Kooperieren statt Konkurrieren – wie Lizenzpartnerschaften die Marktposition von Unternehmen stärken
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Sie alle tun es: Ob deutsche Kultschuh-Marke, italienische Luxus-Brand, französischer Sportartikelhändler, ja selbst die amerikanische Basketball-Profiliga – sie gehen Zweckbeziehungen ein um Markteinstieg oder Marktdurchdringung zu begünstigen und schließlich einen Gewinnzuwachs zu erzielen. Wie auch sonst käme die National Basketball Association zu einem Schuh – oder das Modeunternehmen Tom Tailor zu einer Schuhkollektion?
Lizenzpartnerschaften sind für Lizenznehmende eine willkommene Möglichkeit, wirtschaftlichen Mehrwert aus Markenbekanntheit, überschaubaren Kosten sowie dem Marketing-Know-how der Lizenzgebenden zu ziehen. Diese verschaffen sich auf der anderen Seite Vorteile, indem sie ihr Produktportfolio erweitern, neue Märkte erschließen und ökonomische Risiken umverteilen.
Lizenz zum Erfolg
Marken spielen eine elementare Rolle für die Positionierung eines Unternehmens auf dem Markt. Sie repräsentieren ein Lebensgefühl, mit dem sich Endverbrauch:innen identifizieren. Den erfolgreichen Aufbau einer Marke prägen eine durchdachte Corporate Identity, ständige Pflege und immense finanzielle Aufwendungen.
Entscheidet sich ein Unternehmen für eine Lizenzpartnerschaft, sollten die Verantwortlichen Vor- und Nachteile sorgsam abwiegen – professionelles Lizenzmanagement erweist sich als essentiell. Als langjähriger Lizenznehmer im Schuhbereich für die Marken Tom Tailor und Tom Tailor Denim weiß Christoph Gessner, Geschäftsführer Supremo Shoes and Boots Handels GmbH, um die zu beachtenden Aspekte und fasst die Wichtigsten in den folgenden fünf Insights zusammen:
1. Seien Sie kritisch bei der Partnerwahl
Wer klug ist, wählt eine Marke mit Strahlkraft, die keiner Erklärung bedarf und die Lizenznehmende problemlos in ihr Portfolio integrieren können. Beide Lizenzpartner:innen sollten sich in ihrer Markenausrichtung ähneln, um vor Bestandskunden Authentizität zu bewahren. Unternehmerische Parallelen beschleunigen zudem das Zusammenwachsen mit dem Partner und erleichtern die Kommunikation – das sorgt für schnelle Fortschritte mit Blick auf die Arbeitsprozesse.
2. Zahlen Sie nicht jeden Preis
Für jedes verkaufte Produkt entrichten Lizenznehmende eine Gebühr – in der Schuhbranche schwankt die Lizenzgebühr im Mittelpreissegment zwischen sieben und dreizehn Prozent, wobei letztere Ziffer die Schmerzgrenze markiert. Außerdem handeln beide Parteien eine individuelle Umsatzschwelle aus. Verfehlen Lizenznehmende dieses vertraglich festgeschriebene Ziel, drohen hohen Kosten. Unternehmen sei geraten, den Umfang aller Aufwendungen akribisch in die Preiskalkulation für das Endprodukt einzubeziehen. Hohe Lizenzabgaben bedeuten gleichzeitig hohe Kaufpreise für Verbraucher:innen und bergen das Risiko verminderter Wettbewerbsfähigkeit und Umsatzeinbußen.
3. Schätzen Sie sich und Ihr Unternehmen realistisch ein
Wer eine Lizenzpartnerschaft eingehen möchte, sollte sich über die eigenen unternehmerischen Kapazitäten bewusst sein und nicht ins Uferlose hinausschwimmen. Im Voraus ist die Kauf- und Kooperationsbereitschaft mit der Bestandskundschaft abzustimmen, um Schwierigkeiten mit Blick auf Umsatzziele zu vermeiden.
4. Lassen Sie sich nicht von Ihren Partner:innen umgarnen
Das Unternehmen, das die Marke zur Verfügung stellt, sollte dem Lizenznehmenden den Rücken stärken. Umso ausgeprägter sich dessen Marketingaktivitäten gestalten, desto hilfreicher für die Lizenzpartner:innen. Eine Brand zu bewerben und auf diesem Weg ihren Bekanntheitsgrad zu steigern nimmt einen hohen Stellenwert in der Prioritätenliste ein. Endverbraucher:innen erinnern sich an Marken, die ihnen auf allen Kanälen regelmäßig begegnen.
5. Suchen Sie an den richtigen Orten
Kontakte zu möglichen Lizenzpartner:innen lassen sich über bereits bestehende Geschäftsbeziehungen, über Lizenzagenturen und Messen knüpfen. Auch eine Aufnahme neuer Lizenzmarken ist denkbar, hierbei achten Entrepreneurs auf potenzielle Branchen-Überschneidungen.
Chancen und Risiken abwägen
Eine Lizenzpartnerschaft einzugehen birgt zunächst viele Vorteile: So lassen sich neue Kundenkreise, Märkte und Produktpaletten erschließen, unternehmerisches Wirken auf verschiedenen Absatzmärken mindert wirtschaftliche Risiken. Lizenznehmende profitieren von bestehenden Netzwerken des Lizenzgebenden und dessen Vertriebswegen.
Im Best Case kann es bei dynamischer Entwicklung einer solchen Zweckbeziehung sogar zur Auflösung eines Lizenzvertrages kommen, um bei voller Kontrolle sowohl höhere Umsätze als auch steigende Gewinne zu erwirken. Dennoch dürfen potenzielle ökonomische Gefahren nicht außer Acht gelassen werden. Insbesondere die Corona-Pandemie führte Unternehmen aller Art in unruhige Fahrwasser und löste wirtschaftliche Krisen aus.
Exponentiell wachsende, schwindelerregend hohe Frachtkosten gepaart mit gestörten Lieferketten vergrößerten die bestehende Problematik. Immer wieder scheitern Partnerschaften an diesen Herausforderungen bis hin zur Einstellung ihres Geschäftsbetriebs. An einer Lizenzpartnerschaft interessierte Unternehmenden empfehle ich genau zu prüfen, ob sie den aus einer solchen Beziehung hervorgehenden Pflichten, wie Gebühren und Umsatzziele, zu jeder Zeit nachkommen können. Ansonsten droht schnell das finanzielle Fiasko. Alle Empfehlungen einbezogen, können Firmeninhaber:innen schon bald ein kleines Wirtschaftswunder erleben.
Über Gastautor Christoph Gessner
Christoph Gessner ist einer von zwei leitenden Geschäftsführern der Firma Supremo Shoes & Boots Handels GmbH. Er absolvierte eine Lehre zum Steuerfachangestellten, bevor er eine Karriere in der Schuhbranche anstrebt. Nach Abschluss einer zweiten Berufsausbildung in einem Schuhhaus gelingt dem gebürtigen Marburger der Einstieg bei der ANWR Schuh GmbH als Junior Buyer. 2007 wechselt Gessner als Kollektionsentwickler, Sales Manager und Assistent der Geschäftsführung zur Supremo Shoes & Boots Handels GmbH. 2019 wird der Sohn eines Kaufmanns und einer Krankenschwester zum weiteren Geschäftsführer neben Wawi Weichhart bestellt.