Firmen legen Pläne vor: Textilbündnis auf dem Prüfstand
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Das Textilbündnis, zu dem sich Politik, Nichtregierungsorganisationen und Modeindustrie zusammengeschlossen haben, um sich für eine nachhaltigere, umwelt- und sozialverträglichere Textilproduktion einzusetzen, geht in diesen Tagen in seine entscheidende Phase. Die beteiligten Unternehmen schicken sich an, ihre konkreten Pläne zum Erreichen der Zielvorgaben einzureichen und bewerten zu lassen. Im Zuge dessen wird sich zeigen, wer es ernst meint und wer nur eine weitere Greenwashing-Kampagne anstrebt.
Gerade die Menschenrechts- und Umweltorganisationen des Bündnisses mahnen die Vertreter der Industrie derzeit nachdrücklich an, ihre sogenannten Roadmaps einzureichen. Wieviele das in den nächsten Tagen und Wochen sein werden, ist jedoch bislang völlig offen. „Wie viele Mitglieder des Textilbündnisses werden ihre Roadmap veröffentlichen? Welchen Anspruchsgrad werden diese Roadmaps haben? Wird das Bündnis sich auf inhaltlich verbindliche Anforderungen für die Roadmaps der nächsten Jahre wie zum Beispiel Schritte hin zur Umsetzung von existenzsichernden Löhnen einigen?“ will etwa die Organisation Clean Clothes Campaign - Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) wissen.
In diesem Jahr müssen die Hersteller zum ersten Mal eine Roadmap erstellen und diese einer externen Prüfung auf Plausibilität durch einen unabhängigen Dienstleister unterziehen. Einige Unternehmen wie Otto oder Rewe sind dieser Verpflichtung bereits nachgekommen. Andere hingegen drücken sich laut CCC weiter und sind daher zum Teil schon wieder aus dem Bündnis ausgeschlossen oder sind selbst ausgetreten. Zu den umsatzstärksten und öffentlich bekannten Unternehmen, die das Bündnis verlassen haben, zählen beispielsweise Engbers, Ernsting's Family, Real, Trigema und Walbusch.
Auch Unternehmen fordern mehr Engagement
„"Das Bündnis jetzt zu verlassen, wo die Unternehmen über ein Lippenbekenntnis hinausgehen müssen, zeigt, dass ihr Engagement für Sozial- und Umweltstandards in ihren Lieferketten wohl doch nicht so ernst gemeint war" so Berndt Hinzmann vom ebenfalls am Textilbündnis beteiligten INKOTA-Netzwerk. Die Roadmaps der 20 zivilgesellschaftlichen Mitglieder des Textilbündnisses wurden extern auf Plausibilität geprüft und angenommen. Ein Großteil davon ist auch bereit, diese zu veröffentlichen, obwohl das gegenwärtig vorgegebene Fragenraster schwierig mit den Aktivitäten der Zivilgesellschaft vereinbar war und ihr politisches Engagement weit über ihre Mitarbeit im Textilbündnis hinausreicht, was aber in der Roadmap nicht darstellbar war.
Die zivilen Organisationen fordert nun nochmals alle Unternehmen im Bündnis auf, ihre Roadmaps ebenfalls zu veröffentlichen, um ihr Engagement transparent in der Öffentlichkeit darzustellen. „Transparenz ist ein wichtiger Aspekt, um zu nachprüfbaren Verbesserungen der sozialen und ökologischen Bedingungen in der textilen Kette zu gelangen. Daneben ist vor allem das Ambitionsniveau der geplanten Maßnahmen ein wichtiger Gradmesser", erläutert Maik Pflaum von der Christlichen Initiative Romero, die ebenfalls Teil des Bündnisses ist.
Ihre konkreten Pläne veröffentlich haben zuletzt die beiden Handelsunternehmen Otto und Rewe. Rewe lässt darin wissen, dass man bereits jetzt sämtliche Produktionsstätten für textile Eigenmarken in relevanten Ländern auf die Einhaltung von Sozialstandards überprüfe. Gleiches gelte auch für die Abwasserqualität der Fabriken, die das Unternehmen im Rahmen seines Detox Programms ebenfalls kontrolliert. Neu in den Maßnahmenkatalog aufgenommen hat Rewe eigenen Angaben zufolge das Thema „Umweltmanagement". Man habe sich für das Jahr 2017 vorgenommen, einen geeigneten Anbieter für ein Umweltmanagement-Programm zu identifizieren, um in der Folge einen Piloten zu starten. Innerhalb des Bündnisses engagiere man sich außerdem in der Expertengruppe Chemikalien- und Umweltmanagement für die Schaffung gemeinsamer Standards und in einer Projektgruppe für gemeinsame Trainingsmaßnahmen für Fabriken vor Ort.
Für den Versandhändler Otto steht aktuell vor allem die Überprüfung und Neuausrichtung der tieferen Lieferkette auf der Agenda. Vor allem das Auslisten bestimmter Chemikalien in der Vorstufe soll weiter vorangetrieben werden, heißt es aus dem Konzernsitz in Hamburg. Außerdem will das Unternehmen den Anteil an nachhaltiger Baumwolle aus dem Cotton made in Africa-Programm weiter ausbauen und mithilfe weiterer Qualifizierungsmaßnahmen in den Betrieben die Arbeitsbedingungen weiter verbessern.
Genauso wie CCC, INKOTA oder Romero fordern auch Rewe und Otto mehr Engagement von den anderen beteiligten Unternehmen und der Politik. Damit das Textilbündnis ein Erfolg werden könne, müssten alle Partner aktiv ihren Beitrag dazu leisten, so Johannes Merck, Direktor Corporate Responsibility bei der Otto Group. „Das Bündnis hat eine Zukunft, wenn alle Mitglieder – und ich betone alle – ihre Kräfte mobilisieren und dort einsetzen, wo die Hebelwirkung am größten ist.“ Dazu gehör es auch, Kompromisse zu schließen. Eine ausschließlich an Unternehmen gerichtete Erwartungshaltung könne hierbei nicht erfolgreich sein. „Neben den Nichtregierungsorganisationen ist insbesondere die Politik gefordert, die bei den Regierungen der Partnerländer darauf drängen muss, dass bestehendes Arbeitsrecht umgesetzt und gewerkschaftliche Strukturen gestärkt werden“, so Merck weiter.
Foto: birgitH / pixelio.de