Studie: Wie man Rückgang der Kreislaufwirtschaft entgegenwirken kann
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Gemeinsam mit der Unternehmensberatung Deloitte hat die weltweit tätige Organisation Circle Economy Foundation heute ihren „Circularity Gap Report 2024“ veröffentlicht. Darin wird aufgezeigt, dass die weltweite Kreislaufwirtschaftsquote derzeit von 9,1 Prozent auf 7,2 Prozent sinkt, obwohl sich die Zahl der Diskussionen, Debatten und Artikel über Kreislaufwirtschaft in den letzten fünf Jahren fast verdreifacht hat. Das bedeutet, dass zwar alle davon reden, aber nur wenige tatsächlich auch handeln.
„Wir überschreiten derzeit fünf der neun Grenzen, die für die Gesundheit unseres Planeten von entscheidender Bedeutung sind - wenn wir so weitermachen, bringen wir Menschen und Planeten zunehmend in Gefahr. Durch eine Kreislaufwirtschaft können wir diesen Druck abbauen und die Menschheit in einen sicheren Bereich zurückbringen“, erklärt die in Amsterdam ansässige Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, die weltweite Kreislaufwirtschaft bis 2032 zu verdoppeln.
Der jüngste Bericht ist ein Schritt in diese Richtung und geht von der Theorie zum Handeln über, indem er aufzeigt, wie die drei Hauptfaktoren Politik und rechtlicher Rahmen, Finanzen sowie Arbeit und Qualifikationen den nachhaltigen Fortschritt weltweit in wohlhabenden Ländern, in solchen mit mittlerem Einkommen und Ländern mit niedrigem Einkommen vorantreiben können. Außerdem „können die wohlhabenderen Länder der Welt den Fortschritt nicht länger als Vorwand für einen uneingeschränkten materiellen Konsum nutzen“, warnt der Bericht.
Von der Theorie zur Tat überzugehen bedeutet auch, die Ursachen der linearen Auswirkungen anzugehen und sich von fehlerhaften Wirtschaftspraktiken zu lösen, die als sozial und ökologisch ausbeuterisch bekannt sind, und letztlich die Regeln zugunsten von Kreislaufpraktiken zu ändern. „Dies erfordert die Freisetzung von Kapital, die Einführung mutiger, kontextbezogener politischer Maßnahmen und die Schließung der Lücke bei den nachhaltigen und zirkulären Kompetenzen“, heißt es im Bericht.
Wie schlimm ist es?
In den letzten fünf Jahren hat die Menschheit satte 500 Milliarden Tonnen an Materialien verbraucht - fast so viel wie im gesamten 20. Jahrhundert(!). Das bedeutet, dass wir weltweit mehr neue Materialien verbrauchen als je zuvor, während der Anteil der Sekundärmaterialien rückläufig ist.
„Mithilfe des Circularity Gap Report können die Interessengruppen auf der Grundlage einer datengestützten Analyse Prioritäten für ihren Plan zur Kreislaufwirtschaft setzen. Politische Entscheidungsträger:innen, Branchenführer:innen und Finanzinstitute können sich auf Schwerpunktbereiche einigen und gemeinsam an dem systemischen Wandel arbeiten, der notwendig ist, um die planetarischen Grenzen einzuhalten“, kommentiert Ivonne Bojoh, CEO der Circle Economy Foundation, in einer Pressemitteilung.
„Um sicherzustellen, dass der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft gerecht und fair ist, müssen Kreislauflösungen mit Blick auf die schwächsten Bevölkerungsgruppen der Welt entwickelt werden, dann werden diese Lösungen die Ungleichheiten zwischen den Belegschaften verringern und die Beschäftigungsmöglichkeiten weltweit erhöhen“, fügt Bojoh hinzu.
Politische Maßnahmen und rechtliche Rahmenbedingungen
In diesem Bereich betont der Bericht, dass politische und rechtliche Rahmenbedingungen Anreize für nachhaltige und zirkuläre Praktiken schaffen und gleichzeitig schädliche, lineare Praktiken bestrafen könnten, wobei sich wohlhabende Länder auf die Anpassung von Vorschriften im Baugewerbe und in der verarbeitenden Industrie konzentrieren sollten, zum Beispiel die Festlegung von Standards für die Haltbarkeit von Produkten und die Stärkung des Rechts auf Reparatur.
