Warum Übergrößen eine große Geschäftsmöglichkeit sind
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Der Markt für Übergrößen stellt für Bekleidungsmarken wie auch für Einzelhändler eine immense Wachstumschance dar. Doch ungeachtet der überwältigenden Anzeichen, es gibt genügend Daten, Adipositas-Statistiken, Umfragen und finanzielle Kennzahlen, welche das geschäftliche Potenzial in der Plus- Size-Domäne erkennen und beziffern, reagieren Marken im Vereinigten Königreich und Europa nur langsam auf diese 20 Mrd. USD schwere Marktmöglichkeit in einer Kategorie, die weiterhin die gesamte Branche abhängt. Körpergrößen verändern sich, doch nur wenige Akteure im Bekleidungsbereich halten damit Schritt und stellen sich dieser Herausforderung.
„Der Markt für Übergrößen ist nach wie vor unterversorgt. Trotz der Publicity und des Momentums der Inklusivitätsbewegung wie auch der überwältigenden Daten, die zeigen, dass die Übergrößenmarktchancen das Wachstum im Bereich der Damenbekleidung mit konventionellen Größen hinter sich lassen, öffnet sich die Bekleidungsindustrie diesem Marktsegment nur langsam“, sagt Alice Rodrigues, leitende Beraterin für das Bekleidungsgeschäft und für die Produktentwicklung bei Alvanon und Expertin für das Übergrößen- Bekleidungssegment. Rodrigues hat über 35 Jahre in der Bekleidungsbranche verbracht und mit vielen der weltweit erfolgreichsten Plus-Size-Marken, -Einzelhändler und -Start-ups an strategischen Produktlebenszyklus-Projekten zusammengearbeitet. Zu ihren Fachkompetenzen zählen neben der Produktentwicklung und dem technischen Design der Bekleidungsaufbau, die Mustergestaltung und die Passformentwicklung. Laut Rodrigues hat die Zurückhaltung der Branche, die Chancen im Übergrößen- Segment anzugehen, komplexe und vielfältige Gründe, die Faktoren wie z. B. fehlende Skills, Ressourcen und Produktkenntnisse beinhalten, welche sich allesamt auf die Entwicklung der Kategorie auswirken. „In manchen Bereichen der Branche gibt es nach wie vor ein Stigma was Übergrößen anbelangt oder das anhaltende Missverständnis, dass es sich noch immer um eine Minderheit der Frauen handle“, sagt sie. „Es gibt auch rein pragmatische und logistische Herausforderungen, denen Marken gegenüberstehen, die im Übergrößenbereich aufholen möchten. Da ist eine Wissenslücke in der Erstellung passender Übergrößen- Produkte, da es sich hierbei um einen Nischenmarkt handelte, der gegenüber Marken mit konventionellen Größen oftmals nur nachrangig bedacht wurde. Daraus resultiert, dass der Investition in und der Entwicklung von Skills, die für die Erstellung eines Übergrößen-Produkts ein Alleinstellungsmerkmal sind, nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Viele Marken wenden nach wie vor den Ansatz einer ,Heraufstufung‘ von der Basisgröße 8 (EU 38, UK 10) oder 10 (EU 40, UK 12) auf Übergrößen an. Das ist auf verschiedene, oftmals kombinierte Faktoren zurückzuführen, z. B. Untätigkeit, eine Maßnahme zur Ökonomisierung der SKUs, indem Größenüberschneidungen vermieden werden und in manchen Fällen ein mangelndes Verständnis dafür, warum dies nicht in passender Übergrößen-Kleidung resultiert“, merkt Rodrigues an und verweist auf den finanziellen Aspekt der Entwicklung eines Übergrößensortiments. „Die Produktion von Übergrößen-Bekleidung ist kostspieliger; sie braucht mehr Materialien und bisweilen mehr Arbeitsaufwand. Die Marken haben damit zu kämpfen, diese Größen wettbewerbsfähig zu bepreisen, Margen zu halten und nicht eben denjenigen Kundinnen, die sie bedienen, mit einer ,Fettsteuer‘ vor den Kopf zu stoßen“, erklärt sie. Unterdessen stellt sich für sogenannte Brick-and-Mortar-Einzelhändler, die dank der Verkaufsräumlichkeiten eine Bodenfläche haben, um ein inklusives Größensortiment anzubieten, eine zusätzliche Herausforderung. „Frauen mit Übergrößen möchten nicht weiter stigmatisiert werden, indem sie auf den Einkauf im hinteren Bereich des Geschäfts verbannt werden, eine begrenzte Auswahl an Stilen zur Verfügung haben oder ausschließlich online shoppen können. Aber nochmal, wie kann man die Kundenbedürfnisse bedienen und mit den physischen Einschränkungen von begrenztem Raum umgehen? Die meisten Einzelhändler können es nicht leisten, ihre Quadratmeterzahl zu erweitern, vor allem in schwierigen Wirtschaftszeiten”, sagt Rodrigues.
