LIVE SHOPPING: Social Commerce hält Einzug in den digitalen Einzelhandel
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Live-Shopping bietet Einzelhändlern, Marken und digitalen Plattformen einen neuen Kanal mit gigantischen Möglichkeiten zur Erschließung von Märkten über Livestreams in den sozialen Medien.
Die Kombination von Online-Shopping mit sozialen Medien und persönlicher Interaktion ist das Besondere am Live-Shopping und macht es so innovativ. Diese neue Form des Shoppings ist spannend und bringt den Spaßfaktor zurück. Mehr noch, bietet Live-Shopping ein sehr authentisches und intensives Online-Einkaufserlebnis durch die „Teilnahme“ an einer Veranstaltung oder das „Einkaufen mit Freunden“ über eine Social-Media-App.
Die menschliche Komponente dieser Art von Shopping bietet außerdem einen hohen Informationswert. Etwas über ein Produkt zu erfahren, Fragen zu stellen und sofortiges Feedback vom Moderator zu erhalten, ist das ultimative Erlebnis. Wenn man von jemandem kauft, der das Produkt am besten kennt, möchte man es ausprobieren, kaufen, benutzen und der Marke treu bleiben.
Live-Shopping ist jedoch keine völlig neue Form des Handels. Es ist vielmehr eine Neuerfindung des traditionellen Formats des Homeshoppings, das bereits im Jahr 1982 mit dem Home Shopping Network (HSN) begann. Die Idee war damals, dass ein Moderator das Produkt oder die Mode mit all ihren Funktionen live im Fernsehen vorstellt und präsentiert. Die Käufer riefen an und bestellten ihre Artikel, und das Netzwerk oder das Lager der Plattform lieferte direkt zu ihnen nach Hause. In den späten 90er Jahren ging HSN ins Ausland nach Deutschland und Japan. Es folgte der Teleshopping-Kanal QVC. Schließlich gab es Anfang der 90er Jahre QVC UK, das bis Mitte der 2000er Jahre mit HSE (Home Shopping Europe) konkurrierte, jedoch nur kurzzeitig existierte.
Doch erst in den letzten Jahren ist das Live-Shopping, eine völlig neue Form des Online-Shoppings, entstanden, bei dem Online-Shopping mit Unterhaltung und sozialen Medien als Marketinginstrument kombiniert wird.
Marcel Brindöpke, CEO von Heyconnect (Fiege Gruppe) und Karoline Gross, Gründerin und CEO von Smartzer, widmeten sich kürzlich auf dem ECD Global London dem aktuellen Thema und diskutierten über Social Commerce auf Social Media und darüber, wie Live-Shopping die nächste Stufe des Handels darstellt.
Die Ursprünge des Live-Shoppings liegen in China, wo der Online-Großhändler Alibaba Taobao sieben Jahre nach dem Start seines ersten Webshops im Jahr 2003 Pionierarbeit für diese neue Art der Verkaufsförderung leistete. Als Weiterentwicklung wurde Taobao Live ins Leben gerufen. Die von Alibabas Game-Funktion inspirierte App feierte 2016 bei der ersten Alibaba 11.11 Countdown Gala Premiere, einer Varieté-Show, bei der sich die Zuschauer einloggen, mitspielen, für die Gewinner abstimmen und vor allem die in der Show vorgestellten Produkte kaufen konnten.
Durch den Einsatz von Bloggern und Influencern, den sogenannten Key Opinion Leaders (KOL) in den sozialen Medien, hat das Live-Shopping bis Ende 2019 schnell an Fahrt aufgenommen. Die Pandemie sorgte für einige Veränderungen im täglichen Leben und so musste auch eine neue Art des Shoppings gefunden werden. Taobao Live hat den digitalen Einzelhandel in China verändert und das Land in weniger als fünf Jahren als erstes Land mit eigenem Vertriebskanal etabliert und das erste Quartal 2020 mit einem Umsatz über Livestream von 150 Prozent des ROI abgeschlossen.
