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Nike & Adidas: Millionenverträge und Armutslöhne zur WM

Von Vivian Hendriksz

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Die Fußballweltmeisterschaft steht vor der Türe. In dieser Woche machen sich die Sportswear-Giganten Nike und Adidas für den Wettstreit um den Titel der weltgrößten Fußballbekleidungsmarke warm. Sie statten insgesamt 22 von 32 Fußballteams aus, die um den Titel kämpfen. Damit ist der Weltcup die Hauptschaubühne im wachsenden Wettbewerb um Sponsoring und Branding zwischen Nike und Adidas. Aber während Millionen von Menschen rund um den Globus bereit sind, ihre Lieblingsmannschaft während der Veranstaltung anzufeuern, deutet ein neuer Bericht von Éthique sur l'Étiquette und Clean Clothes Campaign auf "Foul Play“ hin. So zahlen Nike und Adidas Rekordpreise für Fußballer und den weiblichen Textilarbeitern, die ihre Hemden herstellen, kaum genug, um davon zu leben.

In den letzten Jahrzehnten haben sich die Budgets von Nike und Adidas für Marketing und Sponsoring verdoppelt. In einem rekordverdächtigen Neuvertrag erhält die deutsche Fußballmannschaft 65 Millionen Euro pro Jahr von Adidas bis zur nächsten WM, dreimal so viel, wie zuvor im Rahmen des vorherigen Vertrags, der in diesem Jahr ausläuft. Die französische Fußballnationalmannschaft hat mit dem Sportgiganten Nike einen Vertrag über 50,5 Millionen Euro ausgehandelt. Obwohl Nike und Adidas Millionen von Euro für Marketing und Sponsoring als Hauptunterstützer der Weltmeisterschaft ausgeben können, zahlen sie gerade einmal Mindestlöhne an die Tausenden von weiblichen Bekleidungsarbeiter, die die Fußballtrikots nähen und die Schuhe der Spieler und Fans herstellen.

Nike und Adidas geben Millionen für das Sponsoring der Weltmeister aus, zahlen aber Textilarbeitern nicht einmal das Existenzminimum

Im neuen "Foul Play" -Bericht, der zwei Jahre nach dem ersten Bericht veröffentlicht wurde, kommt zu dem Schluss, dass die Nike und Adidas zwar mehr Geld für Sponsoring und Marketing ausgeben, aber die Arbeitsbedingungen für die Menschen, die ihre Produkte fertigen, bleiben genauso prekär wie immer. Vergleicht man beispielsweise die laufenden Produktionskosten von Nike und Adidas Sportschuhen mit denen von vor 25 Jahren, so ist der Anteil der Arbeiter am Preis jedes verkauften Paares Schuhe seit 1995 um 30 Prozent gesunken. Seit die die Lohnkosten in China steigen, ziehen sich Sportbekleidungsmarken wie Nike und Adidas zurück in billigere produktionsländer.

Viele Sportbekleidungsmarken haben ihre Produktionszentren nach Indonesien, Kambodscha und Vietnam verlagert, wo die Arbeits- und Produktionskosten niedriger sind. Diese Länder melden jedoch eine Zunahme von Menschenrechtsverletzungen und die Durchschnittsgehälter der Textilarbeiter liegen im Durchschnitt zwischen 45 Prozent und 65 Prozent unter dem existenzsichernden Lohn. Damit haben die Arbeitnehmer kaum genug Geld, um die Grundbedürfnisse ihrer Familien zu decken. So werden sie in extremer Armut gefangen gehalten. In Indonesien beispielsweise, wo 80 Prozent der Textilarbeiter Frauen sind, verdienen die meisten Arbeiter zwischen 82 und 200 Euro pro Monat. Dies deckt nach Berechnungen der Asia Floor Wage nicht einmal die Grundbedürfnisse, um ein menschenwürdiges Leben zu führen — als Grundlage wird ein Existenzminimum von 363 Euro angesetzt. Einige dieser Bekleidungsarbeiter verdienen nicht einmal den gesetzlichen Mindestlohn.

Nun fordern die Gewerkschaften und die Zivilgesellschaft sowohl Adidas als auch Nike auf, sicherzustellen, dass faire Löhne in ihrer gesamten Lieferkette bezahlt werden. Der Bericht zeigt, dass, wenn Nike und Adidas ihre Sponsorenverträge auf den Niveaus von 2012 halten würden, statt sie auf beispiellose Niveaus zu erhöhen, beide Sportbekleidungsunternehmen genug Geld gespart hätten, um die Löhne für die Arbeiter in ihren Hauptproduktionsländern China, Vietnam, Indonesien und Kambodscha für ein Jahr bezahlen zu können. Sowohl Nike als auch Adidas ist es gelungen, sehr effiziente Geschäftsmodelle zu entwickeln und seit mehr als einem Jahrzehnt ein reales Wachstum zu verzeichnen. Während dieses Modell in zunehmendem Maße substantielle Gewinne erwirtschaftet, die von den Anteilseignern des Unternehmens genossen werden, sickert von diesen die Gewinnen trotz der Versprechen von Sportbekleidungsmarken nichts bis zu den Arbeitern in den Bekleidungsbetrieben durch.

