• Home
  • Nachrichten
  • Business
  • Salewa: „Die Pandemie hat wichtige strategische Prozesse eingeleitet“

Salewa: „Die Pandemie hat wichtige strategische Prozesse eingeleitet“

Von Regina Henkel

Wird geladen...

Scroll down to read more

Business |INTERVIEW

Corona hat nicht nur den Handel verändert. Mit ihm muss sich auch die Industrie auf völlig veränderte Parameter einstellen. Die italienische Oberalp Gruppe hat die Pandemie zum Anlass genommen, strategische Weichen zu stellen.

Die italienische Oberalp Gruppe ist ein Schwergewicht im europäischen Outdoorsegment. Mit ihren sechs Outdoor-Marken Salewa, Dynafit, Wild Country, Evolv, Pomoca und LaMunt (der Launch der Frauen-Bergsportmarke ist geplant für die Wintersaison 2021/22) beliefert das Unternehmen um die 5.600 Händler weltweit und 251 Monobrand-Stores. 2019 erzielte die Gruppe insgesamt einen Umsatz von rund 235 Millionen Euro. Für Schlagzeilen sorgte die Gruppe im Frühjahr letzten Jahres, als sie angesichts der Pandemie als eines der ersten Unternehmen der Outdoor-Industrie offen kommuniziert hat, mit welchen Maßnahmen sie sich auf die geänderte Situation einstellen werde. Dabei ging es um weit mehr als nur darum, ein paar Kollektionsteile um zwei Saisons zu verschieben. Wir haben mit Stefan Rainer, Chief Sales Officer der Oberalp Gruppe, über die Auswirkungen von Corona und seine Maßnahmen gesprochen und wie sie sich bewährt haben.

Herr Rainer, Sie haben zu Beginn der Pandemie 2020 als eine der ersten Marken offen kommuniziert, dass Sie Ihre Sommerkollektion längerfristig aufbauen wollen und Teile um ein Jahr nach hinten schieben werden. Hat sich das bewährt?

Wir haben nicht einfach nur eine Saison verschoben als Reaktion auf die Pandemie, sondern die Pandemie zum Anlass genommen, wichtige strategische Prozesse einzuleiten und langfristige Veränderungen im Unternehmen anzustoßen. Wir haben in den Kollektionen mittlerweile eine Durchlaufrate von 75 Prozent. Unser Kunde will nicht jedes Jahr ein komplett neues Produkt und vor allem will er nicht das Gefühl haben, dass sein Produkt Ende Dezember nur noch die Hälfte wert ist. Unsere Handelspartner haben klar signalisiert, dass sich diese Strategie positiv auf den Werterhalt auswirkt, und damit unsere Marken im Durchschnitt einen höheren Rohertrag erzielen konnten.

Was bedeutet das für den Kollektionsaufbau und den Rhythmus?

Gleichzeitig überarbeiten wir gerade auch unser Saisonen Konzept: vom klassischen 2-Season Konzept stellen wir schrittweise auf einen 4-Season Rhythmus um. Kleinere Kollektionen, speziell für die jeweilige Jahreszeit entwickelte Produkte bespielen die wertvollen Ladenflächen weitaus besser, bringen dem Kunden und dem Handelspartner damit Mehrwert und entlasten mit der zeitlichen Verteilung zudem die gesamte Wertschöpfungskette. Insgesamt streben wir eine Reduzierung des Gesamtumfangs der Kollektion an.

Das klingt auch danach, dass Sie die Kollektion stärker an den Bedürfnissen ihres eigenen Retails ausrichten wollen.

Wir haben die Pandemie als Mover unabsehbarer Veränderungen erlebt, darauf müssen wir unser Unternehmen jetzt einstellen. Wir werden in Zukunft vermehrt das D2C Geschäft ausbauen. Dazu werden wir zum einen die Anzahl unserer eigenen Geschäfte in Europa mehr als verdoppeln. Bis 2025 sollen mehr als 50 neue Geschäfte dazu kommen. Zum anderen wollen wir die eigenen digitalen Vertriebskanäle weiter ausbauen. Unser mittelfristiges Ziel ist es, knapp die Hälfte unseres Umsatzes auf eigenen Kanälen zu führen. Verbunden ist der Schritt mit einem neuen Mindset: Unser Ziel ist es nicht, so viel wie möglich in den Handel reinzuverkaufen, sondern den Kunden mit seinen Bedürfnissen in der Tiefe verstehen und Handelspartner in ihrer Arbeit bestmöglich zu unterstützen.

Dynafit

Abgesehen von den Vorteilen für den Handel, hatte diese Umstellung noch mehr Vorteile?

Für uns hat diese strategische Veränderung den weiteren wichtigen Effekt, dass wir uns auf richtige Innovationen fokussieren können. Wir können außerdem langfristiger mit unseren Produktionspartnern planen. Diese Umstellung läuft jetzt in der dritten Saison, das Ziel ist es, eine Aufteilung von 80 Prozent Durchläufer und 20 Prozent echte Innovation zu erreichen. Das reicht völlig aus. Es braucht ja auch Kraft, diese Innovationen ans Regal zu bringen und dort richtig zu kommunizieren.

Wie lief die Order für die Saison HW21/22? Was kauft der Handel ein?

Der Handel hat gelernt, dass sich die Segmente Bike und Trailrunning im Sommer und Skitour und Bergsteigen im Winter überdurchschnittlich stark entwickelt haben. In diesen Bereichen erlebt der Markt gerade ein signifikantes Wachstum. Wir sind in der glücklichen Lage, mit unseren Marken dazu auch noch zusätzliche Marktanteile zu übernehmen. Unsere Vertriebsstrategie ist selektiv, wir fokussieren uns darauf, sicherzustellen, das richtige Produkt im richtigen Verkaufskanal zu positionieren. Nach 2020 wird auch 2021 ein gutes Jahr werden, trotzdem gilt es vorsichtig zu sein, denn die harten Auswirkungen des Lockdowns werden erst Ende 2021 / Anfang 2022 kommen, sobald die Staatshilfen für Unternehmen und die Kurzarbeitsunterstützung für Mitarbeiter auslaufen werden.

Welche Trends sehen Sie für 2021?

Bergsport und Outdoor liegen klar im Trend. Draußensein in der Natur, das einfache Leben am Berg, der Wunsch nach einem gesunden und sinnvollen Lebensstil, all das sind Makrotrends, die unserer Branche in die Karten spielen. Die Menschen wollen sich fit und frei fühlen, und der Berg ist dafür die perfekte Plattform. Der größte Konkurrent für uns ist nicht der direkte Mitbewerber aus dem gleichen Segment, sondern das Online-Gaming. Wir sehen da einen klaren Auftrag an uns als einer der Leader weiter dazu beizutragen, die nächsten Generationen für den Bergsport und einen aktiven Lebensstil zu begeistern.

Fotos: Oberalp Gruppe

Corona
LaMunt
Oberalp
Salewa
Stefan Rainer