Während in China bis zum Jahr 2023 ein Umsatz von 423 Milliarden prognostiziert wird, gab ein kürzlich im November veröffentlichter Statista-Bericht (Chevalier, Stephanie. “Live e-commerce sales in the U.S. 2020-2026.” Statista, 17 November 2022) an, dass die Umsätze mit Livestream-E-Commerce in den Vereinigten Staaten im Jahr 2022 auf 17 Milliarden US-Dollar geschätzt werden. Bis 2026 werden sich die durch Live-Online-Shopping erzielten E-Commerce-Umsätze voraussichtlich nahezu verdreifachen.
In Europa ist der Übergang zu dieser neuen Art des Shoppings trotz der Bemühungen des Vereinigten Königreichs, die chinesischen Innovationen nachzuahmen, nicht gerade glänzend verlaufen.
Live-Shopping als festen Einkaufskanal zu etablieren hat sich als etwas schwieriger erwiesen. Das könnte bespielsweise mit der Schließung von Live-Shopping-Funktionen auf Facebook zu tun haben. Auch TikTok hat die Ausweitung seiner Live-Shopping-Lösung in Europa und den USA aufgrund des geringen Verbraucherinteresses ausgesetzt. Insgesamt sind die europäischen Verbraucher nicht von der Sicherheit des Live-Shoppings über soziale Medien gegenüber der Glaubwürdigkeit großer Shops wie Amazon.com.uk oder Shopify überzeugt. „Im Westen funktioniert das nicht so, weil es so viele Unterschiede in der Kultur gibt, in der Art, wie die Leute einkaufen, wie sie Dinge erleben... 98% der Einkäufe im Westen werden nicht über soziale Plattformen getätigt, sondern über E-Com-Seiten, Marktplätze, Händlerseiten usw... die Leute fühlen sich nicht wohl dabei, ihre Kartendaten an TikTok weiterzugeben“, sagt Karoline Gross.
Hier sind 3 wichtige Komponenten für den Start Ihres Live-Shopping-Kanals
1. Die Kanäle
Live-Shopping-Kanäle können Marken dabei helfen, vom traditionellen Online-Shop oder der E-Commerce-Website wegzukommen und den neuesten Kanal des Merchandisings zu entdecken. Marcel Brindöpke erklärt: “Für eine Marke ist es eine Art Schmelztiegel zwischen den persönlichen Interessen der Menschen und Ihrer Marke als Teil des persönlichen Interesses von jemandem... es gibt keine Grenze zwischen Einkaufen und Interaktion, der Kauf ist Teil des Erlebnisses.”
Für Käufer ist es einfacher denn je, ein Produkt über soziale Medien zu kaufen, da ein klickbarer Link direkt im Video selbst enthalten ist. So wird der Kaufprozess beschleunigt und das Risiko vermieden, dass das Interesse verloren geht, wenn man auf eine andere Seite, einen externen Online-Shop, eine unübersichtliche Markenhomepage oder einen Webshop umgeleitet wird.
Die Checkout-Funktion von Instagram umfasst das Tagging während jedes Live-Shopping-Events. Hier können die Verbraucher direkt über den Instagram-Shop einer Marke einkaufen und bezahlen. Während TikTok und YouTube mit ihrer Live-Stream-Funktion derzeit die Vorreiterrolle einnehmen, sind Facebook und Pinterest noch dabei, ihre Möglichkeiten auszuloten..
E-Commerce- und Drittanbieter-Plattformen sind ebenfalls eine gute Möglichkeit, eine Marke durch Live-Shopping auf die nächste Ebene zu heben. Die Funktion von Amazon Live über die Amazon Shopping App ermöglicht es Marken und Influencern, Follower zu gewinnen, die dann bei jedem Livestream benachrichtigt werden.
Owned Channels would give brands the control that is needed when presenting content. They can present certain features and target certain groups. A case study on Karoline’s Smartzer (“VW Interactive Instagram Campaign.” Smartzer, 2022) platform, Volkswagen used their channel via live shopping to make the new Golf R video interactive for their customers to easily discover more about the features and to be able to book test drives. The interactive video was linked to Instagram Stories and In-Feed Ads.
