NGOs: Deutsche Regierung versucht EU-Lieferkettengesetz abzuschwächen
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Mehr als 130 Organisationen haben der Bundesregierung vorgehalten, sie versuche das gegen Kinderarbeit und Ausbeutung gerichtete EU-Lieferkettengesetz abzuschwächen. „Wirksam ist ein EU-Lieferkettengesetz nur, wenn Betroffene von Menschenrechtsverletzungen eine realistische Chance erhalten, in der EU Schadenersatz von den verantwortlichen Unternehmen einzuklagen", forderte Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von Misereor, am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung in Berlin. Zertifikate und Branchenstandards seien keine Garanten für Menschenrechte und dürften Unternehmen nicht von der Haftung befreien: „Die Bundesregierung muss ihre Forderungen nach solchen Schlupflöchern zurückziehen."
Die "Initiative Lieferkettengesetz" hatte am Dienstag nach eigenen Angaben im Kanzleramt eine an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gerichtete Petition mit 90 248 Unterschriften übergeben. In der Textilindustrie entstünden 85 Prozent der Treibhausgase und Umweltschäden schon zu Beginn der Produktion, so Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland. Scholz solle mit den Koalitionspartnern die Sanktionierbarkeit der Klima-Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferketten sicherstellen. Markus Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, forderte, es dürfe keine Ausnahmen für Geschäftsfelder wie Waffenexporte oder Finanzinvestitionen geben.
EU-Staaten für schwächere Vorgaben beim Lieferkettengesetz
Die EU-Staaten hatten sich in der vergangenen Woche für schwächere Vorgaben beim Lieferkettengesetz ausgesprochen als von der Kommission vorgesehen. Das war aus einem Beschluss hervorgegangen, den die tschechische Ratspräsidentschaft am Donnerstag veröffentlicht hatte.
Die Bündnis der Organisationen warf der Bundesregierung vor, sie habe sich dafür eingesetzt, dass Waffenexporte und Finanzinvestitionen von dem Gesetz ausgenommen und Unternehmen, die ihre Klimapläne nicht umsetzten, nicht sanktioniert würden. Diese Positionen fänden sich nun auch im EU-Ratsbeschluss wieder. Nicht durchgesetzt habe sich die Bundesregierung hingegen mit dem Versuch, eine sogenannte Safe-Harbour-Klausel in dem Beschlusstext unterzubringen. Die Organisationen bezeichneten dies als "eine Art Freifahrtschein für Unternehmen, die bestimmte Zertifizierungen verwenden oder sich an Branchenstandards beteiligen" und dann nach den Vorstellung der Bundesregierung pauschal von einer Wiedergutmachung von Schäden befreit würden, die sie fahrlässig verursacht hätten. (dpa)