Profitiert Sri Lanka vom Exodus der Bekleidungsfirmen aus China?
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Angesichts steigender Löhne von Bekleidungsarbeitern in China und daraus resultierender Abwanderung von Bekleidungsunternehmen in andere Ländern, könnte Sri Lankas Bekleidungsindustrie daraus Kapital schlagen und einige Geschäfte übernehmen? Dies war eine der Fragen, die auf dem Sri Lanka Economic Forum 2016 gestellt wurden, das am 7. und 8. Januar in Colombo stattfand.
“China macht immer noch etwa ein Drittel der weltweiten Bekleidungsexporte aus und die Löhne haben sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Es bewegt sich viel von China weg und viele Investitionen werden aus China in andere Länder beziehungsweise in die Bekleidungsindustrie getätigt”, erklärte Christopher Woodruff, Professor für Wirtschaft an der University of Warwick.
Aufträge und Firmen wandern aus China ab
Trotz harter Konkurrenz aus den Niedriglohnländern der Region wie Bangladesch, Indien und Pakistan konnte Sri Lanka für sich eine Nische in der Bekleidungsindustrie schaffen, die auf dem guten Ruf ihrer effizient geführten Bekleidungsfabriken aufbaut. (Im Vergleich: Während der Mindestlohn für Bekleidungsarbeiter in Bangladesch bei etwa 70 US-Dollarn im Monat liegt, kommt das Grundgehalt der Bekleidungsindustrie in Sri Lanka auf rund 88 US-Dollar.)
“Jeder schaut auf die Unternehmen Sri Lankas als die bestgeführten der Region in der Bekleidungsbranche; und sie müssen besser sein, weil die Löhne höher sind und sie mit Niedriglohnländern konkurrieren”, fügte Woodruff hinzu. Er zählt Äthiopien, Myanmar und Bangladeschaufgrund ihrer niedrigen Löhne zu den besonders starken Konkurrenten (rund 40 US-Dollar pro Monat in Äthiopien und rund 80 US-Dollar in Myanmar).
Laut Woodruff hat Sri Lanka eine faire Chance, Geschäfte von China und anderswo zu übernehmen: Er weist darauf hin, dass auch Niedriglohnländer ein Limit haben, was die Geschwindigkeit ihres Wachstums angeht, und zudem wandern auch dort Bekleidungsunternehmen ab. Er warnt jedoch, dass Konkurrenten Sri Lankas bewährte Praktiken nachahmen werden und dass dadurch das Wachstum der Branche zum Stillstand kommen könnte. Eine Lösung könnte im Arbeitskräftemangel des Landes zu suchen sein, da dieser möglicherweise mehr Bekleidungshersteller für automatisierte Prozesse begeistern wird, was wiederum die Produktivität steigern könnte.
In Bezug auf die künftige Entwicklung des Landes weist Ricardo Hausmann, Direktor des Harvard Center for International Development, das eine anfängliche Wachstumsdiagnose für Sri Lanka erstellte, auf einen Einhalt des Wachstums traditioneller Branchen wie Bekleidung, Landwirtschaft und Tee hin, da das Land “in eine Post-Wissensökonomie übergeht, ähnlich Ländern wie Thailand, der Türkei und Costa Rica in den 1990er Jahren”. Er fügte hinzu, dass diese Länder “nicht einfach Altes aufgaben, sondern sich neuen Dingen mit Mehrwert” widmeten.
Nach dem Tourismus und dem Export von Tee ist die Bekleidungsbranche die drittwichtigste Industrie Sri Lankas, wobei die USA den wichtigsten Exportmarkt darstellen. Die Textil- und Bekleidungsexporte erhöhten sich im Jahr 2014 um 9,4 Prozent und erreichten ein Volumen von 4,929 Milliarden US-Dollar, im Vergleich zu 4,508 Milliarden US-Dollar im Jahr 2013.
In den nächsten zehn Jahren will Sri Lanka sein Exportziel für Kleidung und Textilien mehr als verdoppeln und strebt bis 2015 10 Milliarden US-Dollar an. Laut dem Verband der Bekleidungsexporteure Sri Lankas wird dies durch den Handel mit starken regionalen Partnern erreicht werden, die sich die höherwertigen Bekleidungsprodukte Sri Lankas leisten können.
Foto: Sri Lanka Economic Forum 2016