Chancen in einem lukrativen Markt ergreifen
Es bedürfe für die erfolgreiche Produktion eines Übergrößensortiments vielleicht spezieller Kenntnisse, der potenzielle Ertrag rechtfertige die Investition jedoch allemal, da die Wachstumschancen, wie Rodrigues betont, „auf der Hand liegen“: Obwohl nahezu 70 % der Frauen allein in den USA Größen ab 14 (EU 44, UK 16) tragen, werden weniger als 20 % der Bekleidung in diesen Größen hergestellt, im Vereinigten Königreich liegt die Durchschnittsgröße für Frauen hingegen bei 16 (EU 46, UK 18). Andere Märkte wie Deutschland folgen einem ähnlichen Muster, da die EU-weiten Adipositasraten ansteigen. „Es ist klar, dass dieser Markt viele Chancen bereithält, und je eher die Märkte auf diese reagieren, desto besser werden sie aufgestellt sein, um die Vorteile der Investition abzugreifen“, sagt sie.
Zur erfolgreichen Entwicklung eines Übergrößensortiments müssen Marken ihren Ansatz überdenken. Es gibt spezielle Passform- und Fertigungstechniken für das Übergrößen-Körperprofil, und die Details und Fertigung müssen ggf. von einem Stil mit konventioneller Größe angepasst werden, damit ansprechende Passformen und Stylings erreicht werden können. „Marken sollten zunächst eine gründliche Evaluierung der Chancen durchführen, die möglicherweise nur ihre demographische Zielgruppe betreffen, einschließlich der Größenanzahl, die für das Sortiment erforderlich ist. Betriebsintern sollte eine Marke, die in den Markt für Übergrößen einsteigt, über eine dedizierte Produktentwicklung und über ein technisches Team für Übergrößen verfügen. Die Skills, die für die erfolgreiche Geschäftstätigkeit mit Übergrößen-Kleidung erforderlich sind, unterscheiden sich von denen für konventionelle Größen. Falls die Lieferantenbasis nicht mit Übergrößen-Produkten vertraut ist, muss dies im Vorfeld bedacht und von Beginn an eine Lernkurve eingeplant werden, einschließlich Lieferantenbeurteilung, Bausteinen und Gradierung“, erklärt Rodrigues.
Eine erfolgreiche Plus-Size-Strategie gestalten
Als Spezialist für die Produktentwicklung und Passform befindet sich Alvanon in einer idealen Position, um
Marken und Einzelhändlern bei der Überwindung dieser Herausforderungen zu helfen und sie bei der
Umsetzung einer Erfolgsstrategie zu unterstützen – dies fängt bei der Erstellung der richtigen Tools an, die
eine Marke für die Entwicklung hochwertiger Produkte benötigt, bspw. durch die Ermittlung eines
wesentlichen Größenstandards für die Passform, der für die demographische Zielgruppe angemessen ist,
und durch die Ermittlung des optimalen Größenbereichs. Ausgehend davon kann mit der Gradierung der
Kleidung und mit Avataren für die Größeneinstellung, die zur Überprüfung der Passform erforderlich sind,
der nächste Schritt durchgeführt werden. „Das ist besonders bei Übergrößen wichtig, da Änderungen der
Körperform in einem Größenbereich stärker ausgeprägt sind als bei konventionellen Größen. Wir können
mit innerbetrieblichen praktischen sowie Online-Schulungen und Hilfsmaßnahmen dabei helfen, Teams in
den Unterschieden zwischen der Passform und der Herstellung von Übergrößenprodukten auszubilden, und
ebenfalls bei der Gestaltung von Produktentwicklungsprozessen für die Implementierung und
demographische Analyse behilflich sein, um die Zuteilungs- und
Größenbestimmungsstrategien zu begleiten“, erklärt Rodrigues.
Die USA sind derzeit nach wie vor klar führend auf dem Markt für Übergrößen, doch auf anderen Märkten herrscht das Missverständnis vor, dass die Berücksichtigung von Plus-Size-Kundenbedürfnissen ein Alleinstellungsmerkmal der USA sei. „Die Menschen werden überall dicker. Insbesondere das Vereinigte Königreich und Deutschland haben eine Übergewichtsrate ähnlich jener der USA, und im Großteil Europas steigt diese [Rate] ebenfalls an. Marken in der EU realisieren dies nun und reagieren schnell, um in der Entwicklung guter Übergrößenprodukte aufzuholen. Sie erkennen, dass für die erfolgreiche Erstellung eines Übergrößenprodukts spezielle Fachkompetenzen und die richtigen Tools erforderlich sind”, sagt Rodrigues.
Es ist offensichtlich, dass der Markt für Übergrößen ein blühender Sektor der Modebranche ist, und Bewegungen wie Body Positivity haben die Nachfrage nach Marken, die dieses Kundenprofil berücksichtigen, verstärkt und weiter verdeutlicht.
„Die Body-Positivity-Bewegung betont die Herausforderungen, denen Plus-Size-Frauen beim Finden passender und stylischer Bekleidung gegenüberstehen und die Tatsache, dass diese in der Mehrzahl sind. Marken, die diese Tatsache ignorieren, schaden sich selbst. Ihnen entgeht nicht nur eine erhebliche finanzielle Möglichkeit, sie vergraulen auch die meisten Frauen, die potenzielle Kundinnen sein könnten. Marken können dies für sich nutzen, indem sie so schnell wie möglich reagieren und Produkte für diesen Markt liefern und zudem Sorge tragen, dass sie das Versprechen einer hochwertigen Passform und Stilauswahl auch einhalten“, sagt Rodrigues. „Größe, Form oder sonst ein Merkmal eines Menschen, das ihn von der stereotypen Norm unterscheidet, sollte in keinster Weise einem bestmöglichen Erscheinungsbild und Lebensgefühl im Wege stehen.“