Der Bericht betont auch, dass sowohl Nike als auch Adidas ausreichende Einnahmen erwirtschaften, um in ihren Lieferketten existenzsichernde Löhne zahlen zu können. Stattdessen priorisieren sie jedoch andere Bereiche wie Marketing und Sponsoring. Die Clean Clothes Campaign und Éthique sur l'étiquette fordern Nike und Adidas sowie alle anderen Sportbekleidungsmarken auf, eine zeitlich verbindliche Roadmap mit Zielen zu erstellen, um die Zahlung eines existenzsichernden Lohns sowie verantwortungsvollere Einkaufspraktiken zu garantieren. So soll die Zahlung existenzsichernder Löhne zu ermöglicht werden. Außerdem fordern sie, dass die tatsächlichen Monatslöhne der Arbeiter in den Zulieferfabriken sowie die Ergebnisse ihrer Sozialaudits veröffentlicht werden.

Adidas hat auf die in dem Bericht geäußerten Behauptungen gegenüber FashionUnited geantwortet: "Die Einhaltung fairer und sicherer Arbeitsbedingungen und fairer Löhne in Fabriken entlang der gesamten Lieferkette sind ein wesentlicher Bestandteil der Geschäftspolitik von Adidas und Teil der vertraglichen Vereinbarungen mit unseren Lieferanten. Obwohl wir nicht die Löhne bestimmen, die die Lieferanten ihren Angestellten zahlen, verlangt Adidas, dass der Arbeitgeber mindestens die gesetzlich vorgeschriebenen oder in einem Tarifverhandlungsprozess vereinbarten Vergütungen zahlt."

"Zu den allgemeinen wirtschaftlichen Bedingungen und Lebenshaltungskosten eines Landes zählen jedoch nationale Gesetze, die Anzahl und Verfügbarkeit der Arbeitskräfte im Land, die Fähigkeiten und Kompetenzen eines Arbeitnehmers, die Art des Sektors oder der Industrie und die Wettbewerbsfähigkeit des Arbeitgebers beeinflussen auch die Höhe der Löhne ", fügte ein Sprecher von Adidas hinzu.

Nichtsdestotrotz fordern die Gewerkschaften Nike und Adidas dazu auf, das Indonesian Freedom of Association Protocol über die Vereinigungsfreiheit der Arbeitnehmer auszuhandeln. Das Verhandlungsprotokoll wurde 2011 von Adidas, Nike und vier anderen Sportbekleidungsmarken, Zulieferern und Gewerkschaften unterzeichnet. Die Unterzeichner stimmten der Aufnahme von Verhandlungen über Gewerkschaftsrechte von Arbeitnehmern und anderen Arbeitsrechten, Löhnen und prekären Beschäftigungsverhältnissen zu, doch seit zehn Jahren weigern die Sportbekleidungsmarken sich, den Prozess fortzusetzen. "Wir fordern ein neues Lohnprotokoll", sagte Raja, ein indonesischer Gewerkschafter in einer Erklärung.

"Marken sollten ihre Einkaufspraktiken ändern, weil diese die Arbeitsbedingungen beeinflussen. Wohlwissend, dass die Arbeitskosten eines in Indonesien produzierten T-Shirts kaum ein Prozent des finalen Preises betragen, erscheint es mir logisch, dass die Arbeitskosten ein wenig erhöht werden können, oder? Aber die Sportbekleidungsmarken weigern sich bis jetzt, sich dafür einzusetzen“, so dieser weiter. Adidas widerspricht dieser Einschätzung und fügt hinzu: „Der durchschnittliche monatliche Nettolohn der Produktionsarbeiter in den Betrieben, mit denen Adidas in Indonesien arbeitet, liegt derzeit deutlich über dem Mindestlohn. Der Lohn, den die Arbeiter mit nach Hause nehmen besteht aus dem Monatslohn plus den zusätzlichen Leitungen. "

FashionUnited hat Nike um einen Kommentar gebeten, erhielt aber bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine Antwort.

Foto 1: Clean Clothes Campaign

Foto 2 + 3: Nike, World Cup 2018

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

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