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Greenpeace Zwischenbilanz: Mode aus Supermärkten wird sauberer

Von Regina Henkel

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Die deutschen Discounter und Lebensmittelhändler Aldi, Lidl, Rewe, Penny, Kaufland und Tchibo machen Fortschritte beim produzieren giftfreier Kleidung. Das zeigt jetzt die zweite Zwischenbilanz der Greenpeace Detox-Kampagne.

Detox Kampagne 2014: Öffentlicher Druck zwang zum Handeln

Wie sauber ist die Kleidung, die unsere Supermärkte verkaufen - diese Frage stellte sich Greenpeace 2014 und startete mit der Detox-Kampagne eine großangelegte Initiative, die sich an die gesamte Bekleidungsindustrie richtete. Labortechnische Untersuchungen nach chemischen Rückständen in den Textilien ergaben ein schockierendes Bild: In mehr als der Hälfte der Proben fanden unabhängige Labore umwelt- und gesundheitsschädliche Chemikalien oberhalb der Vergleichs- und Vorsorgewerte. Einige dieser Stoffe gelten als krebserregend, schädigen die Fortpflanzung oder die Leber.

Die Reaktion der Kunden zwang die Unternehmen zum Handeln. Sie hatten reihenweise Gummistiefel, Kinderjacken und Schuhe zurück in die Läden gebracht, die Hotlines der Händler liefen heiß. Die Discounter reagierten prompt: Innerhalb weniger Monate verpflichteten sich Tchibo, Lidl, Rewe/Penny und Aldi, bis 2020 giftfrei zu produzieren. Die Unternehmen legten sich fest, Schritt für Schritt aus den gefährlichsten Chemikalien auszusteigen und haben umfangreiche Listen aller gefährlichen Substanzen veröffentlicht, die aus der Produktion verschwinden sollen. Außerdem haben sie sich verpflichtet, ihre Abwasserdaten zu veröffentlichen. Darüber hinaus kündigten sie an, Recycling- und Rücknahmesysteme in ihr Geschäftsmodell einzubauen. Denn mit den extrem billigen Aktionspreisen animieren die Unternehmen ihre Kunden, immer mehr Kleidung zu kaufen und schnell wegzuschmeißen. Das ist alles andere als nachhaltig.

Eine erste Zwischenbilanz zog Greenpeace 2015. Das Ergebnis: Die Supermärkte haben ihre Supply Chain unter die Lupe genommen und ihre Bekleidungskollektionen sind sauberer geworden. Allen voran Lidl, Aldi Nord und Aldi Süd/Hofer, Tchibo, Rewe/Penny und Coop. Zu den Schlusslichtern gehörten Metro, Norma und Edeka sowie die schweizerische Migros und der österreichische Interspar, die gar nicht reagierten. Kaufland wollte zudem das Angebot von ökologisch einwandfreien und langlebigen Textilien bis 2017 steigern.

Zwischenbilanz 2017: Verzicht auf gefährliche Chemikalien klappt

Die gute Nachricht ist, dass die genannten Supermärkte das Entgiften ihres Mode-Sortiments ernst nehmen. Sie haben allesamt achtbare Fortschritte erzielt. Die individuellen Listen gefährlicher, aus der Textilfertigung komplett verbannter Stoffe (Manufacturing Restricted Substances List, kurz MSRL), werden regelmäßig aktualisiert. Tchibo geht mit gutem Beispiel voran. Das Unternehmen hat eine umfangreiche und in den Grenzwerten anspruchsvolle Liste erstellt. In Sachen Eliminierung von PFC (per- und polyfluorierte Chemikalien) zeigen alle Supermärkte, dass die umweltschädliche Substanzgruppe ersetzt werden kann. Der Zusage, Abwasserdaten aus Nassverarbeitungsbetrieben der Lieferketten zu veröffentlichen, kommen die Unternehmen im Wesentlichen nach. Eine positive Entwicklung ist die Veröffentlichung von Lieferantenlisten. Nachdem im Januar 2017 Lidl vorlegte, folgten bis Anfang März 2017 Kaufland und Aldi. Tchibo hat die Veröffentlichung ihrer Lieferantenliste im Jahr 2017 angekündigt.

Klappt nicht: Umstellung auf langlebige und recycelbare Mode

Wesentlich schwerer tun sich dagegen die Unternehmen mit dem Verzicht auf Fast Fashion, wie sie Greenpeace fordert. „Das ambitionierte Entgiftungsziel kann nur dann erreicht werden, wenn die Händler nicht weiterhin Kleidung in Millionen-Stückzahl produzieren. Die Supermärkte müssen sich stärker bemühen, um den Wandel von kurzlebiger Massenmode hin zu langlebiger Qualitätsmode zu meistern“, so die aktuelle Studie. Tchibo sei, anders als seine Mitstreiter, zumindest konzeptionell auf dem richtigen Weg. Mit einer umfassenden Strategie, die sämtliche Produktlebensphasen analysiert und Maßnahmen und Zeitpläne ableitet, beweist die Handelskette, dass es möglich ist, komplexere Wandlungsprozesse in Geschäftsmodelle zu integrieren.

Um sich vom Fast Fashion Modell zu verabschieden, so Greenpeace, müssen für alle Produktlebensphasen – nämlich Herstellung, Nutzung und Verwertung – neue Herangehensweisen entwickelt werden. So müsste mehr Wert auf Qualität und eine lange Lebensdauer gelegt werden. Schon beim Produktdesign soll die Verwertung mitgedacht und funktionierende Rücknahme-Systeme müssten entwickelt werden. Zwar funktioniert die Textilrücknahme in Deutschland über die Altkleidersammlung bereits gut. Das gilt jedoch nicht im gleichen Maß für internationale Märkte, wie sie z.B. Aldi bedient. Jenseits des Verkaufs von Waren seien auch Konzepte für Reparaturdienste, Leihen, Tauschen oder Second-Hand und Upcycling zu entwickeln. „Wegwerfmode war gestern“, so Greenpeace-Textilexpertin Alexandra Perschau. „Wir brauchen Mode mit Zukunft. Die Händler sind jetzt gefragt, den Wandel von kurzlebiger Massenmode hin zu langlebiger Qualitätsmode mit der gleichen Ernsthaftigkeit umzusetzen, die sie beim Entgiften an den Tag legen.“

Fotos/Grafiken: Greenpace / Detox Zwischenbilanz

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