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Prolong will mit Care & Repair Services neue Umsatzpotenziale für Modemarken erschließen

Von Regina Henkel

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Business |Interview

Die Reparatur von Kleidung soll mit Prolong zum Umsatzbringer werden. Bild: Prolong

Das französische Unternehmen Prolong hat eine Business-to-Business-Software entwickelt, die Modeunternehmen dabei hilft, einen kosteneffizienten Care & Repair Service für ihre Produkte aufzubauen. Dabei digitalisiert Prolong nicht nur die Prozesse, sondern connectet die Marken auch mit den geeigneten Werkstätten, die Services wie Reparaturen, Änderungen, Pflege oder Personalisierungen durchführen können. Die Idee von Prolong: Care & Repair soll zum Umsatzbringer werden und ganz nebenbei die Lebensdauer der Produkte verlängern und die Kund:innenbindung erhöhen.

Anlass der Software-Entwicklung ist eine Kooperation mit der französischen Skimarke Fusalp, die ihren Reparaturservice mit Prolong auf professionellere Füße stellen wollte. Erst vor einem Jahr gestartet, geht die Software gerade mit inzwischen mehreren Brands und in vielen Ländern live.

FashionUnited hat mit der Prolong-Mit-Gründerin Christina Schwarzkopf darüber gesprochen, wie Prolong funktioniert und wie Unternehmen davon profitieren können. Sie kennt die Herausforderungen der Modemarken gut aus ihren früheren Tätigkeiten für PVH und Zalando.

Prolong baut als Geschäftsidee für Bekleidungsmarken und -händler einen Care & Repair-Service auf. Bisher wurden Reparaturen über die Änderungsschneiderei um die Ecke durchgeführt. Warum braucht es einen solchen externen Service wie Prolong?

Natürlich werden Kund:innen weiterhin die Schneiderei um die Ecke nutzen. Aber es gibt auch Marken, die gerne Reparaturen anbieten möchten, bisher jedoch oft nur das Produkt austauschen konnten, weil Reparaturen intern schwer umsetzbar waren. Mit Prolong können Marken nun Reparaturen entweder über lokale Partner vor Ort oder überregionale Partner anbieten. So bieten wir Kund:innen gemeinsam mit den Marken eine Lösung für Probleme, die diese bisher allein lösen mussten, weil dieser Service von den Marken nicht verfügbar war.

Das Team von Prolong. Christina Schwarzkopf ist die Zweite von rechts in der vorderen Reihe. Bild: Prolong

Wie ist das Unternehmen Prolong entstanden? Wie sind Sie auf diese Geschäftsidee gekommen?

Wir haben unsere Software mit der französischen Skimarke Fusalp entwickelt. Fusalp bot Reparaturen bisher in der eigenen Werkstatt an und arbeitete mit verschiedenen lokalen Partnern zusammen. Es war eine Herausforderung für die Kund:innenservice Teams, die Service- und Reparaturanfragen ohne technische Unterstützung effizient zu organisieren und die Qualität der Reparaturen zu standardisieren, und dadurch litt die Kund:innenzufriedenheit. Durch die Automatisierung der Prozesse durch Prolong können die Teams nun einen einheitlichen, hochwertigen Service bieten und mit ihren Service Partnern noch enger zusammenarbeiten.

Viele Marken denken vielleicht schon über einen solchen Service nach. Aber viele schreckt der Aufwand. Wie hilft Prolong, den Aufwand zu minimieren?

Wir haben eine B2B-Software-Lösung entwickelt, die Marken dabei unterstützt, After-Care-Services in all ihren Vertriebskanälen anzubieten – im Onlineshop, in den Läden und mit ihren Wholesale-Partnern, und das flächendeckend in allen Märkten. Unsere Lösung digitalisiert alle internen operativen Prozesse rund um den After-Care-Service, was den Aufwand erheblich reduziert. Wir helfen den Marken, ihre Prozesse effizienter zu managen und besser mit Partnern zu arbeiten. Alles ist in einer Software gebündelt, was den Service effizienter und den Kund:innenservice kostengünstiger macht. Marken können flexibel mit lokalen oder überregionalen Partnern zusammenarbeiten, je nach Bedarf.

Geht es nur um den Ausbau des Kund:innenservices oder kann die Marke damit auch Geld verdienen?

Durch Prolong können Modemarken ihren Kund:innen nicht nur Produkte, sondern auch Services verkaufen und das in allen Kanälen vor und nach dem Einkauf. Bisher boten sie solche Services oft nur im Garantiefall an. Mit Prolong können Marken ihren Kund:innen kostenpflichtige Services anbieten und so neue Umsatzpotenziale erschließen. Zirkuläre Services im Modemarkt wachsen stärker ( plus 20 Prozent bis 2030) als der Modemarkt und sind daher spannende Wachstumsfelder für Modefirmen.

Mit Prolong haben Brands über alle Kanäle hinweg immer einen genauen Überblick über ihre Reparaturen. Credits: Prolong

Wenn ein Unternehmen bisher noch keinen Reparatur-Service hatte, wie finden Sie die richtigen Handwerkspartner:innen?

Wir arbeiten mit bestehenden Service-Partner:innen der Marken zusammen und haben zudem unser eigenes Netzwerk von über 200 Partner:innen aufgebaut, darunter sowohl spezialisierte überregionale Partner:innen als auch kleinere regionale Werkstätten. Unsere Vision ist es, dieses Netzwerk weiter auszubauen und die Servicepartner:innen zu unterstützen und zu vernetzen.

Wie funktioniert die Software genau?

