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Florian Wortmann: Alle sollen das neue Brandbuilding von Bugatti spüren und leben

Von Ole Spötter

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Business |Interview

Florian Wortmann Bild: Markus Oh / Bugatti

Seit knapp drei Wochen ist Florian Wortmann als Chief Brand Officer (CBO) bei der Bugatti Holding Brinkmann GmbH & Co. KG im Amt und er fackelt nicht lange. Für den ehemaligen Baldessarini-Chef ist klar, dass er in die ostwestfälische Marke Struktur bringen muss. Das bedeutet aber auch, sich erstmal einen Überblick zu verschaffen und aufzuräumen, bevor er und Geschäftsführer Julius Brinkmann mit einer neuen Strategie durchstarten können.

Wie der Start für Wortmann in Herford war, welche Vision er für Bugatti hat und wie diese zwischen Stammkundschaft und neuen Konsument:innen gelingen soll, erzählt er im Gespräch mit FashionUnited.

Herr Wortmann, wie war der Start bei Bugatti?

Das Onboarding in der ersten Woche war gut – von IT bis zum Büro war alles fertig und richtig durchgetaktet. Sonst heißt es immer: Das Handy gibt es morgen und die Autoschlüssel übermorgen. Ich habe dann direkt den Brückentag genutzt um anzukommen, die Ausstattung zu bekommen und so in Ruhe in die Woche ‘reinzuflowen’.

Von meinen neuen Kolleg:innen und der gesamten Familie Brinkmann wurde ich herzlich empfangen – daran merkst du direkt die positive Energie eines Familienunternehmens. Am Donnerstag ging es nach Mönchengladbach, wo sich die Produktbereiche Hemd, Strick, Wirk und Hose befinden – in Herford sitzen Marketing, Womens- und Menswear. Freitags ist von Anfang an Homeoffice geplant.

War es eine große Umstellung für Sie gegenüber der bisherigen Position als Managing Director bei Baldessarini?

Diese Position wurde neu geschaffen. Vorher war ich zwar komplett für die Marke Baldessarini verantwortlich, jetzt ist es aber auch ein viel größeres Schiff [Anm. d. Red.: Umsatz der Bugatti Holding Brinkmann lag 2022 bei 201 Millionen Euro].

Natürlich ist es erstmal schön, sich jetzt auf Produkt- und Brandbuilding zu konzentrieren. Es hat sich für mich aber auch nicht viel geändert. Ich habe hier zwar keine Verantwortung für den Sales-Bereich, berichte aber dennoch an Julius [Brinkmann], so wie damals an Frau Ahlers [Anm. d. Red.: Stella Ahlers, Vorstandsvorsitzende der ehemaligen Baldessarini-Mutter Ahlers AG]. Ich habe also immer noch mit den Inhabenden zu tun, wobei Julius gleichzeitig noch CEO ist. Es wäre vielleicht nochmal ein anderes Gefühl, wenn es ein externer CEO wäre. Insofern bin ich im engeren Entscheiderkreis.

Und Sie verantworten ja auch den geschäftlichen Teil für diesen Bereich.

Ganz ohne Zahlen geht es nicht. Ich verantworte hier viel größere Budgets und es geht mir auch um Kostensensibilität und Disziplin – Worte, die Kreative nie hören möchten. Aber ich komme aus einer von Zahlen getriebenen Schule und für mich stellt sich dann immer die Frage: Wo geben wir den Euro aus und ist es effizient?

Mit dieser Effizienz beschäftige ich mich viel in meinem Arbeitsbereich und Leading. Ich werde hier nicht stehen wie ein Designer, der in seinem Loft Farbkonzepte an die Wand wirft. Es geht darum, dass wir Geld verdienen und es eine rentable Marke ist. Dabei betätige ich auch schon zwei riesige Hebel – auf der einen Seite mit dem Produkt, mit dem wir Umsatz generieren können und zum anderen mit Marketing, wo wir viel Geld ausgeben können.

Haben Sie bereits eine Tendenz, wo Sie Kosten einsparen wollen?

Wir prüfen gerade alle Kanäle und ich lasse erstmal alles laufen, verschaffe mir einen Überblick und höre zu. Es ist mir wichtig zu verstehen, warum was getan wurde, bevor ich dann auf andere Marketing-Kanäle setze.

