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Remake’s “Fashion Accountability Report 2024” zeigt, dass die Modebranche ihre Versprechen einlösen muss

Von Simone Preuss

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Remakes Fashion Accountability Report 2024 Bild: Remake

Zum vierten Mal hat die gemeinnützige Organisation Remake ihren neuesten alljährlichen „Fashion Accountability Report 2024“ veröffentlicht. Darin wird die Leistung von 52 großen Modeunternehmen (mit einem Jahresumsatz von mehr als 100 US-Dollar) wie Fast Retailing, H&M, Inditex, Kering, LVMH und PVH in sechs Schlüsselbereichen gemessen: Rückverfolgbarkeit, Löhne und Wohlbefinden, Handelspraktiken, Rohstoffe, Umweltgerechtigkeit und Governance.

In diesem Jahr kamen fünf neue Unternehmen hinzu: die Einzelhandelskette C&A, die US-Outdoormarke Cotopaxi, die US-Kaufhauskette Macy's, die US-Marke für Shapewear und Bekleidung Skims und der chinesische Onlinemarktplatz Temu.

Während die Unternehmen bis zu 150 Punkte erreichen konnten, lag die durchschnittliche Punktzahl bei nur 14 von diesen 150 Punkten - genau wie im letzten Jahr. Aufgeschlüsselt nach Bereichen blieben die Durchschnittswerte für Rückverfolgbarkeit, Löhne und Wohlbefinden, Handelspraktiken und Unternehmensführung mit jeweils 1 von 8, 2 von 23, 1 von 15 und 3 von 42 gleich. Die Bereiche Rohstoffe und Umweltgerechtigkeit verbesserten sich in diesem Jahr um nur einen Punkt auf 3 von 20 beziehungsweise 5 von 42 möglichen.

Wichtigste Ergebnisse

Überproduktion

Die Überproduktion ist nach wie vor der Kern des Problems: „Ohne eine bewusste Reduzierung des jährlichen Produktausstoßes wird selbst die gleichzeitige Umsetzung von Initiativen zur Kreislaufwirtschaft, die Verbesserung der Energieeffizienz und die Verwendung ‘bevorzugter’ Materialien nicht ausreichen, um den gesamten Klima-Fußabdruck der Modebranche und auch die negativen Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen ausreichend zu reduzieren“, lautet das ernüchternde Fazit.

„Kein Unternehmen kann bisher nachweisen, dass es die lineare Produktion ersetzt; sie führen lediglich Reparatur-, Wiederverkaufs- und Verleihprogramme parallel zur Produktion von Neuware durch. Die wenigen Unternehmen, die ihr jährliches Produktionsvolumen offenlegen, melden alle einen kontinuierlichen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr“, heißt es im Bericht.

Unzureichende Emissionsminderung

Ein weiteres Problem ist, dass die Modebranche ihre Ziele zur Emissionsreduktion nicht erreicht: „Nur wenige Unternehmen haben nachgewiesen, dass sie die Dekarbonisierung ihrer Lieferketten finanzieren, und die bestehenden Investitionen werden nicht mit der erforderlichen Geschwindigkeit ausgeweitet. Auch berücksichtigen die derzeitigen Initiativen nicht in ausreichendem Maße die besonderen Bedürfnisse jedes einzelnen Beschaffungslandes und jeder einzelnen Fabrik“, heißt es zusammenfassend.

„Echte Partnerschaften zwischen Modeunternehmen und Zuliefererbetrieben sind unabdingbar. Letztere sollten bei der Ausarbeitung regionalspezifischer Strategien zur Emissionsreduzierung mit am Tisch sitzen, und Marken und Einzelhandelsunternehmen, die über die entsprechenden Ressourcen verfügen, müssen sich an den Kosten beteiligen“, rät der Bericht.

