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McKinsey-Bericht: Nachhaltigkeit ist das neue Must-have der Modebranche

Von Simone Preuss

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Business |STUDIE

Nachhaltige Beschaffung ist das neue Must-have der Modebranche. Seit 2016 haben sich die Treffer zum Instagram-Hashtag #sustainablefashion verfünffacht. Mehr als die Hälfte der weltweiten Einkaufschefs in der Modebranche hält Nachhaltigkeit für eine der wichtigsten Geschäftsstrategien. Entsprechend wächst das Angebot nachhaltiger Kleidung jedes Jahr um das Fünffache. Dennoch ist der Anteil am Gesamtmarkt nach wie vor gering: Weniger als 1 Prozent der im ersten Halbjahr 2019 auf den Markt gekommenen Produkte waren bereits als „nachhaltig“ gekennzeichnet. Dies fand McKinseys Chief Purchasing Officer (CPO) Survey 2019 „Fashion’s new must-have: sustainable sourcing at scale“ jüngst heraus.

64 Einkaufschefs, die insgesamt mehr als 100 Milliarden US-Dollar Beschaffungswert verantworten, wurden für die Untersuchung befragt. Zusätzlich wurden in Straßeninterviews Konsumenten in vier europäischen Großstädten und Branchenexperten befragt sowie Daten von Online-Modehändlern durch den Datenunternehmen Edited ausgewertet.

Fehlende internationale Standards und klare Definitionen sind ein Problem

Ein Problem ist, dass internationale Standards für Nachhaltigkeit und klare Definitionen fehlen. Mal sind damit ökologische Standards gemeint, mal soziale Aspekte in der Herstellung. Also sowohl Schlagwörter wie Bio-Materialien, recycelte Stoffe, Transparenz der Lieferkette, Wasserverbrauch, Plastikeinsatz als auch gerechte Löhne für Fabrikarbeiter, Überstundenregelungen, Arbeitssicherheit und Mitbestimmung. „Es ist noch ein weiter Weg zu objektiven Standards, die international verbindlich sind. Erst dann wird noch mehr Tempo in die Entwicklung kommen“, kommentiert Karl-Hendrik Magnus, Partner bei McKinsey & Company und Experte für die Modebranche.

55 Prozent der befragten Einkaufschefs planen, mindestens die Hälfte ihrer Produkte aus nachhaltigen Materialien zu beziehen. Für die Befragten ist dies das Top-Thema auf ihrer Sustainability-Agenda, gefolgt von Transparenz/Verfolgbarkeit und Zuliefererbeziehungen. Gleichzeitig bestätigen 95 Prozent der Einkäufer, die für einen Massenmarkt produzieren lassen, dass sie Probleme bei der Verfügbarkeit nachhaltiger Materialien sehen.

Materialien, Transparenz und Zuliefererbeziehungen sind die Top-Themen

„So ist beispielsweise der Anteil von Bekleidung mit nachhaltigen Materialien nach wie vor gering, aber die Mehrheit der befragten Führungskräfte strebt danach, dass bis 2025 mindestens die Hälfte ihrer Produkte daraus besteht. Auch die Bekleidungsunternehmen stehen zunehmend unter Druck, Transparenz in ihren Lieferketten zu schaffen und diese Informationen mit den Verbrauchern zu teilen - und acht von zehn befragten CPOs haben ehrgeizige Pläne, die Transparenz zu erhöhen. Auch in den Lieferantenbeziehungen gewinnt die soziale und ökologische Nachhaltigkeit deutlich an Bedeutung: Zwei Drittel der befragten CPOs gaben an, dass sie bis 2025 zu einem Top-Faktor in ihren Lieferantenbewertungen werden dürfte“, fand der Bericht..

Er macht jedoch auch klar, dass die meisten Bekleidungsunternehmen ihre derzeitigen Praktiken „drastisch ändern“ müssen, wenn sie ihre Erwartungen erfüllen wollen. „Die Ambitionen der Modeindustrie überflügeln die Realität. Die Herausforderungen erfordern echte Partnerschaften mit den Zulieferern“, bestätigt Seniorpartner Achim Berg, Leiter der Modeindustrieberatung bei McKinsey. „Da Zulieferer Innovationen treiben, sind echte strategische Partnerschaften mit den Modeunternehmen vonnöten, um soziale und ökologische Verbesserungen zu erreichen“, fügt Saskia Hedrich, McKinsey-Expertin für Nachhaltigkeit in der Modeindustrie, hinzu.

Der Preis ist ein weiteres Anliegen

Nachhaltig zu beschaffen wird für Bekleidungsunternehmen in den nächsten fünf Jahren ein Muss werden - aus Umwelt- und Arbeitnehmersicht ebenso wie eine Reaktion auf die ständig wachsende Nachfrage der Verbraucher nach nachhaltiger Mode. „Gleichzeitig macht es der Margendruck umso wichtiger, dass Unternehmen die Effizienz von durchgängigen Produktentwicklungs- und Beschaffungsprozessen verbessern“, warnt der Bericht, stellt aber fest, dass „Führungskräfte, wie unsere Umfrage zeigt, keinen Konflikt zwischen dieser Notwendigkeit und dem Streben nach Nachhaltigkeit sehen“. Beim Preis sieht es da anders aus.

Neben der Verfügbarkeit nachhaltiger Materialien sehen die Einkaufschefs die größte Herausforderung beim Thema Materialkosten, dabei muss Nachhaltigkeit nicht teurer sein. 89 Prozent von ihnen glauben jedoch, dies werde ein Hinderungsgrund für die Umstellung auf nachhaltige Materialien sein, dabei würden diese Mehrkosten aber nicht in allen Fällen an die Kunden weitergegeben: Untersuchungen zeigen, dass ein T-Shirt aus Bio-Baumwolle in Großbritannien im Durchschnitt den Verbraucher sogar zehn Prozent weniger kostet als die konventionelle Alternative; Jeans aus recyceltem Material verzeichnen im Durchschnitt lediglich einen Mehrpreis von einem Prozent, so McKinsey.

Handelskonflikte sind ein weiteres Problem

Ein weiterer Bereich, den die Einkaufschefs kommentierten, waren die zunehmenden Handelsspannungen, wie etwa der Handelskrieg zwischen den USA und China. Während diejenigen außerhalb der USA erwarten, dass das schwierigere Handelsumfeld „einen hohen Einfluss auf die Entwicklung der Beschaffungskosten im kommenden Jahr haben wird, was den Margendruck der Verbraucher noch verstärkt“, erwarten US-amerikanische Modeunternehmen, dass sie die Verlagerung weg von China als Beschaffungsland hin zu Standorten wie Bangladesch und Vietnam beschleunigen werden.

„In den kommenden Jahren müssen Bekleidungsunternehmen eine solide Nachhaltigkeitsagenda aufstellen, die sowohl soziale als auch ökologische Erfordernisse berücksichtigt. Und sie müssen es schnell und in großem Maßstab umsetzen und Innovationen in den Bereichen Technologien, Standards, Prozesse, Materialien und Kommunikation nutzen“, schließt die Studie.

Foto & Abbildungen: McKinsey Apparel CPO Survey 2019

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