Mei Chen, Alibaba: So unterstützt Tmall Luxusmarken bei der digitalen Transformation für chinesische Verbraucher:innen
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Fünf Jahre nach seinem Start hat sich der Tmall Luxury Pavillion von Alibaba als „One-Stop-Shop“ für Chinas Verbraucher:innen positioniert, und während das Segment in der Region weiter wächst, beginnt sein Einfluss auf die globale Luxusindustrie auf weitere Märkte überzugreifen.
Die E-Commerce-Plattform für Luxusprodukte ging 2017 an den Start, als chinesische Verbraucher:innen begannen, beim Kauf von Luxus- oder High-End-Produkten Onlineshops gegenüber dem stationären Einzelhandel zu bevorzugen. Dieser Trend wurde und wird von der zunehmend jüngeren Käufer:innengruppe des Landes vorangetrieben, wobei die unter 35-Jährigen mittlerweile rund 60 Prozent des Kund:innenstamms von Tmall ausmachen.
Seit ihrem Eintritt in das Unternehmen im Jahr 2015 hat Mei Chen, Leiterin des Bereichs Mode und Luxus in Großbritannien, den USA, den nordischen Ländern und der Iberischen Halbinsel, einen Schwerpunkt auf die Erkundung von Möglichkeiten gelegt, die Luxuskonzernen wie Richemont und LVMH dabei helfen, ein digital fortschrittliches Geschäftsmodell zu entwickeln und zu monetarisieren, um eine starke Kommunikationslinie mit dieser Gruppe von Verbraucher:innen zu entwickeln. Die Bemühungen von Tmall reichen von Dienstleistungen auf höchster Ebene bis hin zur Einführung von Digital-First-Initiativen, darunter die jüngste Vorstellung eines XR-gesteuerten Marktplatzes, der es der Kundschaft ermöglicht, als personalisierbarer Avatar einzukaufen.
„Wir wollten unsere Technologie nutzen, aber gleichzeitig sicherstellen, dass wir eine gute Verbindung zum richtigen Publikum in China haben, damit Marken ihre Produkte in einem Umfeld anbieten können, in dem sie sich in der Vergangenheit nicht sehr wohl gefühlt haben. Damals ging es zu 95 Prozent um Offline-Erfahrungen, und genau darin sahen wir die Herausforderung des Marktes. Es gab keine One-Stop-Plattform, aber Verbraucher:innen wollen Bequemlichkeit“, erklärt Chen Alibabas Ziele mit Tmall.
Im Gespräch mit FashionUnited ging Chen darauf ein, wer Chinas Luxusanbieter wirklich sind, was Alibabas Methode der Verbraucher:innensegmentierung ist und wo der High-End-Markt der Region in den kommenden Jahren hin tendieren könnte.
Warum dominieren in China jüngere Verbraucher:innen den Luxusmarkt?
Wenn man sich durchschnittliche Luxuskonsument:innen in UK, Europa oder den USA ansieht, so sind sie wahrscheinlich zwischen 40 und 45 Jahre alt. Ihre Vorlieben, die Plattformen, die sie nutzen, und ihr Konsumverhalten unterscheiden sich deutlich von dem der jüngeren Generation. In China wird dies noch deutlicher: Jüngere Verbraucher:innen sind digital sehr fortschrittlich. Mehr als 97 Prozent unserer Transaktionen werden zum Beispiel über mobile Geräte abgewickelt.
Sie sind auch sehr gesellschaftsorientiert. Während andere E-Commerce-Plattformen sehr transaktionsorientiert sind und sich darauf konzentrieren, dass Verbraucher:innen einfach nur Produkte kaufen, versucht Tmall, sie zu inspirieren, zu beeinflussen und über die neuesten Trends zu informieren. China hat die größte Durchdringung von Online-Konsument:innen im jüngeren Segment, und viele von ihnen entdecken Marken, indem sie sich in den sozialen Medien umsehen und sich durch unsere Plattform inspirieren lassen, bevor sie in die Handwerkskunst und Tradition einer Marke eintauchen.
Eine Person, die 25 Jahre alt ist, wird wahrscheinlich mit dem beginnen, was ich als „Einstiegsluxus“ bezeichnen würde, und bei Marken einkaufen, die in China unglaublich erfolgreich sind, weil sie wissen, wie sie Verbraucher:innen ansprechen können, die einen lebenslangen Wert für die Marke haben werden. Es ist eine clevere Art, mit ihnen zu kommunizieren. Und dann geht es darum, diesen zusätzlichen Wert in Form von Inspiration und Trends zu schaffen.
Gibt es Marken, die dabei besonders hervorstechen?
Wir arbeiten mit mehr als 400 Marken in der internationalen Luxusbranche zusammen, von denen ich 200 als „Top-Luxusmarken“ bezeichnen würde. Dazu gehören Marken von Unternehmen wie der Richemont-Gruppe und LVMH.