Eigene Kanäle hingegen geben Marken die nötige Kontrolle bei der Präsentation von Inhalten. Sie können bestimmte Funktionen präsentieren und bestimmte Zielgruppen ansprechen. In einer Fallstudie auf der Smartzer-Plattform von Karoline nutzte Volkswagen Live-Shopping, um den neuen Golf R in einem interaktiven Video zu präsentieren, durch das Kunden ganz einfach mehr über die Ausstattung erfahren und Probefahrten buchen können. Das interaktive Video wurde mit Instagram Stories und In-Feed Ads verknüpft.
2. Das Backend-Design
Im Grunde benötigen Sie einen digitalen Showroom, in dem Ihr Team live mit Kunden interagieren und Fragen über ein Chatfenster beantworten kann. Dies erfordert eine Kombination aus einer integrierten, interaktiven Videolösung und einem hervorragenden Analysetool.
Live-Streaming zielt auf beides ab, aber eher auf das Letztere, weshalb Social Media Apps perfekt sind, da sie alle notwendigen Funktionen bereitstellen. In einer Studie von Shopify (Lockhart, Jessica Wynne. “Live Shopping: How to Launch a Live Event (2022).” Shopify, 18 January 2022) vom Januar 2022 wurde festgestellt, dass zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 30. September 2021 die Zahl der Shopify-Händler, die Apps für Live-Shopping installieren, im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2020 weltweit um 61 Prozent gestiegen ist.
Bislang kann man über soziale Medien einkaufen, indem man auf einen Link in einer Anzeige klickt, der einen dann zu einer externen Online-Seite oder einem Shop führt. TikTok ist der naheliegendste Social-Media-Kanal, der auf dem besten Weg ist, In-Stream-Einkäufe direkt aus dem Livestream anzubieten.
Bei der Ermittlung Ihrer Systemanforderungen stellt sich möglicherweise die Frage, wie Sie überhaupt Livestreams durchführen können und ob Sie Ihren eigenen Markenkanal zur Verbreitung von Inhalten oder für das Kundenerlebnis nutzen möchten.
Vom Standpunkt des Marktplatzes aus betrachtet, betont Marcel, „geht es im Moment offensichtlich um die Forschung und Entwicklung, denn man muss herausfinden, wie die Dinge funktionieren und was funktioniert, und man muss schnell lernen, und wenn man dann sieht, dass etwas nicht funktioniert, muss man sich anpassen. Ich denke, es gibt viele Möglichkeiten der Monetarisierung, vor allem ist es die Sichtbarkeit, die man an Marken verkaufen kann, zum Beispiel 500 oder 1000 Leute schauen zu, wollen Sie hier Werbung schalten?”
Es kann eine Herausforderung sein, alle Arten von Tools zu entwickeln, wenn sie nicht bereits vorhanden sind. Die gute Nachricht ist, dass sich Plattformanbieter weiterhin auf die E-Commerce-Infrastruktur und die Integration in den Online-Shop einer Marke (z. B. Shopify, WooCommerce) verlassen können.
So entmutigend der Einstieg auch erscheinen mag, die Struktur des Live-Streaming besteht aus bereits vorhandenen Komponenten und Kanälen, und durch die Wiederverwendung von Daten aus der hohen Beteiligung von Live-Kunden weltweit wird ein einheitlicher Handel vorangetrieben.
3. Die Inhalte
Die Nachfrage nach einem Online-Einkaufserlebnis der nächsten Generation ist groß, eines, das über das langweilige Scrollen und Klicken auf unseren Smartphones hinausgeht. Die Generation X und Z hat das Marketing im Einzelhandel immer wieder vor die Herausforderung gestellt, dass Marken und Einzelhändler spannende, informative und äußerst authentische Inhalte bieten müssen.
