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Internationalisierung in der Modebranche: Antworten auf aktuelle Herausforderungen

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(Im Bild von links nach rechts) Paul Alger, Aimé Fundani und Alexander Otto auf der ECD Global London.

Auf der ECD Global London widmeten sich Paul Alger von der UK Fashion & Textile Association (UKFTA) und Aimé Fundani, Head of International Marketplace bei Trendyol, dem spannenden und zugleich komplizierten Thema der Internationalisierung in der Modebranche.

Die ECD-Expertenrunde setzte sich mit der Frage auseinander, wie sich die Branche konkret verändert und wie man diese Erkenntnisse nutzen kann, um das volle Potenzial der Digitalisierung auszuschöpfen. Passend dazu, fand das Panel im dynamischen und inspirierenden London statt, das sich in den letzten Jahren zum Zentrum der internationalen Modeindustrie entwickelt hat Die Online-Verkäufe von Bekleidung, Schuhen, Handtaschen und Accessoires dürften nach der Pandemie insgesamt fast ein Drittel des E-Commerce- Umsatzes im Vereinigten Königreich ausmachen.

Beginnen wir ganz von vorn: Die globale Expansion ist attraktiv. Wo kann sich Ihr Geschäft am besten entwickeln, wenn Sie es in Ihrem eigenen Land bereits erfolgreich ausgebaut haben? In anderen Ländern natürlich! Viele Marken, Einzelhändler und Online-Shops sind begeistert von der Idee des globalen Vertriebs, internationalen Handels und den Möglichkeiten der globalen Expansion. Neue und etablierte Modemarken streben danach, über die Grenzen des eigenen Landes hinauszuwachsen und die Chance zu nutzen, ihre Produkte weltweit zu verkaufen. Leider erweisen sich die derzeitigen Marktbedingungen nicht nur für große Unternehmen, sondern auch für kleine Marken als Herausforderung. Noch entscheidender ist jedoch, dass der reale Wandel mit immer neuen Hindernissen und veränderten Faktoren einhergeht, die es zu berücksichtigen gilt

Hier sind fünf Dinge, die Sie vor der Internationalisierung beachten sollten:

1. Warum nicht zunächst lokal anfangen?

Jeder möchte weltweit groß rauskommen und das möglichst schnell, doch es ist auch sinnvoll, erst einmal klein oder lokal anzufangen. Trendyol ist ein gutes Beispiel dafür. Im Jahr 2010 hat das Unternehmen mit seinen privaten Modelabels in der Türkei begonnen, bevor es überhaupt in Betracht zog, neue Regionen zu erschließen. In ihrem eigenen Land konnten sie ihre Produktionskosten flexibel steuern, zuerst den eigenen Markt erkunden und leisten Pionierarbeit bei der Entwicklung effizienterer Methoden für den Versand von Produkten innerhalb der EU. Nach dem Motto „In der Ruhe liegt die Kraft“ hat Trendyol seit seiner Gründung mehr als sieben Milliarden Produkte online gestellt und sich mit Tradebyte zusammengetan, um seinen Handel zentral über eine einzige Software zu verwalten.

2. Haben Sie die Nachfrage auf Ihrem Zielmarkt analysiert?

Die Erschließung neuer Märkte ist keine leichte Aufgabe. Eine Marke, die auf dem heimischen Markt gut ankommt, findet auf dem Zielmarkt möglicherweise keinen Anklang. Paul Alger erinnert sich: „In der guten alten Zeit hat eine Marke eine Modelinie entworfen und verkaufte die Kollektion.“ Ein Einzelhändler oder ein Marktplatz brachte sie dann auf den Markt und das war's. Egal, ob es sich um eine neue oder eine etablierte Marke handelte, es war einfach, online zu gehen. Alger von UKFTA weist darauf hin, dass viele Faktoren die Logistik und den Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU erschwert haben. Jede neue Marke muss nun über eine Vielzahl von Kanälen vertrieben werden. Das klingt zwar alles großartig, aber für kleinere, neuere Marken könnte das schwierig werden, wenn wenig oder gar kein Startkapital für die Umsetzung zur Verfügung steht. Doch es gibt auch gute Nachrichten: Dank der neuesten Entwicklungen in den sozialen Medien können kleinere Einzelhändler ihr Markenimage auffrischen und Services ausprobieren, um neue Märkte zu erkunden.

3. Denken Sie bei Ihren Aktivitäten an Ihre Kunden?

Zu Beginn einer Internationalisierungsstrategie sollte man sich auf ein bestimmtes Land konzentrieren, um nachhaltiges und stetiges Wachstum zu erzielen. Marken können auf einem neuen, unerforschten Markt Fuß fassen und nachhaltig erfolgreich sein, doch vielleicht ist es an der Zeit, zu den Grundlagen zurückzukehren. Aimé schlägt vor, dass jede Marke, die eine gewisse Größe hat, den Schritt zu mehr Transparenz gegenüber ihren Kunden wagen sollte. Indem Sie Ihre internationalen Kunden über Ihre Produkte aufklären, werden diese auch auf Märkten präsent sein, bei denen früher vielleicht eine Lokalisierungsstrategie erforderlich gewesen wäre. Transparenz bietet somit einen praktischen Ansatz für den digitalen Einzelhandel in unbeständigen Zeiten. Es klingt so banal, dem Kunden zu sagen, „was sein Produkt ist, woraus es besteht, wie es hergestellt wird und wie er es in seinem Land bekommen kann“, erklärte Aimé. Paul fügte hinzu: „Großhandelsmarken sollten Mitwirkende wie Händler und Einzelhändler, die ihnen den Weg bereiten, nicht untergraben.“ Da Unvorhersehbarkeit heute die Norm ist, ist es an der Zeit, transparentere Geschäftsbeziehungen zu schaffen.