Eine interessante Art und Weise, wie sich Marken in China engagieren, ist das Live-Streaming, wie es zum Beispiel die zu Richemont gehörende Marke Vacheron Constantin praktiziert hat. Sie verkaufte während der Pandemie, als die Geschäfte geschlossen waren, eine Reihe exklusiver Uhren für über 1,3 Millionen Yuan (rund 190.000 Euro). Dies geschah über Live-Streaming an hochrangige VIP-Kund:innen, die sie über unsere Plattform ausgewählt hatten. Diese Kundschaft fragte nach einer unglaublichen Menge an Details. Das ist etwas Einzigartiges für unsere Nutzer:innen, die an ein digitales Erlebnis gewöhnt und bereit sind, einen solchen Preis für Produkte online zu zahlen, anstatt sie persönlich zu sehen. Sie investieren damit in den Wert der Marke.
Außerdem haben wir seit dem Singles Day im letzten Jahr digitale Sammelstücke getestet. Wir haben mit sechs Luxusmarken, darunter Burberry, zusammengearbeitet und 4.000 digitale Objekte erstellt, um zu sehen, wie die Funktion als Marketinginstrument und nicht nur als Transaktionsinstrument funktionieren könnte. Wir haben festgestellt, dass es tatsächlich sehr profitabel war.
Wir werden dies in diesem Jahr für mehr Marken tun, weil wir glauben, dass es den Wünschen der Verbraucher:innen sehr entgegenkommt. Vor allem in den letzten 24 Monaten haben die Digitalisierung und das Metaverse den größten Wandel erlebt. Das ist etwas, das alle testen möchten, um zu sehen, welchen Wert es für die von ihnen angebotenen Dienstleistungen haben kann. Zum Beispiel können Marken mit digitalen Sammelstücken mehr Initiativen zum Aufbau von Gemeinschaften durchführen.
Der Tmall Luxury Pavillion hat vor kurzem auch eine auf dem Metaverse basierende Modenschau und Veranstaltung ins Leben gerufen. Was war der Auslöser für diese Erweiterung?
Anlässlich unseres fünfjährigen Jubiläums haben wir ein Dinner zur Preisverleihung in Shanghai veranstaltet, bei dem eine Reihe von Führungskräften von Luxusmarken eine Demo dieser „XR Experience“ zu sehen bekamen. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus virtueller Realität (VR) und authentischer Realität, bei der die Verbraucher:innen in die Produkte und die Geschichte der Marke über ihre Mobilgeräte eintauchen können, wo das Metaversum im Wesentlichen existiert.
Zunächst sind wir mit etwa sechs Markenpartner:innen gestartet, aber wir werden im Laufe der Zeit immer mehr hinzufügen. Es ist wichtig, dass wir den Marken, mit denen wir zusammenarbeiten, helfen, auf neue Weise mit der Kundschaft in Kontakt zu treten. Wenn wir also eine gute Gelegenheit sehen, bringen wir entweder die Technologie mit oder bauen sie auf, um sicherzustellen, dass es eine direkte Kommunikationslinie zwischen der Marke und den Verbraucher:innen über unsere Plattform gibt.
Das Luxussegment war schon immer das „Nachfolgesegment“ für viele digitale Projekte, aber wenn man heute mit einem der Luxushäuser spricht, wollen sie die Ersten sein, die auf den Markt treten. Viele dieser Marken haben erkannt, dass sie ein Teil der Kultur ihrer Kundschaft werden können. Sie haben verstanden, dass die Digitalisierung ihr Geschäft verbessern kann - mehr noch als rabattzentrierte Initiativen. Was unsere Plattform betrifft, so ist der Luxus, den wir aufgebaut haben, mit einer sehr anspruchsvollen Erfahrung verbunden, und ich denke, das hat den CEOs und Marken das Vertrauen gegeben, diese Art von Verkauf an jüngere Generationen zu betreiben.
Die Digitalisierung hat die Erfahrung der Verbraucher:innen auch sehr viel einfacher gemacht, und zwar nicht nur für sie, um die Produkte der Marken und Erfahrungen zu erwerben, sondern auch für die Marken, um mehr Berührungspunkte zu haben. Sie müssen nicht mehr in ein Offline-Geschäft gehen, sondern können die gesamte Marke über Online-Kanäle erleben.
Wie definiert Tmall die verschiedenen Gruppen seiner Konsument:innen?
Wir haben in China mit einer Beratungsfirma für Strategie zusammengearbeitet, um speziell die Verbrauchersegmentierung auf unserer Plattform zu untersuchen. Anhand unseres neuen White Books haben wir die Verbraucher:innen segmentiert, um sie ganzheitlicher betrachten und ihre Vorlieben und Verhaltensweisen ermitteln zu können, unabhängig davon, ob sie für sich selbst einkaufen oder nur verschenken. Wir haben dies für Marken wie Burberry getan, die seit 2014 mit uns zusammenarbeiten und noch viel Wachstum vor sich haben, weil sie derzeit nicht 100 Prozent des Luxusmarktes in China bestreiten. Es gibt immer noch eine Reihe von Möglichkeiten für sie, in bestimmten Segmenten zu wachsen.
Wir wollten den Kund:innenstamm in sechs Kategorien unterteilen und ein Instrument bereitstellen, das den Führungskräften ein besseres Gefühl dafür vermittelt, mit wem sie es zu tun haben und wo ihre stärksten Kund:innen sind. Sie können sehen, wo sie gut abschneiden und wo sie noch wachsen können, je nachdem, wo sie als Unternehmen strategisch expandieren wollen.
