansässige Unternehmen mit. Bei der Übernahme von Kaufhof 2015 hatte Hudson’s Bay 2,5 Milliarden über das gesamte Unternehmen einschließlich Immobilien gezahlt.
Die Verträge zwischen HBC und Signa wurden bereits unterschrieben, aber der Vollzug der Transaktion steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Wettbewerbsbehörden.
Hier hatte Bundeskartellamt-Präsident Andreas Mundt bereits ein „extrem umfangreiches und aufwendiges Verfahren“ für den Fall einer Fusion zwischen Kaufhof und Karstadt angekündigt. Der Mitbewerber Sinn GmbH prüfe auch eine Kartellbeschwerde falls Kaufhof und Karstadt sich zusammentun, sagte der Generalbevollmächtigter des Hagener Modekonzerns.
Foto: Kaufhof, Karstadt, Hudson's Bay