Der erste Schritt wird jetzt sein, dass wir die Brand im bestehenden und guten Fundament in eine emotionale Welt einlassen. Wir emotionalisieren sie und bilden unsere DNA, weil diese nicht daraus bestehen kann, dass wir ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und eine gute Passform haben. Das ist eine sehr gute Basis. Ich hoffe, dass wir es schaffen, die Grund- DNA in den ersten zwei Monaten zu skizzieren. Das Geschenk gibt es also schon und wir gucken jetzt, wie das Geschenkpapier aussieht und unter welchem Tannenbaum es liegen soll. Erst dann überlegen wir, wo wir das Geld einsetzen.

Wo würden Sie es gerne einsetzen?

Ich bin jemand, der sich überlegt, wie es mit Social Media und der digitalen Welt aussieht. Es bringt nichts, ein mittleres Budget in Endkund:innen-Werbung Out-of-Home rein zu pushen, weil diese eine deutliche Investition braucht, um Visibilität zu erreichen. Ich bin kein Gießkannentyp, der alle glücklich macht, sondern suche mir bestimmte Pflänzchen raus.

Diese gieße richtig und gebe ihnen Dünger, damit sie gut gedeihen und sichtbar sind. Es geht um den größtmöglichen Output bei jedem investierten Euro. Und dazu kann ich schon mal sagen, dass wir uns von allen Kreativagenturen getrennt haben, die uns begleitet haben. Das war meine erste Woche!

Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Es ging gar nicht darum, dass etwas schlecht war. Es geht darum, dass mir eine Kreativagentur keinen Output bietet, den ich nicht leisten kann. Wenn ich mein Brandbuilding nicht hinkriege und ich fremdgeführt bin, wie soll das funktionieren?

Es gab hier also Agenturen, die dann saisonale Themen vorgestellt haben. Bei bestimmten Aufgaben wie einem Newsletter hat die beauftragte Agentur dann ein Projekt mit Tagesworkshop zur Tonalität daraus gemacht. Ich würde doch einfach sagen: Lass uns anhand unserer DNA den Newsletter runterskizzieren und besprechen, welche Form zu uns passt.

Ich verstehe auch, dass das Konzept mit Kreativagenturen funktioniert, gerade wenn du an deine Limits kommst. Nach der vierten, fünften Modenschau oder wenn es um eine YouTube-Werbung geht, ist es auch mal gut, wenn eine andere Idee ins Spiel kommt und wir sie pitchen lassen. Aber so eine konstante Agentur, die dich täglich kreativ führt, ist nicht richtig.

Wie soll denn Bugatti von außen wahrgenommen werden?

Wichtig ist erstmal, dass wir ‘One Face to the Customer’ haben und das über alle internationalen Märkte schnellstmöglich umzusetzen und eine einheitliche Bildsprache wählen. Bei einer der aktuellen Kampagnen wurden zum Beispiel Themen mit verschiedenen Models und Hintergründen dargestellt, wodurch es wie drei Brands wirkt. Stattdessen werden wir jetzt erstmal viel weglassen, sauber machen und neu aufbauen, um eine klare Brandline zu schaffen.

Lookbook-Bilder der Bugatti SS24-Kollektionen für Menswear und Womenswear Bild: Bugatti

Das soll auch beim Lookbook geschehen, das ich ab November schon komplett verantworte. Dabei soll sich im ‘Look and Feel’ zeigen, in welche Richtung es geht – mit einer klaren Bildsprache. Die wird dann erstmal reduziert sein und dann wieder draufgepackt.

Was wollen Sie mit der klareren Bildsprache erreichen?

Ich bin der festen Überzeugung, dass die aktuellen Bugatti Kund:innen nicht aufgrund der Bildsprache zum Kauf verleitet werden. Die Erfahrung ist eher, dass die Kundschaft ein großes Vertrauen in den Markennamen hat und sie im DACH-Markt bei vertrauten Händler:innen wie Breuninger, Peek & Cloppenburg sowie Galeria findet. Dazu kommt das gute Preis-Leistungsverhältnis sowie die gute Passform.