Die Bewertungen aller 52 Modeunternehmen, die für Remakes „Fashion Accountability Report 2024“ berücksichtigt wurden. Bild: Remake

Klimawandel angehen

Der Bericht unterstreicht die Tatsache, dass es einen großen Unterschied zwischen Klimaschutz, das heißt der Reduzierung von Emissionen, und Klimaanpassung, das heißt der Unterstützung der vom Klimawandel betroffenen Gemeinschaften gibt. „Beides ist von entscheidender Bedeutung, aber bisher haben Unternehmen wenig getan, um die negativen Auswirkungen von Klimaereignissen wie extremer Hitze und Überschwemmungen anzuerkennen, geschweige denn zu bekämpfen, mit denen Bekleidungsarbeiter:innen und Zulieferergemeinschaften in wichtigen Produktionsländern bereits konfrontiert sind“, fasst der Bericht zusammen.

Er rät den Unternehmen, so früh wie möglich in die Klimaanpassung zu investieren, da sie sonst Gefahr laufen, Dutzende von Milliarden Euro auf Seiten der Zulieferebetriebe und Modeunternehmen zu „Unternehmen müssen daher in die Widerstandsfähigkeit von Fabriken, Arbeitenden und Gemeinden investieren, damit alle in der Lage sind, extremen Wetterereignissen zu widerstehen und sich davon zu erholen.“

Fairere Geschäftspraktiken

Zu den Geschäftspraktiken eines Unternehmens gehören die Beziehungen zu den Beschaffungs- und anderen Zulieferbetrieben in Bezug auf Vertragsabschlüsse, Preisgestaltung, Auftragsvergabe und -änderung, Konfliktbewältigung und Beendigung von Beziehungen. „Das Ungleichgewicht von Macht und Reichtum in den Lieferketten der Modebranche ermöglicht es den Unternehmen, (eigennützige) Vertragsbedingungen zu diktieren und das gesamte Risiko auf ihre herstellenden Betriebe abzuwälzen, von denen erwartet wird, dass sie bei den Preisen wettbewerbsfähig bleiben und gleichzeitig alle Kosten im Zusammenhang mit der Einhaltung von Mindestarbeitsrechten und Umweltstandards tragen“, fasst der Bericht zusammen und zeigt in der obigen Grafik, dass 20 der untersuchten Unternehmen in diesem Bereich überhaupt nicht punkten konnten.

„Die dadurch entstehende starke Wettbewerbsatmosphäre unter den Zuliefernden und zwischen den Zulieferländern zwingt sie zu ständigen Kostensenkungen und untergräbt ihre Fähigkeit, nicht nur ihre Arbeiter:innen fair zu bezahlen, sondern auch die von ihnen geforderten Nachhaltigkeitsverbesserungen umzusetzen. Da in diesem Jahr keinerlei Fortschritte bei den Handelspraktiken zu beobachten waren, liegt es auf der Hand, dass verantwortungsvolle Verträge, die eine gemeinsame Verantwortung für die Vermeidung, Rechenschaftslegung und Behebung negativer Auswirkungen auf die Lieferkette vorsehen, notwendig sind“, warnt der Bericht.

Existenzsichernde Löhne

Trotz der seit mehr als einem Jahrzehnt bestehenden Versprechen, existenzsichernde Löhne zu zahlen, erhalten die Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie nach wie vor Löhne, die nicht einmal die grundlegenden Lebenshaltungskosten decken und sie in Schulden und Armut stürzen. In einem Preiswettlauf nach unten zwingen „unfaire Vertragsbedingungen die Lieferbetriebe, sowohl die Verantwortung als auch die Risiken im Zusammenhang mit den Kosten für Lohnerhöhungen zu tragen. Der von den Modeunternehmen ausgeübte Preisdruck führt zu politischem Druck, die Mindestlöhne weit unter den existenzsichernden Löhnen zu halten, damit die Herstellungsländer wettbewerbsfähig bleiben“, erläutert der Bericht. Dies erklärt auch, warum zehn von 52 untersuchten Unternehmen in diesem Bereich überhaupt nicht punkten.