4. Lieferketten sorgen für einen Dominoeffekt

Wir sind ständig bemüht, unsere Lieferkette im Hinblick auf Tempo und Kosten zu optimieren. Es ist keine Überraschung, dass die Gas- und Energiekosten aufgrund der russisch-ukrainischen Krise schnell steigen und wir dadurch mehr Kosten verursachen, und schlechtere Entscheidungen treffen. Aimé regt an, dass wir möglicherweise auch den Umweltaspekt berücksichtigen sollten. Durch Produktion, Logistik und Fertigung können Sie eventuell Geld sparen, aber das kann sich auf den Endverbraucher oder andere Länder entlang Ihrer Route auswirken. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wie Sie unnötige Abfälle und Kohlenstoffemissionen vermeiden können, die bestimmte Regionen und im Grunde die ganze Welt zerstören? Lassen Sie uns das Thema ein wenig vertiefen. Wo ziehen wir die Grenze bei der Herstellung? Ist es zum Beispiel sinnvoll, alles nach China zu schicken, weil das Flexibilität und niedrige Allgemeinkosten bedeutet? Oder sollte man näher am Heimatort produzieren, um eine bessere Qualitätskontrolle zu gewährleisten? Letzteres könnte sich aufgrund der ständig steigenden wirtschaftlichen Nachfrage als kostenintensiver erweisen.

5. Machen Sie Ihre Marketingstrategie zur Priorität

Sie haben einen Markt, für manche ist es ein passives Einkommen, und die EPR übernimmt den Großteil der schwierigen Aufgaben. Es gibt eine Menge Geld zu verdienen. Aber investieren Sie diesen Gewinn auch wieder in die Erschließung neuer Märkte? Es geht darum, fundiertere Entscheidungen für Ihre digitale Strategie zu treffen und die Macht des Marketings zu nutzen, um Ihre Reichweite zu erhöhen und die Besucherzahlen zu steigern. Auch internationale Märkte müssen berücksichtigt werden, etwa bei der Übersetzung des Webshops, der Datenverarbeitung, der rechtlichen Hinweise und der Geschäftsbedingungen.

Außerdem müssen Sie eine neue, länderspezifische Lokalisierungsstrategie entwickeln und zusätzliche Dienstleistungen anbieten, z. B. Kundendienste und Versand. Möglicherweise benötigen Sie auch ein anderes IT-System, einschließlich ERP und CRM. Aimé empfiehlt, dass man es sich zum Ziel setzen sollte, mit den Multimarken, der E-Commerce-Website, dem eigenen Ladengeschäft und natürlich dem Marktplatz zusammenzuarbeiten, um neue Kunden zu erreichen. Bei der rasanten Entwicklung des Verbraucherverhaltens ist nichts wichtiger als eine regelmäßig aktualisierte Website und aktuelle Inhalte in Ihrem Onlineshop, die lokale und globale Trends widerspiegeln. In eine Marketingstrategie zu investieren (egal mit welchem Budget) kann das Wachstum des E-Commerce-Geschäfts beschleunigen.

6. Die Komplexität von Zoll- und Exportbestimmungen der EU und des Vereinigten Königreichs

Die unvermeidlichen Auswirkungen des Brexits sowie die Folgen des Ukraine-Russland- Konflikts und die Inflationskosten haben zu einem kontinuierlichen Anstieg der Produktionskosten und einer maßlosen Komplexität der allgemeinen Richtlinien für den Handel geführt.

Die EU-Märkte sind extrem streng, was die Details der Import-Export-Richtlinien angeht. Länder wie Spanien, Italien und Umgebung überprüfen jeden Frachtbrief, jedes Versandformular und jede logistische Richtlinie, um Waren aus dem Vereinigten Königreich importieren oder exportieren zu können. So sind Unternehmen mit Sitz in Großbritannien nun gezwungen, in Infrastruktur und Logistik zu investieren, um überhaupt Zugang zur EU zu erhalten, anstatt ihr Kapital für den Aufbau ihrer Plattform oder für Marketingkampagnen zu verwenden. Paul erklärt: „Für das Vereinigte Königreich ist die wichtigste Lieferkette innerhalb der EU teurer und komplizierter geworden. Obwohl die USA, ein wichtiger Markt, zusammen mit Korea gut auf Luxusartikel aus London ansprechen, ist die Hoffnung, dass Russland und die Ukraine (derzeit hervorragende Märkte für Europa) britische Marken annehmen würden, enttäuscht worden. Was die Richtlinien für den Handel zwischen den Ländern der Europäischen Union angeht, so sind die Beziehungen zwischen den einzelnen Ländern aufgrund politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen mittlerweile ein heikles Thema geworden.“

Es gibt eine Vielzahl von Märkten außerhalb der Norm, die es zu erschließen gilt. Auf den transnationalen Märkten lässt sich Geld verdienen, daran besteht kein Zweifel. Die richtige Umsetzung ist jedoch kein Wettlauf, sondern ein Marathon. Es gibt viel zu bedenken, bevor man irgendwelche Schritte unternimmt. Außerdem ist es wichtig, in schwierigen Zeiten optimistisch zu bleiben. In Zeiten globaler Herausforderungen gibt es immer auch eine Chance auf Erfolg.

Sehen Sie hier die gesamte Podiumsdiskussion der Experten.

Weitere Trends und Themen finden Sie in den ECD-Experteninterviews.

Written By David Juarez-Schmidt

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