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McKinsey-Bericht zur Sportartikelbranche: „Nachfrage erhalten und Widerstandsfähigkeit aufbauen“

Von Simone Preuss

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Der Athleisure-Boom hat sich für die Sportartikelindustrie ausgezahlt. Foto: Andrea Piacquadio

Der Weltverband der Sportartikelindustrie (WFSGI) und McKinsey & Company haben sich erneut zusammengetan, um ihren jährlichen Bericht über die Sportartikelindustrie vorzulegen. Der Titel unterstreicht das Gebot der Stunde – „Sporting Goods 2023 - The need for resilience in a world in disarray“, also die Notwendigkeit, Widerstandfähigkeit in einer sich in Aufruhr befindenden Welt aufzubauen.

Die dritte Ausgabe des Berichts befasst sich mit der Dynamik, die die Leistung der Sportartikelbranche vorantreibt, beginnend mit den Bereichen, in denen Unternehmen in den letzten zwölf Monaten überdurchschnittliche Leistungen erbracht haben und vor Herausforderungen standen. Darüber hinaus wird ein tieferer Einblick in die größten globalen Märkte, die USA und China, gewährt und untersucht, wie die Branche ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber aktuellen Herausforderungen wie steigenden Kosten, einer drohenden Rezession und anhaltenden operativen Herausforderungen verbessern kann.

„Das bedeutet, dass man nicht nur die Preise erhöhen, sondern auch die Produktivität steigern, die Liquidität strenger verwalten und das richtige Gleichgewicht zwischen Sparen und Investitionen finden muss“, heißt es im Bericht.

Wichtige Trends

Der Bericht untersucht die wichtigsten Trends, die die Branche prägen, darunter die anhaltende Kraft der Marken zur Wertschöpfung, der wachsende Druck in Bezug auf die Einhaltung von Nachhaltigkeitsversprechen, strategische Argumente für Nearshoring und die zunehmende Aufmerksamkeit privater Investoren. „Durch diese Brille sehen wir eine Branche, die sich in ausgezeichneter Verfassung befindet, aber hart arbeiten muss, um in den kommenden Monaten widerstandsfähig zu sein“, so der Bericht.

Im Gegensatz zu anderen Branchen befindet sich die Sportartikelbranche in einer recht glücklichen Lage, denn die letzten beiden Jahre waren insgesamt durch ein solides Wachstum gekennzeichnet, das dem Niveau vor der Pandemie entsprach oder es sogar übertraf. Das kann unter anderem auf die anhaltenden Auswirkungen von Covid-19, ein allgemein gestiegenes Gesundheitsbewusstsein und ein Schwerpunkt auf das allgemeine Wohlbefinden zurückgeführt werden.

Der Bericht wird durch Expert:inneninterviews unterstützt, unter anderem mit Decathlon-CEO Barbara Martin Coppola, Under Armour-CEO und Interimspräsident Colin Browne, Columbia Sportswear-CEO Tim Boyle, Nikes Chief Legal Officer und Executive Vice President Ann Miller, Vorstandsvorsitzender von Sport 2000 International Holger Schwarting und Adidas’ Senior Vice President für Global Sourcing Hoa Ly.

Branding

In Bezug auf die Markenbildung kommt der Bericht zu dem Schluss, dass führende Unternehmen fünf Ansätze nutzen müssen, um eine starke Marke aufzubauen, nämlich einen Direct-to-Consumer-Ansatz, die Zusammenarbeit mit hochwertigen Modemarken, die Nutzung des Community-Einflusses und der sozialen Medien von der Unterstützung durch Prominente bis hin zum Influencer:innen-Marketing sowie die Zusammenarbeit mit Groß- und Einzelhändler:innen.

Athleisure plus Designerwear: Desigual x Christian Lacroix Kapselkollektion Herbst/Winter 2021/22. Bild: Desigual x Christian Lacroix

„Im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld wird die Loyalität der Kundschaft durch zunehmende Unsicherheit auf die Probe gestellt, so dass Vertrauen wichtiger denn je ist. Marken müssen sich schnell an dieses veränderte Umfeld anpassen und den Markenaufbau zu einer Priorität machen. Viele Sportartikelfirmen sind sich dessen bewusst und erhöhen trotz des Kostendrucks ihre Budgets für den Markenaufbau... Fünfzig Prozent planen eine Erhöhung der Ausgaben um mehr als 5 Prozent“, fand der Bericht heraus.

Nachhaltigkeit

Wie andere Branchen müssen auch die Sportartikelhersteller:innen in Sachen Nachhaltigkeit eher früher als später handeln und sowohl die Dekarbonisierung beschleunigen als auch kreislauforientierte Geschäftsmodelle skalieren. „Nur durch eine Kombination dieser Ansätze werden sie ihr Geschäft umgestalten und ihre Ziele erreichen“, heißt es im Bericht. Bemühungen wie das Recycling von Produkten, ihre Reparatur und Aufarbeitung, der Verleih von Geräten und Kleidung sowie Secondhand-Angebote stehen derzeit im Vordergrund.