Marken- und E-Commerce-Websites haben sich bisher ausschließlich auf vorab aufgezeichnete Videos oder stark bearbeitete, aber statische Bilder verlassen. Live-Shopping ist eine weitere Herausforderung für D2C-Ansätze, da es nicht um die Produkte, sondern um das Kundenerlebnis geht.
Ziel ist es, ein Livestream-Video oder -Event mit Produktexperten oder Online-Shop-Mitarbeitern zu veranstalten, so dass diese von zu Hause oder von einem eigens dafür eingerichteten Studio aus mit Ihren Produkten überall auf der Welt hochwertigen Kundenservice leisten können.
Doch es geht um mehr als das. Kunden, Zuschauer oder Käufer, sehnen sich danach, mit Live-Streamern verbunden zu sein und mit ihnen zu interagieren. Sie möchten mit einer echten Person in Kontakt treten, die einen solchen Artikel besitzt, die neueste Mode präsentiert und einen hervorragenden Kundenservice bietet – und das alles live.
Bei QVC und HSN war die einzige Interaktion ein Live-Anrufer, der gelegentlich zugeschaltet wurde. Dabei war stets unklar, ob es sich um einen Einspieler oder einen tatsächlichen Kunden handelte, der anrief. Nichtsdestotrotz sprach der Anrufer mit dem Moderator. In den 1990er Jahren war die Interaktion zwar vorhanden, aber aufgrund der damals verfügbaren Technologie begrenzt. Heutzutage können die Zuschauer mit Hilfe des Live-Shoppings kommentieren, chatten und vom Moderator direkt mit Namen angesprochen warden – eine ähnliche, aber modernere und bei weitem interaktivere Form des Handels.
Mit der rasanten Entwicklung des Livestream-Shoppings hat das Hosting eine neue Form angenommen: einen weniger inszenierten Ansatz und Stil, auf den die Plattformbetreiber aufspringen sollten. Die Menschen filmen jetzt von zu Hause aus, wie sie die Produkte, Mode und Elektronik authentisch erleben und benutzen. Karoline erklärt: „Einen professionellen Moderator zu engagieren, der einem Skript folgt, das Produkt kennenlernt und dann vor die Kamera tritt, ist nicht nur sehr aufwändig und zeitintensiv, sondern auch sehr kostspielig.“ Optimal ist es, wenn die Hosts das Live-Video selbst produzieren, mit minimaler Ausrüstung und bequem von zu Hause aus.
Es ist wichtig, dass die Zuschauer das Gefühl haben, mit jemandem zu interagieren, mit dem sie sich identifizieren können und der eine vertrauenswürdige Referenz dafür ist, wie die Jeans im echten Leben aussieht und erlebt wird. Für den Modeeinzelhandel würde ein Teil des Streams darin bestehen, dass der Host eine Jeans vorstellt, die Jeans trägt und von seinen eigenen Erfahrungen berichtet; zum Beispiel wie er/sie die Jeans wäscht und sie in vielen Farben und Stilen besitzt. So wird eine Verbindung zu jedem einzelnen Zuschauer aufgebaut.
Influencer und Prominente können aufgrund ihres Vertrauens und ihrer Sympathie besonders gut als Hosts fungieren. Karoline meint: „Idealerweise sollte man zwei (Moderatoren) haben: einen, der das Produkt gut kennt, und jemanden, der den Unterhaltungsfaktor in die Veranstaltung bringt (Influencer, Prominente usw.).“
Die Trends der letzten Monate zeigen, dass es sich um eine wichtige Marketingtaktik handelt, da Marken jetzt spezielle produktbasierte Rabatte anbieten (im Gegensatz zu Rabatten auf Produkte in herkömmlichen Geschäften), die den Marken helfen, zu vergleichsweise höheren Preisen zu verkaufen.
Vor allem aber können Marken durch den direkten Kontakt mit ihren Kunden weiter wachsen, indem sie ihre Produkte präsentieren, eine Community aufbauen und an einen treuen Kundenstamm verkaufen.
Schauen Sie sich das vollständige Panel zum Thema Live-Shopping hier an.