Unsere Software ermöglicht es allen Beteiligten – Kund:innenservice-Team, Stores und Werkstätten – im gleichen System zu arbeiten. Kund:innen und Handelspartner:innen können ihre Reklamationen und Service Aufträge online eingeben, werden vom System zum Status der Services informiert und können dadurch auch mit den Teams kommunizieren. Unsere Software vereinfacht die individuellen Workflow Prozesse und spart Zeit. Sie ist leicht integrierbar, flexibel und modular aufgebaut, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Marken gerecht zu werden.

Können Sie so einen Workflow an einem Beispiel veranschaulichen?

Ein typischer Workflow beginnt mit einer Kund:innen-Serviceanfrage, zum Beispiel einer Reparatur, Reinigung oder Personalisierung. Die Anfrage kann von einem Kunden oder eine Kundin auf der Webseite über ein Formular eingereicht werden, oder im Laden durch die Kundenberater:innen. Die Kund:innen- und Produktdaten und der Service werden erfasst, vom Kundenservice und Reklamationsteam überprüft und danach entweder vom Laden oder den Kund:innen direkt an den Servicepartner versandt. Danach erhält das Produkt den Service – zum Beispiel eine Reparatur – in der Werkstatt und wird danach überprüft und zurück an die Kund:innen oder den Laden zur Abholung versandt. Unsere Software sorgt für Transparenz und einen einheitlichen Service für alle Kund:innen, auch bei spezialisierten Anforderungen wie Outdoorbekleidung. Bei uns gibt es so viele Workflows, wie wir Partner haben. Unsere Partner:innen können ihre Workflows ganz individuell gestalten und an ihre Prozesse, Kund:innenenbedürfnisse und Produktgruppen anpassen.

Das digitale Fusalp Repair Center von Prolong. Bild: Prolong

Für wen eignet sich Ihre Software besonders? Welche Art von Unternehmen wollen Sie ansprechen?

Prolong eignet sich besonders für Mode-Unternehmen, welche ihren Kund:innen qualitativ hochwertige und langlebige Produkte anbieten wollen und ihren Kund:innenservice erweitern möchten. Vor allem Unternehmen mit mehreren Läden und einem Onlineshop können von der Skalierbarkeit unserer Lösung profitieren. Unsere Lösung ist für alle Mode Kategorien nutzbar, wie zum Beispiel Outdoor, Bekleidung, Schuhe, Schmuck, Uhren, Koffer und Accessoires.

Auch der Gesetzgeber fordert von der Bekleidungsindustrie künftig langlebigere Produkte. Spielt das auch eine Rolle?

Neue Regularien wie die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) fordern nachhaltigere Produkte. Dazu gibt es Forderungen zum Recht auf Reparatur und einige Länder, wie zum Beispiel Frankreich, bieten Subventionen für Reparaturen an. Unser Service unterstützt Marken dabei, diesen Anforderungen gerecht zu werden und ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Welchen Effekt sehen Sie im Bereich der Kund:innenbindung?

After-Care-Services haben einen starken Marketingeffekt. Sie erhöhen die Kundenloyalität und reduzieren die Kund:innenakquisitionskosten. Die zusätzlichen Kontaktpunkte der angebotenen Services stärken die Kund:innenbindung und schaffen neue Umsatzmöglichkeiten, da Kund:innen für die Services wieder auf die Website oder in den Laden kommen.

Wie international sind Sie bereits?

Aktuell sind wir in Frankreich, Belgien und Luxemburg aktiv. In den nächsten Monaten folgen weitere europäische Märkte wie die DACH-Region, England, Benelux und die Nordics. Bis Ende des Jahres werden wir in zehn Ländern aktiv sein, inklusive den USA und Kanada. In 2025 folgen dann auch asiatische Märkte wie Korea und Japan.

Mit wie vielen Marken arbeiten Sie mittlerweile?

Derzeit sind vier Marken bei uns aktiv, darunter Ski- und Schuhmarken. Weitere Mode-, Outdoor-, Schuh- und Schmuckfirmen binden wir gerade an, und sie werden in den kommenden Monaten mit ihren Services live gehen.

Intuitiv führt die App durch den Repair Service. Credits: Prolong

Bei Prolong kommen ganz viele Informationen über die Nutzung der Produkte zusammen. Was können die Marken daraus lernen?

Prolong sammelt und bündelt für Marken wertvolles Feedback über ihre Produkte und Kund:innenverhalten. Sie erhalten Einblicke in die Art der Reklamationen und die Service Bedürfnisse der Kund:innen sowie Produktfeedback. Werkstätten können Informationen an die Projektteams weitergeben, um häufige Defekte zu vermeiden und das Design für Passform, Nutzung und Reparierbarkeit zu optimieren. Solche Daten waren für Marken bisher kaum verfügbar und helfen, die Produkte und den Service kontinuierlich zu verbessern.

Was ist Ihr langfristiges Ziel?

Die Modeindustrie ist für zehn Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Der beste Weg, diese zu reduzieren, ist weniger zu produzieren und Produkte länger zu nutzen. Fachgerechte Pflege und Reparaturen sowie eine Verlängerung der Nutzbarkeit können den CO2-Fußabdruck um 20 bis 30 Prozent reduzieren. Wenn Produkte länger genutzt werden, ändert sich auch das Mindset – sowohl bei den Konsument:innen als auch bei der Produktion. Unsere Vision ist es, dass sowohl Kund:innen als auch Modeunternehmen die Reparaturmöglichkeiten vom Design, über den Kauf und bis zur Nutzung mitdenken.

Woran arbeiten Sie gerade?

Wir veröffentlichen in den kommenden Monaten ein Ersatzteile-Management-Tool, wodurch Marken Ersatzteile bestellen und mit Kund:innen, Handelspartner:innen und Werkstätten teilen können. Außerdem arbeiten wir an einer KI-gestützten visuellen Bilderkennung, die bei der Defekterkennung hilft.

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