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Greenpeace Studie über die Mythen der Kreislaufwirtschaft

Von Regina Henkel

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Greenpeace ist nicht gerade ein Fan der Bekleidungsindustrie. In regelmäßigen Abständen prangert die Umweltorganisation mit lautstarken Aktionen die umweltzerstörenden Praktiken in der globalen Supply Chain an. Diesmal aber kritisiert sie etwas ganz anderes: Die Kreislaufwirtschaft, der sich so viele Mode-Unternehmen derzeit angeblich widmen.

Alle wollen kreislauffähig werden?

Unternehmen wie H&M, Tchibo, C&A und mit ihnen viele weitere rühmen sich derzeit, an der „Kreislauffähigkeit“ ihrer Produkte zu arbeiten. Tchibo strebt einen geschlossenen Stoffkreislauf an, C&A hat ein kompostierbares T-Shirt entwickelt, Reebok kompostierbare Schuhe, Wolford will 2018 eine biologisch abbaubare Kollektion vorstellen und Adidas verwendet recycelte Fischernetze für Sneaker. Bis 2030 will H&M komplett auf recycelte oder nachhaltig hergestellte Textilien umgestellt haben. Es gibt eine Menge Beispiele für den aktuellen Hype um die „Circular Economy“. Dass ausgerechnet Fast Fashion Anbieter - also diejenigen, die mit ihrem rasanten Tempo das Problem der Ressourcenverschwendung auf die Spitze treiben - das Thema Kreislaufwirtschaft propagieren, ist überraschend und zugleich nachvollziehbar. Denn es macht sich wunderbar als PR-Thema und liest sich so, als habe massenhafter Konsum nichts zu tun mit massenhaftem Verbrauch. Die Botschaft: Konsument und Industrie machen alles richtig, wenn sie weiterhin maßlos konsumieren, weil die Industrie bald Wege gefunden hat, alles unendlich zu recyceln. Ob das wirklich so stimmt, wollte Greenpeace mit der Studie „Fashion at the Cross Roads“ jetzt wissen.

Echte Kreislauffähigkeit oder nur Green Washing?

Die Idee der Kreislaufwirtschaft ist tatsächlich verlockend: Wenn wir es schaffen, die Rohstoffe für unsere Kleidung immer wieder zu recyceln, ist die vielbeklagte Ressourcenverschwendung der Fast-Fashion endlich Schnee von gestern. Konsum ohne Verbrauch, also ohne Ende, wäre dann möglich. Die Idee ist großartig, findet auch Greenpeace. Entwickelt wurde sie in den 1990er Jahren von dem deutschen Chemiker Prof. Dr. Michael Braungart und dem amerikanischen Architekten William McDonough als das sogenannte Cradle to Cradle (C2C) Konzept. Es unterscheidet zwischen biologischen und technischen Kreisläufen: entweder werden die Rohstoffe von Mikroorganismen in biologische Nährstoffe aufgelöst und gelangen zurück ins Erdreich, sie werden also biologisch abgebaut; oder sie werden innerhalb des technischen Zyklus immer wieder zur Herstellung neuer Produkte verwendet, also endlos recycelt. Dafür ist es im Sinne des C2C notwendig, dass Wiederverwertbarkeit und Entsorgung bereits beim Design mit eingeplant werden, dass alle technischen und biologischen Prozesse natürlich umweltverträglich ablaufen und letztendlich sogar Produkte entwickelt werden, die Gutes bewirken statt einfach nur weniger schlecht zu sein. Nur: C2C erfordert den ernstgemeinten Umbau der gesamten Bekleidungsindustrie – vom Konsumenten bis hin zum Entsorger. Das wird so schnell nicht umsetzbar sein und ist nicht einmal das Ziel vieler Unternehmen, so das Fazit von Greenpeace. Die Organisation warnt daher vor noch mehr „Green Washing“ und überzogenen Erwartungen.

Industrie geht die eigenen Abfälle kaum an

Dass die Industrie die Kreislaufwirtschaft kaum im Sinne ihrer Erfinder ernst meint, dafür will Greenpeace in der Studie Beweise liefern. Denn allein mehr recycelte Fasern zu verwenden reicht bei weitem nicht aus. „Es ist erstaunlich, dass zwar viele Mainstream-Modeunternehmen von Kreislaufwirtschaft sprechen“, heißt es in der Studie, „aber nur sehr wenig Forschung zum Design von kreislauffähigen Materialien und Produkten gemacht wird.“ Laut Greenpeace fehlt es an einem holistischen Ansatz innerhalb der Textilindustrie, die eigenen Abfälle zu recyceln oder gar zu vermeiden. Bisher fußt die Recycling-Idee vor allem auf dem Recycling von PET-Flaschen, die gar nicht aus der Modeindustrie stammen. Die eigenen Abfälle gehe man dagegen gar nicht an. Statt in unausgereifte Ideen zur Kreislaufwirtschaft zu investieren, sei es laut Greenpeace viel wichtiger, den Ressourcenverbrauch endlich zu verlangsamen und weiter die Entgiftungsprozesse der Materialien voranzutreiben, wie es die Umweltorganisation mit der Detox-Kampagne seit vielen Jahren fordert.

Kritische Antwort auch auf „Pulse“-Bericht

„Unser Ziel war es, eine kritische Antwort auf den unausgereiften und lückenhaften `Circular Economy‘-Ansatz zu geben, wie er derzeit von einigen großen Brands verbreitet wird“, sagte Chiara Campione, Greenpeace Italien, anlässlich der Vorstellung der Studie während der Fashion Week in Mailand. Diese Studie ist auch eine Reaktion auf den Report „Pulse of the Fashion Industry“, der während des Copenhagen Fashion Summit von der Global Fashion Agenda, einem Nachhaltigkeits-Forum mit Mitgliedern wie H&M, Li&Fung etc. und der Boston Consulting Group vorgestellt wurde. Der Report kommt zwar u.a. zu dem Ergebnis, dass die Mode-Industrie weiter und noch ernsthafter an der Umsetzung einer nachhaltigeren Wirtschaft arbeiten müsse. Campione: „Die Zukunft basiert laut diesem Bericht aber auf der noch stärkeren Verwendung von umweltschädlichem Polyester und sucht Wachstum durch noch mehr Materialverbrauch, ohne Überproduktion, Überkonsumption und den Verfall von Langlebigkeit und Qualität unserer Produkte zu thematisieren.“

Foto: Greenpeace

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