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Frauen in der Modebranche: Wie steht es um die Gleichstellung an der Spitze?

Von Barbara Russ

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Eigentlich muss man sie gar nicht lesen, die Titel sagen alles. Berichte der gemeinnützigen AllBright Stiftung dokumentieren die Entwicklung des Frauenanteils in den Führungspositionen deutscher Unternehmen und tragen Titel wie: „Entwicklungsland: Deutsche Konzerne entdecken erst jetzt Frauen für die Führung“ oder „Ein ewiger Thomas-Kreislauf? Wie deutsche Börsenunternehmen ihre Vorstände rekrutieren“. Der letzte Bericht erschien im Juni 2020 mit dem Titel „Die deutschen Familienunternehmen: Traditionsreich und frauenarm“. Gilt das auch für die Modebranche?

Männer sitzen im Vorstand, Frauen an der Kasse

Laut einer Bloomberg-Umfrage unter den 24 börsennotierten Einzelhandels-, Mode- und Luxusfirmen in Europa haben in einer Branche, in der hauptsächlich Frauen arbeiten, und knapp 80 Prozent der Konsumgüter von Frauen gekauft werden, noch immer vor allem Männer das Sagen. Demnach beträgt der Frauenanteil in der Branche rund 63 Prozent, aber weniger als ein Viertel der Führungspositionen ist mit Frauen besetzt.

Das liegt wohl auch daran — und da ist man wieder beim Thomas-Problem — dass Männer die Entscheider sind und die Entscheidung dadurch meist auf Männer fällt. „Auf diese Weise reproduzieren sich ständig gleich­gerichtete Führungsmannschaften, die erfahrungsgemäß reibungslos zusammenarbeiten und sich ohne viele Worte verstehen. Blickfeld und Erfahrungshorizont sind jedoch extrem begrenzt und korrigierende Elemente fehlen“, schreibt die Allbright Stiftung dazu. „So gibt es in den Vorständen von DAX, MDAX, SDAX und TecDAX mehr Personen, die Thomas oder Michael heißen (49), als es insgesamt Frauen gibt (46). Tatsächlich heißen 5 Prozent der Vorstandsvorsitzenden in Deutschland Thomas“. International sieht es oft nicht besser aus: 2020 gibt es in Großbritannien mehr CEOs im FTSE 100 namens Peter (6) als weibliche CEOs (5).

Aufsichtsräte vs. Vorstände

In Deutschland liegt der Anteil der Frauen, die im Einzelhandel arbeiten, sogar noch etwas höher als in der europäischen Statistik. 68 Prozent sind es nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Seit 2016 gilt in Deutschland eine Geschlechterquote von 30 Prozent für neu zu besetzende Aufsichtsratsposten in etwa 100 großen Unternehmen. Das ist bisher ganz gut gelungen, aber dort endet die Gleichstellung weitestgehend. "Der oder die Aufsichtsratsvorsitzende spielt die entscheidende Rolle dabei, Frauen in die Vorstände zu bringen. Als Vorsitzender des Besetzungsausschusses für den Vorstand (in 52 Prozent der Fälle ein rein männliches Gremium) schlägt er (in 94 Prozent der Fälle ein Mann) in der Regel in enger Zusammenarbeit mit dem CEO (zu 97,5 Prozent ein Mann) dem Aufsichtsrat die Kandidaten vor“, schreibt die AllBright Stiftung.

In den Vorständen der größten deutschen Firmen liegt die Frauenquote aktuell bei etwa sieben Prozent - so wenig wie in kaum einem anderen westlichen Industrieland - eine gesetzliche Quote gibt es hier bislang nicht. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey will auch das nun ändern und eine gesetzliche Frauenquote einführen, nach der im Vorstand eines börsennotierten Unternehmens wenigstens eine Frau sitzen soll, sobald er mehr als drei Mitglieder hat. Allein mit Freiwilligkeit komme man nicht weiter, sagte die Ministerin dem SWR. Unterstützung erhält sie von der Kanzlerin. Kürzlich sagte Angela Merkel in einem Interview: „Leider gibt es hier immer wieder Unternehmen, die sich die Zielgröße Null setzen. Und dafür habe ich null Verständnis.“