In Ländern mit mittlerem Einkommen hätte die Förderung der Kreislaufwirtschaft in der Landwirtschaft und im verarbeitenden Gewerbe oberste Priorität, wobei die lokalen Regierungen öffentliche Verbote und Grenzwerte für die Umweltverschmutzung auferlegen und durchsetzen, Systeme der erweiterten Herstellendenverantwortung vorschreiben, einen Mindestanteil an wiederverwerteten Materialien für alle neuen Produktionen fordern und gleichzeitig Mittel für eine regenerative Landwirtschaft bereitstellen sollten.
„Länder mit geringerem Einkommen könnten der nachhaltigen Entwicklung durch Kreislaufwirtschaftsmaßnahmen im Bauwesen und in der Landwirtschaft Vorrang einräumen. Dazu gehören der Schuldenerlass und ein besserer Zugang zu Entwicklungs- und Übergangskapital, die Sicherung der Rechte von Kleinbäuer:innen und Anreize für die Verwendung lokaler, ökologischer und sekundärer Materialien im Bauwesen“, heißt es im Bericht.
Finanzierung
Um Finanzmittel für kreislauforientiertes Bauen und Produzieren in Ländern mit hohem Einkommen freizusetzen, schlägt die Studie vor, Bilanzierungsstandards und -praktiken zu überdenken und Steuern einzuführen, um den Preis für nicht nachhaltige Produkte zu erhöhen.
In den Schwellenländern könnten die Regierungen ihre Subventionen von umweltschädlichen Praktiken in der Landwirtschaft und im verarbeitenden Gewerbe auf saubere, regenerative Praktiken umstellen. Außerdem könnten sie sicherstellen, dass alle künftigen Investitionen mit ökologischen und sozialen Wohlfahrtsstandards in Einklang stehen.
Für Länder mit niedrigerem Einkommen schlägt die Studie Entwicklungs- und Übergangsfonds vor, um Kreislaufmaßnahmen in Schlüsselsektoren wie Landwirtschaft und Bauwesen zu unterstützen - zum Beispiel regenerative Landwirtschaft und intelligente Stadtplanung.
Arbeit und Qualifikationen
Der Bericht unterstreicht die Notwendigkeit, einen gerechten Übergang durch die Überbrückung von Arbeits- und Qualifikationslücken zu ermöglichen: „Dies bedeutet, dass die Lehrpläne - insbesondere für die berufliche Bildung - grüne Disziplinen und Fähigkeiten beinhalten sollten. Kurzzeitkurse könnten eine Lösung sein, um die unmittelbare und wachsende Nachfrage nach grünen Arbeitsplätzen zu decken, von Techniker:innen für erneuerbare Energien bis hin zu Reparaturspezialist:innen“.
Darüber hinaus schlägt der Bericht Entwicklungsländern vor, die informelle Beschäftigung zu formalisieren und sich darauf zu konzentrieren, neu entstehende Arbeitsplätze menschenwürdig, integrativ und gut bezahlt zu gestalten, um einen gerechten Übergang für alle zu gewährleisten.
Fast Fashion
Im Modebereich fordert der Bericht, Fast Fashion zugunsten nachhaltiger Textilien zu meiden. Dies sollte einhergehen mit einer drastischen Reduzierung des Kaufs neuer Kleidung sowie der Reparatur, Wiederverwendung oder dem Recycling gebrauchter Kleidung. Natürliche und lokale Textilherstellung sowie qualitativ hochwertige und langlebige Kleidungsstücke sollten bevorzugt werden.
In dem Bericht werden auch Beispiele für eine erfolgreiche nachhaltige Entwicklung genannt, darunter die Hafencity in Hamburg, eine ehemalige Industriebrache, die in eine integrative Stadt-in-der-Stadt umgewandelt wurde; CocoaAction Brasil, das regenerative Landwirtschaft einsetzt, um kleine Kakaobäuer:innen zu stärken und die Produktionssysteme positiv zu beeinflussen; Ruandas Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft im Bausektor; und Chinas verarbeitendes Gewerbe, das durch ein Öko-Industriepark-Programm, industrielle Symbiose und Wiederaufbereitung aufgewertet wird.
Der komplette „Circularity Gap Report 2024“ kann über Circularity Gap eingesehen werden.