„Es beginnt mit dem Design und der Auswahl der Rohstoffe. ... Der nächste Schritt ist, wie wir das Produkt zusammenstellen. Wir müssen Produkte entwickeln, die leicht zu recyceln sind ..., und wir brauchen Marken, um zusammenzuarbeiten und dies voranzutreiben“, bestätigt Rakhil Hirdaramani, Direktor der Hirdaramani Group. „Die Sportartikelbranche wird nur existieren und gedeihen, wenn unser Spielfeld, der Planet, respektiert und geschützt wird“, stimmt Barbara Martin Coppola, CEO von Decathlon, zu.

Erstes Athleisure-Set aus recycelten Materialien im Jahr 2019. Bild: P.E. Nation

Nearshoring

In Zeiten von Unterbrechungen der Lieferkette, geopolitischen Erwägungen, Handelsspannungen und steigenden Arbeitskosten in Asien wenden sich immer mehr Unternehmen dem Nearshoring mit seiner potenziell kürzeren Markteinführungszeit als Kernelement ihrer Lieferkettenstrategien zu. Entscheidungsträger:innen müssen sich jedoch gründlich informieren und die potenziellen Herausforderungen und Vorteile sorgfältig abwägen, bevor sie sich für einen Standort in der Nähe ihres Heimatlandes entscheiden.

Laut der jüngsten Umfrage von WFSGI und McKinsey unter Führungskräften planen etwa 75 Prozent der Sportartikelunternehmen aufgrund dieser Dynamik eine Ausweitung ihrer Nearshoring-Aktivitäten bis 2025; 8 Prozent tun dies bereits. Beispiele sind der Skispezialist Salomon mit seiner Advanced Shoe Factory 4.0, die 2021 in Frankreich eröffnet wurde, Decathlons größte europäische Fahrradfabrik in Rumänien und New Balances fünf Fabriken in Maine und Massachusetts.

Im Bericht wird empfohlen, bei der Erwägung von Nearshoring vier Schlüsselvariablen zu berücksichtigen. Aus der Produktperspektive sind dies die Vorlaufzeiten, das Risiko von Lieferschwankungen, Parameter wie Arbeitskosten und Qualifikationsanforderungen sowie Nachhaltigkeit und der CO2-Fußabdruck. Bei der Länderwahl sollten Unternehmen die Kapazitäten in den verschiedenen Ländern, die Fähigkeiten der Arbeitskräfte, die Zugänglichkeit von Rohstoffen und die rechtliche Situation in jedem Land berücksichtigen.

„Ich glaube, dass man mit einem Merchandising- und Sortimentsplan beginnen sollte. Welcher Teil meines Sortiments ist auf Schnelligkeit, Kostenprämie und Vollpreisabverkauf ausgerichtet? Welcher Teil basiert stattdessen eher auf Größe und Volumen, die ich lieber aus dem globalen Netzwerk beziehe?“, gibt Hoa Ly, Senior Vice President für Global Sourcing bei Adidas, zu bedenken.

Private Investitionen

Der Erfolg von Sportartikelmarken hat eine Welle von Privatinvestitionen angezogen. Der Bericht rät dazu, sich auf eine Portfoliostrategie mit komplementären Marken, eine verstärkte digitale Interaktion mit Verbraucher:innen und Analysen in großem Maßstab zu konzentrieren, um sicherzustellen, dass die Fonds das Potenzial ihrer Portfolios am ehesten maximieren können.

„Wenn man ständig Unternehmen kauft, sie aufpumpt und nach fünf Jahren wieder verkauft, wird man dann Investitionen in die Schlüsselbereiche der Nachhaltigkeit tätigen, die ein längerfristiger Inhaber tätigen würde?“, fragt Andy Rubin, stellvertretender Vorsitzender der Pentland Group.

Ausblick 2023

Der Bericht erwartet ein schwieriges wirtschaftliches Umfeld und eine weiterhin gedämpfte Stimmung der Verbraucher:innen im Jahr 2023 und rät Sportartikelunternehmen, sich sowohl auf die Erhaltung der Nachfrage als auch auf den Aufbau von Widerstandsfähigkeit zu konzentrieren.

„Unternehmen müssen jedoch über Preisanpassungen hinausgehen und eine ganzheitliche Antwort auf den Gegenwind formulieren, mit dem sie konfrontiert sind. Dies bedeutet, dass sie alle Optionen bewerten und optimieren müssen, die die Nachfrage nicht gefährden, einschließlich Beschaffung und Lieferkette, Produktivität, betriebliche Effizienz und Cashflow“, fasst der Bericht zusammen.

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