„Modeunternehmen haben es in der Hand, eine faire Entlohnung zu ermöglichen oder es umgekehrt den Zulieferbetrieben unmöglich zu machen, ihre Arbeiter:innen fair zu bezahlen und zu behandeln. Gegenwärtig vermeiden es Unternehmen noch weitgehend, sich für höhere Mindestlöhne und Vereinigungsfreiheit in ihren Beschaffungsländern einzusetzen, gerechtere Handelspraktiken einzuführen und öffentlich Rechenschaft abzulegen, zum Beispiel in Form von regionalspezifischen Lohndaten und Benchmarks für existenzsichernde Löhne. All dies ist notwendig, damit die Branche die Lohngleichheit vorantreiben kann“, heißt es im Bericht.

Gute Gesetzgebung

Unter Hinweis auf mehr als drei Jahrzehnte gescheiterter freiwilliger Bemühungen um die soziale Verantwortung von Unternehmen weist Remake auf ein globales Wirtschaftssystem hin, das Anreize für ein Wachstum bietet, das auf Überproduktion, Umweltverschmutzung und Ausbeutung beruht. „Damit es tatsächlich zu einem breiteren, systemischen Wandel kommen kann, müssen große und einflussreiche Marken und Einzelhandelsunternehmen Gesetze und verbindliche Vereinbarungen unterstützen, die Modeunternehmen gemeinsam für die Menschenrechte und die Umweltauswirkungen entlang ihrer Lieferketten zur Verantwortung ziehen.“

Die Organisation rät, bei der Ausarbeitung von Gesetzesvorschlägen die Arbeitnehmer:innen in den Mittelpunkt zu stellen und sicherzustellen, dass von Anfang an Mechanismen für die Rechenschaftspflicht in der Lieferkette eingebaut werden.

„Der 2024 Fashion Accountability Report von Remake bietet einen universellen Maßstab, an dem sich alle Unternehmen messen lassen können. Dies führt zu überraschenden Erkenntnissen und neuen Richtlinien. Es ist an der Zeit, mit Arbeitnehmer:innen zusammenzuarbeiten, wenn wir den Übergang von der Produktion neuer Produkte hin zu Kreislaufmodellen für Textilien und Mode aller Art schaffen“, stimmt Lynda Grose zu, Gründungsmitglied der Union of Concerned Researchers in Fashion und Professorin am California College of the Arts. 


Rückverfolgbarkeit

Im Hinblick auf die Rückverfolgbarkeit ist es überraschend zu sehen, dass einige der größten Namen wie Inditex, Burberry, Kering, Primark, American Eagle Outfitters, Macy’s, Shein, Chanel, Disney, Forever 21 und JC Penney in diesem Schlüsselbereich überhaupt nicht punkten - insgesamt 19 Unternehmen.

Obwohl Remake jedes Unternehmen ganzheitlich bewertet und sie nach ihren Fortschritten und nicht nach ihren Versprechungen einstuft, soziale und ökologische Auswirkungen nicht voneinander trennt und nicht von der Modebranche finanziert wird, erhielt jedes bewertete Unternehmen wie in früheren Ausgaben die Möglichkeit, seinen Bewertungsbogen vor der Veröffentlichung zu überprüfen. Mit 24 Unternehmen entscheid sich fast die Hälfte der im Bericht genannten Unternehmen für die Kommunikation und viele konnten ihre Endnote verbessern, indem sie zusätzliche Informationen veröffentlichten.

Diese Unternehmen waren Abercrombie & Fitch, Allbirds, American Eagle Outfitters, Bestseller, Boohoo, C&A, Cotopaxi, Everlane, Fast Retailing, Gap, H&M, Inditex, Levi Strauss, LVMH, Macy’s, Next, Primark, Puma, Reformation, River Island, Rothy’s, Shein, VF Corporation und Victoria’s Secret.

Der vollständige Bericht kann auf der Remake-Website eingesehen und heruntergeladen werden.

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