Darum kaufen die Kund:innen Bugatti, nicht weil sie die neueste Kampagne in den sozialen Medien gesehen haben und daraufhin die Jacke wollen. Wir haben also ein gutes Produkt, das mit dem Namen verbunden ist, und jetzt geht es darum, dass wir es hinbekommen, dass Leute ‘ein Gefühl’ kaufen. Mit diesem Fundament machen wir jetzt etwa 20 bis 30 Prozent der Kollektion neu, um mehr Stringenz sowie einen besseren Fokus zu bekommen – mit einem einheitlichen Bild nach außen.

Spielt dabei auch eine gewisse Verjüngung eine Rolle?

Wir müssen durch die Emotionalisierung des Product Labels neue Kund:innen kriegen, vielleicht auch eine jüngere Kundschaft. Es geht jetzt aber nicht darum, Bugatti zu Baldessarini oder ‘CG - Club of Gents‘ zu machen. Es muss brand-spezifisch und authentisch sein. Daher wird es auch nicht stark Design-orientiert oder deutlich teurer. Es wird eine gute, verständliche Mode sein, die ihren Anspruch hat.

Welche Maketingkanäle sind für Bugatti authentisch, um sich zu präsentieren?

Instagram und LinkedIn sind auf jeden Fall wichtig. LinkedIn wird ja immer gerne vergessen und wir werden das nun noch stärker bespielen. Da haben Julius und ich uns jetzt auch neu präsentiert und verfolgen das weiter professionell.

Wir werden jetzt vielleicht keine TikTok-Kampagne machen, aber es stellt sich schon die Frage: Wie jung kann die Kundschaft sein? Daher will ich auch diese Richtung nicht ausschließen. Das macht Daniel Grieder bei Boss perfekt, wo die Kund:innen eigentlich auch nicht 19 sind. Den interessiert das aber nicht und holt sie so auch mit ab. Die werden dann ja auch älter…und wie sollen sie mit 40 Lust auf die Marke haben, wenn sie nicht vorher schon reingewachsen sind? Wir wollen generationsübergreifend und für alle da sein und uns nicht altersspezifisch konsolidieren. Und das soll dann auch so auf den sozialen Medien der Fall sein.

Wie wollen Sie diesen Altersspagat hinbekommen?

Ein Vertriebler hatte Angst, dass ich ihm ein bestimmtes Basic-Sweatshirt streiche, das super bei ihm läuft. Das würde ich eh nicht machen, weil es einfach so mitlaufen kann und sich verkauft. Aber würde ich jetzt Ufo361[Anm. d. Red.: Berliner Rapper] diesen Pullover anziehen und ihn auf eine G-Klasse [Anm. d. Red.: Geländewagen von Mercedes] setzen, wäre das auch schon wieder cool. Es ist immer eine Frage der Vermarktung.

Ich habe durch die vorige Zusammenarbeit viel Kontakt mit den Elevator Boys und finde es total interessant, wie ihre Welt tickt. Und deswegen werden wir dieses Lebensgefühl – jede:r ist eingeladen, darf unser Gast und Teil unserer Community sein – auch so auf den sozialen Kanälen präsentieren.

Was können wir von Ihnen bei Bugatti noch erwarten?

Wir sind im Januar mit einem Stand bei der Pitti Uomo, erstellen ein Lookbook und shooten im März die Kampagne. Das werde ich demnächst zusammenziehen und dann wird es die Kampagne für Frühjahr/Sommer 2025 schon im Mai geben. Aber erstmal geht es wirklich darum, das beschriebene Brandbuilding voranzubringen und ein klares Ziel zu haben. Wenn wir das runtergeschrieben haben, werden wir für die Vision zu Missionar:innen, bis jede:r von uns – auch Sie – sagen kann: Bugatti ist…

Ich will, dass das hier alle spüren und leben. Und dann müssen wir das langsam nach außen tragen – zum Außendienst, dann zu den Einkäufer:innen und dann auf die Fläche. Wenn es bei den Verkäufer:innen angekommen ist, können wir mit der Endkund:innen-Werbung starten.

Abschließend, wie ist Ihr erster Eindruck von Bugatti?

Hier bei Bugatti haben alle Feuer und richtig Bock!

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