Ein Blick in große deutsche Modeunternehmen: Adidas, Puma, Zalando

In der deutschen Modebranche ist das größte Unternehmen Adidas. Der Sportwarenhersteller hatte bis zum Juni diesen Jahres immerhin eine Frau im Vorstand: die Britin Karen Parkin. Sie schied nun jedoch aus dem Vorstand aus, nachdem sie den Unmut der US-Angestellten von Adidas auf sich gezogen hatte - auf einer Veranstaltung hatte sie wohl Rassismus im eigenen Haus als unwichtig abgetan. Kein guter Look für die Verantwortliche für das Ressort Global Human Resources, gerade wenn Mittbewerber Nike im Rahmen der Rassimusdebatte mit inspirierenden Werbekampagnen mit Colin Kaepernick glaubwürdige Punkte als Verbündeter der Schwarzen Community sammelt. Auch sieht es auf Führungsebene bei Nike deutlich diverser aus, sowohl im Vorstand, als auch im Management. Nach dem Abgang von Parkin ist der Vorstand von Adidas nun komplett männlich und weiß. Immerhin, der Aufsichtsrat von Adidas besteht aus 16 Mitgliedern, von denen fünf Frauen sind— knapp 30 Prozent. Auf Anfrage von FashionUnited verweist das Unternehmen auf ein Statement von Kasper Rorsted, dem Vorstandsvorsitzenden von Adidas: „In Zusammenarbeit mit meinen Vorstandskollegen und Führungskräften bleibt es mein Fokus, unser Momentum im Personalbereich fortzusetzen undAadidas zu einem noch vielfältigeren und inklusiveren Unternehmen weiterzuentwickeln.“

Bei Zalando bietet sich, zumindest im Vorstand, ein sehr ähnliches Bild wie bei Adidas: Er besteht aus fünf weißen Männern. Der Aufsichtsrat hingegen ist mit fünf von neun Mitgliedern sogar überparitätisch mit Frauen besetzt. Beabsichtigt Zalando, im Vorstand künftig Frauen einzusetzen? „Bis Ende 2023 streben wir ein ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen auf den sechs obersten Führungsebenen des Unternehmens an, dazu gehören auch der Aufsichtsrat und der Vorstand. Die neue Zielvorgabe, die so auch im Geschäftsbericht festgehalten wird, ist ein 40/60/*-Korridor. Dieser sieht vor, dass der Anteil von Männern und Frauen auf der jeweiligen Ebene zwischen 40 Prozent und 60 Prozent liegen soll. Durch den Stern (*) werden nichtbinäre Geschlechter in die Zielvorgabe mit einbezogen.“

Daneben gibt es bei Zalando die ‚Die Diversity Guild‘ und acht weitere von Mitarbeitern organisierte Gruppen, "die Diversität und Inklusion im gesamten Unternehmen (…) und das Gefühl von Zugehörigkeit und gegenseitiger Unterstützung“ stärken. 2018 hat Zalando die Charta der Vielfalt unterzeichnet, um sein Bekenntnis zur Förderung einer inklusiven Arbeitsumgebung zu untermauern. Im gleichen Jahr hat das Unternehmen seine erste Strategie für Diversität und Inklusion auf den Weg gebracht. "Unser Diversity & Inclusion-Team entwickelt sie in enger Zusammenarbeit mit unseren Mitarbeitern stetig weiter.

Jetzt schon vorbildlich steht Puma da. Dort ist eine von drei Vorstandsmitgliedern eine Frau, im Aufsichtsrat sind zwei von sechs Mitgliedern weiblich. Auf Anfrage von FashionUnited heißt es bei Puma: „Diversität und Gleichstellung sind wichtige Faktoren für das Wachstum unseres Unternehmens, denn Teams mit unterschiedlichen Kompetenzen und Hintergründen sind die erfolgreichsten Ressourcen, wenn es um kreatives Denken, Entscheidungsfindung und das Vorantreiben von Innovation geht. In unserer Unternehmenszentrale in Herzogenaurach sind Mitarbeiter aus 70 Nationen beschäftigt. Konzernweit beträgt der Männeranteil 51 Prozent gegenüber einem Frauenteil von 49 Prozent. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen lag 2019 bei 41 Prozent. Bis Oktober 2021 streben wir einen Frauenanteil von mindestens 30 Prozent auf der ersten Führungsebene unterhalb des Vorstands und 40 Prozent auf der zweiten Führungsebene unterhalb des Vorstands an. Unser Ziel den Frauenanteil auf mindestens 30 Prozent im Aufsichtsrat und 20 Prozent im Vorstand zu steigern, haben wir bereits erreicht.“

Fazit: Die Quote hilft

In den Aufsichtsräten zeigt sich also, wenige Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes: die Quote wirkt. „Alle Unternehmen, die unter die Regelung der festen Quote fallen […] haben sich an die feste Quote gehalten. Sofern nicht schon ein Frauenanteil von 30 Prozent erreicht war, wurden frei werdende Aufsichtsratsposten durchgehend mit einer Frau nachbesetzt“, heißt es dazu auf der Website des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Und es ist ja nicht nur Goodwill. Unternehmen, in deren Exekutivausschüssen mehr als 33 Prozent Frauen sitzen, haben eine mehr als zehnmal so hohe Nettogewinnspanne wie Unternehmen ohne Frauen auf dieser Ebene. Zeit also, dass nicht nur die Kontrollgremien, sondern auch die Leitungsorgane endlich eine Quote bekommen.

In den kommenden Monaten lesen Sie hier Interviews mit Frauen auf Führungsebene großer (deutscher) Modeunternehmen.

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Bild: Drew Beamer via Unsplash

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