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Hightech-Manufaktur: Hiltl produziert “just in time” für Partnerläden in Deutschland

Von Weixin Zha

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Business

Hiltl stellt wieder Hosen in Deutschland her – genauer gesagt an seinem Stammsitz in Sulzbach-Rosenberg. Wie der Hosenhersteller mit der Microfactory Partnerhändler kurzfristig beliefern will, erzählt Geschäftsführer Gerhard Kränzle.

Made in Germany

Die “Hightech-Manufaktur”, wie Kränzle den neuen Produktionsstandort gerne nennt, ist ein ehrgeiziges Projekt: Hosen “made in Germany” sollen hier wettbewerbsfähig produziert werden. Im ersten Jahr werden 50 Hosen am Tag produziert, danach soll die Anzahl auf 500 Paar am Tag steigen – wenn der Absatz stimmt. Die Verkaufspreise der Hosen liegen zwischen 199 bis 399 Euro.

„Wenn das Verfahren läuft und wir sehen, 'Made in Germany' wird angenommen und wir können es gut verkaufen, fahren wir hoch”, sagte Kränzle in einem Gespräch am Freitag.

Hiltl will langfristig einen “signifikanten” Anteil der Gesamtproduktion in Deutschland herstellen, konkret sollen es 30 bis 35 Prozent sein.

"In die Fläche produzieren"

Rund eine Million Euro flossen in die Microfactory am Stammsitz in Sulzbach-Rosenberg, in dessen Umbau und Modernisierung zuletzt insgesamt 3,1 Millionen Euro investiert wurden. Das Geld kommt von der Schweizer Lorea AG. Die Beteiligungsgesellschaft des Swarovski-Erben Christoph Swarovski hatte Ende 2020 in den damals insolventen Hosenhersteller investiert.

Der neue Showroom von Hiltl in Sulzbach-Rosenberg. Bild: Hiltl

Die 600 Quadratmeter große Fabrik beginnt bereits Ende Juli mit der Produktion und plant die ersten Auslieferungen an Handelsunternehmen ab September. Hiltl hat Hosenmodelle entwickelt, die im ersten Schritt an zehn Partner:innen geliefert werden. Die Grundidee ist, Produktion und Nachfrage durch geografische Nähe und Automatisierung enger zusammen zu bringen.

„Wir haben zehn Handelspartner mit denen wir versuchen die Just-in-time-Produktion hochzufahren”, sagte Kränzle. „In der Nachhaltigkeit geht es ja letztendlich darum, in die Fläche zu produzieren – nach Tagesbedarf.”

Die Zusammenarbeit soll so ablaufen: Hiltl liefere eine Grundbestückung an einen Partner xyz, der verkaufe beispielsweise zwei olivfarbene und drei dunkelblaue Hosen, meldet das bei Hiltl und die Teile werden dann nachproduziert, erklärt Kränzle. Die Lieferzeit soll zwischen fünf und sieben Tagen dauern.

Das Programm beginnt mit der Produktion von Never-out-of-Stock-Teilen, kann in Zukunft aber ausgeweitet werden, so der Geschäftsführer.

„Wir wollen mit dem Verfahren im ersten Jahr 12.000 Teile verkaufen”, sagte Kränzle. Langfristig sollen 120.000 bis 150.000 Hosen in Deutschland hergestellt werden.

Weiterentwicklung einer Idee

Die Idee in Deutschland zu produzieren, entstand bereits vor zwei Jahren als Hiltl übernommen wurde und begann später als Teil seines “Ateliers” in Kleinserien für verschiedene Modehandelsunternehmen zu produzieren.

„Wir haben bereits europäische Stoffe und Produktion, da liegt es eigentlich nahe, dass wir wieder in Deutschland produzieren”, sagte Kränzle.

Bei dem "Atelier"-Angebot hat sich die Kundschaft aus dem Modehandel bei bis zu 15 Hosenmodellen Qualität und Innenverarbeitung ausgesucht, der Verkaufspreis lag allerdings höher bei 399 bis 449 Euro. Nachdem dieses Konzept laut Kränzle sehr gut lief, hat Hiltl es weiterentwickelt und eröffnet nun die Microfactory. Zu den anfänglichen zehn Handelspartnern der neuen Fabrik werden auch zwei Unternehmen gehören, die bereits über das Atelier mit Hiltl zusammengearbeitet haben. Mit weiteren möglichen Partnerunternehmen sei der Hersteller noch im Gespräch.

Ein Pocketsetter aus der Hightech-Manufaktur von Hiltl. Bild: Hiltl

Hightech-Manufaktur

Die große Besonderheit an der neuen Fabrik ist, dass vier Produktgruppen – Chinos, Hightech-Hosen, Wollhosen und Jeans – in einer Produktionslinie vereint werden. Mithilfe neuester Maschinentechnik kann so mit weniger Equipment äußerst flexibel produziert werden. Aus 180 Positionen in der Herstellung sind 63 geworden.

Das Verfahren ist so neu, dass Hitl es hat schützen lassen. Die drei italienischen Lieferanten sind vertraglich daran gebunden, die Informationen über die Technologie der speziell für Hiltl entwickelten Maschinen innerhalb von zwei Jahren nicht weiterzugeben.

Die Geräte in der Fabrik von Hiltl sind alle online miteinander vernetzt, zu den technischen Highlights gehören Pocketsetter, die das Aufsetzen der Taschen automatisieren, oder innovative Bügelmaschinen und Topper. Der Zuschnitt der Stoffe geschieht noch per Hand, soll aber später per Laserschnitt erfolgen.

In der Fabrik arbeiten zur Zeit fünf Schneider:innen, die bis zu zwölf Teile pro Tag nähen. Wenn Hiltl seine Produktion ausbaut, müssen noch mehr Mitarbeitende eingestellt werden. Insgesamt arbeiten 55 Angestellte für den Hosenhersteller.

Am Ende gehe es um das Zusammenbringen von Hightech und Schneiderkunst, sagte Kränzle. „Wir wollen alle sartorialen Elemente mit den alten Maschinen nähen und haben Elemente, die nach außen nicht so sichtbar sind, hochautomatisiert. Das ist die Quadratur des Kreises.”

Der modernisierte Eingangsbereich am Hauptsitz von Hiltl. Bild: Hiltl
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Gerhard Kränzle
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