Sind die Verbraucher:innen in China von den makroökonomischen Problemen betroffen, die in anderen Teilen der Welt aufgetreten sind?
Luxus ist global gesehen ziemlich unabhängig von den wirtschaftlichen Herausforderungen der Welt, und der Grund dafür ist sein hoher Nettowert. Kund:innen, die eine Chanel-Tasche kaufen, wird es egal sein, ob sie jährlich über 4.000 Euro ausgeben, denn das ist nur ein kleiner Teil ihres Vermögens. Sie werden die Tasche trotzdem kaufen, auch wenn Chanel die Preise erhöht. Ich denke, das ist überall auf der Welt so, ob in den USA, Frankreich oder China.
Ich glaube, dass wir im Moment wahrscheinlich die ganzheitlichste Luxusplattform in China sind. Wir haben in diesem speziellen Segment noch keine derartigen Störungen erlebt, weil diese Luxuskonsument:innen Produkte kaufen, die auf Tradition, Handwerkskunst und Qualität basieren. Ihnen ist es ziemlich egal, ob die Preise um 10 bis 30 Prozent steigen oder ob es eine Inflation gibt.
Um ehrlich zu sein, haben wir ein ziemlich starkes Wachstum zu verzeichnen. Nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in den kommenden Jahren. In den Jahren 2020 und 2021 gab es viele Möglichkeiten für Luxusmarken, sich schneller zu digitalisieren. Diese Häuser hatten während der Pandemie mehr als 90 Prozent ihrer Läden geschlossen, so dass sie Zeit hatten, digitale Plattformen zu nutzen, um Verbraucher:innen und jüngere Generationen hier in China anzuziehen.
Wie hat sich der Tmall Luxury Pavillion im Laufe der fünf Jahre verändert und wie hat er andere beeinflusst?
Für uns muss der Tmall Luxury Pavillion weiterhin dafür sorgen, dass Unternehmen und Markeninhaber:innen mit keinerlei Hindernissen konfrontiert werden, wenn sie auf der Plattform E-Commerce betreiben. Wir kommen immer wieder zu dieser Vision zurück, aber auf eine gehobenere Art und Weise. Als wir uns 2017 zum ersten Mal vorstellten, gaben wir unser Bestes, um Luxuskonsument:innen und -marken anzusprechen. Heute haben wir eine Reihe neuer Technologien und Dienstleistungen des nächsten Levels in dieses Angebot aufgenommen.
Viele Dinge, die Luxuskonsument:innen sich wünschen und für die man in anderen Ländern ein Geschäft aufsuchen müsste, wie zum Beispiel die Maßschneiderei oder Reparatur, haben wir zu unseren Kund:innen gebracht und auf unserer Plattform integriert. Für uns ist es eine Neuerfindung der Art und Weise, wie Luxus gesehen und konsumiert werden kann.
In der westlichen Welt wären viele dieser Verbraucher:innen über das Niveau des Services in China überrascht. Ich glaube nicht, dass Online-Plattformen im Westen schon so weit sind, ihre Kundschaft auf diesem Niveau zu bedienen, aber einige Marken berücksichtigen dies bereits in großem Umfang. Ich denke, in den nächsten Jahren werden viele der Dinge, die wir in China bereits gesehen haben, auch in Europa und den USA Einzug halten.
Wo werden China und Tmall in naher Zukunft auf dem Luxusmarkt hin tendieren?
Viele Analysen von Dritten, Banken und Beratungsunternehmen sehen China als den größten Markt für Luxuskonsum in den nächsten zehn Jahren an. Es ist nicht nur der chinesische Markt an sich, sondern die dortigen Verbraucher:innen. Es gibt chinesische Verbraucher:innen, die auf dem chinesischen Festland oder geografisch gesehen in China eine große Menge an Luxus konsumieren, aber es gibt auch viele von ihnen, die nicht in China ansässig sind. Sie werden einen großen Teil des weltweiten Luxuskonsummarktes ausmachen.
Für den Tmall Luxury Pavilion war es immer klar, dass wir die Lücke zwischen Luxus, Online und Business schließen wollen. Es geht darum, die nächsten Erfahrungen für Luxusmarken und Verbraucher:innen zu schaffen, alle Technologien und Innovationen zu nutzen und mit Verbraucher:innen zusammenzuarbeiten, um eine One-Stop-Lösung für Luxusdienstleistungen zu schaffen.
In den letzten fünf Jahren haben wir uns zum Ziel gesetzt, bei vielen dieser Dinge Pionierarbeit zu leisten, und wir hoffen, dass wir den Marken weiterhin einen großen Mehrwert bieten können, nicht nur in China, sondern weltweit. Wir wollen mit Luxusmarken zusammenarbeiten, damit sie innovativ bleiben und ihnen Lösungen anbieten, um mit Verbraucher:innen in Kontakt zu treten, damit wir weiterhin Partnerschaften aufbauen und zusammenarbeiten können.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.uk. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.